Liebe und Software: Der Kampf gegen die Algorithmen des Finazismus hat begonnen

Während die Zerschlagung der Occupy-Bewegung in den USA durch brutalsten Polizeieinsatz vorangetrieben wird, stellt sich die Frage: WAS BLEIBT von dem Befreiungsschlag der Demonstranten? Welche Perspektiven öffnen sie auf eine Zukunft jenseits der Gewalt des Finazismus? Der Medientheoretiker Geert Lovink sucht nach Antworten. Das Resultat: Kein Nachruf auf einen historischen Moment, sondern ein intellektueller Aufschrei.

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Die sogenannten Finanzmärkte und ihre zynischen Leistungen zerstören die Grundpfeiler einer sozial verträglichen Zivilisation. Das Erbe der Nachkriegszeit, der Kompromiss zwischen der Arbeiterklasse und der fortschrittlichen Bourgoisie existiert nicht mehr. Neoliberale Politik verkleinert die Töpfe für Bildung und staatliche Gesundheitssysteme und entzieht den Bürgern das Recht auf Lohn und Rente. Das Ergebnis wird die Verarmung von großen Teilen der Bevölkerung sein, eine zunehmende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen (mehr freiberufliche Tätigkeiten, Kurzzeit-Verträge, Zeiten der Arbeitslosigkeit) und die tägliche Demütigung der Arbeiter.

Die Finanzkrise wird in Gewalt münden. Denn die Menschen suchen sich Sündenböcke, um ihrer Wut freien Lauf lassen zu können. Ethnische Säuberungen, Bürgerkrieg, die Auslöschung der Demokratie. Das ist ein System, das man finanziellen Nazismus nennen kann, kurz: Finazismus.

Herbst – Zeit des Erntens?

Momentan kämpfen viele Menschen vielerorts mit verschiedenen Mitteln gegen diese Entwicklung an. Die Bewegung „Occupy Wall Street“ hat zu einer massiven Mobilmachung in den USA geführt. In Griechenland besetzen Arbeiter und Studenten den Syntagma-Platz und protestieren gegen die Erpressung durch die Europäische Zentralbank, die für das Land verheerend ist. Kairo, Madrid, Tel Aviv – die Liste der „Bewegungen auf öffentlichen Plätzen“ wird immer länger. Diesen Herbst sind Städte weltweit voller Menschen gewesen, die gegen diesen systematischen Diebstahl protestiert haben.

Werden diese Demonstrationen und Besetzungen die Maschinerie des Finazismus stoppen? Sie werden es nicht. Der Widerstand wird nicht standhalten, der Kampf wird den rechtmäßigen Machenschaften kein Ende setzen. Wir werden unsere Feinde nicht überzeugen können, ihre Ausbeutung zu stoppen, aus dem einfachen Grund, dass unsere Feinde keine Menschen sind. Sie sind Maschinen. Menschen – Manager, Aktienbesitzer und -Händler – gewinnen das Geld, dass wir verlieren und sie stürzen sich wie Raubtiere auf die Ressourcen, die Arbeiter produzieren. Politiker unterschreiben die Gesetze, mit denen sie Millionen Leben der Gnade des allmächtigen Gottes „Markt“ aussetzen.

 

Aktanten – Die unheilvolle Allianz des Ding und des Menschen

Banker und Investoren sind nicht die wahren Entscheidungsträger, sie sind Teilnehmer in einer Wirtschaft der gestischen Verwirrung. Die wirkliche Ausübung der ausbeuterischen Macht ist automatisiert worden. Der Transfer der Ressourcen und des Vermögens von denjenigen, die es produzieren, zu denen, die nichts machen außer die abstrakten Muster von Finanzaktionen zu beobachten, ist in der Maschinerie eingebettet: es ist in die Software geschrieben.

Vergesst Regierungen und Parteipolitik! Diese Marionetten, die vorgeben, Führungspersonen zu sein, reden Blödsinn. Die väterlichen Ratschläge, die sie zu den Möglichkeiten der Enthaltsamkeit anbieten, unterstreichen nur den zügellosen Zynismus der innerparteilichen Politik: sie alle wissen, dass sie die Macht vor Jahren an den Finanzkapitalismus abgegeben haben. Sie sind darauf bedacht, das Ungeheuer zu befrieden und dadurch Macht zu simulieren, indem sie soziale Ressourcen opfern und Budgets immer mehr reduzieren. Hört ihnen nicht mehr zu, wählt sie nicht mehr, hört auf zu hoffen und sie zu verfluchen. Sie sind nur Zuhälter, die Politik ist tot.

Was sollen wir tun?

Mit der Gewaltbereitschaft des Finazismus leben, uns der Arroganz von Algorithmen beugen, die zunehmende Ausbeutung und geringer werdende Löhne akzeptieren? Nein. Lasst uns gegen dieses System kämpfen! Es ist nie zu spät. Im Moment gewinnt der Finazismus aus zwei Gründen.

Erstens, weil wir die Freude am Zusammensein verloren haben. Dreißig Jahre voller Unsicherheit und Wettkampf haben die soziale Solidarität zerstört. Die Virtualisierung der Medien hat das Einfühlungsvermögen für Körper, die Freude an Berührungen sowie den Genuss am Zusammenleben im städtischen Raum zerrüttet. Wir haben die Freude an der Liebe verloren, weil wir zu viel Zeit der Arbeit und dem virtuellen Austausch widmen. Die große Armee der Liebenden muss auferstehen.

Zweitens haben wir unsere Intelligenz der Kraft der Algorithmen untergeordnet im Austausch für schlechtes Geld und ein virtuelles Leben. Für ein Gehalt, das mickrig ist im Vergleich zu dem eines Wirtschaftsbosses. Eine kleine Armee der Softwarehuldiger nimmt sich der Aufgabe an, menschliche Würde und Gerechtigkeit zu vernichten. Die kleine Armee der Programmierer muss erwachen.

A.I. – Kampf Mensch gegen Maschine

Es gibt nur einen Weg, jenen Liebenden zu erwecken, der in unseren paralysierten, verängstigten und zerbrechlichen virtuellen Körpern schlummert. Es gibt nur einen Weg, den Menschen im elenden Leben des Software-Huldigers zu erwecken: auf die Straße und kämpfen. Banken zu verbrennen ist zwecklos, die wahre Macht steckt nicht in den Gebäuden selbst, sie befindet sich in der abstrakten Verbindung von Zahlen, Algorithmen und Informationen. Banken zu besetzen ist aber ein guter Ausgangspunkt für den langwierigen Prozess der Demontage und Neuschreibung der technik-sprechenden Automaten, die uns alle versklaven. Das ist die einzige Politik die zählt.

Manche sagen, dass der „Occupy Wall Street“ Bewegung klare Forderungen und Ziele fehlen. Diese Anmerkung ist albern. Bei allen sozialen Bewegungen sind die politischen Hinter- und Beweggründe vielseitig, sogar diffus und sehr häufig auch widersprüchlich. Die Besetzung der Wall Street würden nicht besser laufen mit realistischeren Forderungen an die Politik.

Menschliche Wärme gegen maschinelle Kälte

Die Vielzahl an neuen Verbindungen und Verpflichtungen ist aufregend. Noch spannender ist aber, Wege zu finden für die kollektive Abwanderung aus der Sklaverei des Kapitalismus. Lasst uns nicht über die Zukunftsfähigkeit der sozialen Bewegungen sprechen. Alles ist vergänglich. Diese schnell vergessenen Ereignisse helfen uns nicht über die tägliche Depression hinweg. Öffentliche Plätze zu besetzen ist eine Möglichkeit, auf die Flüchtigkeit von Demonstrationen und Märschen zu reagieren. Wir bleiben.

Wir verlangen keine Reform des globalen Finanzsystems oder der Europäischen Zentralbank. Die Rückkehr zu den nationalen Währungen der Vergangenheit, so wie es die Populisten des rechten Flügels verlangen, macht einfache Bürger nicht weniger angreifbar für Währungsspekulation. Die Rückkehr zur Eigenstaatlichkeit ist auch nicht die Lösung. Viele Menschen merken das bereits. Die Forderung nach mehr „Eingreifen“, Kontrolle und Überblick der Märkte ist eine hilflose Geste. Das Problem ist, dass wir keine Kontrolle mehr haben. Wir müssen die Maschinen auseinandernehmen. Das kann sehr friedlich passieren. Hackt in ihre Systeme und veröffentlicht ihre Verbrechen durch Initiativen wie WikiLeaks! Zerstört sie endgültig!

“Elektronische Fesseln sprengen”

Finanzmärkte verfolgen eine Politik der Beschleunigung und Ent-Ortung. Aber wir kennen ihre Bauweise und Schwächen. Die Finanzwelt hat ihre Rechtmäßigkeit eingebüßt. Es gibt keine globale Einigkeit darüber, dass der Markt immer Recht hat. Das ist unsere Chance etwas zu verändern. Die soziale Bewegung muss reagieren. Die Stilllegung und Umprogrammierung von Finanzsoftware ist nicht der Traum eines Technikfeindes, der die Maschinerie sabotieren will. Regulation des Marktes ist keine Lösung. Nur Autonomie und Selbstorganisation derjenigen, die mit der Software arbeiten kann die rücksichtslosen Algorithmen aufhalten und eine sinnvolle Software für die Gesellschaft entstehen lassen.

Der allgemeine Intellekt und der erotische soziale Körper müssen sich auf der Straße und den öffentlichen Plätzen treffen. Vereint werden sie die Ketten des Finazismus sprengen.

Anm.d.Red.: Geert Lovink hat diesen Text gemeinsam mit Franco Berardi verfasst. Übersetzt aus dem Englischen von Anne-Christin Mook. Alle Fotos stammen von Noritoshi Hirakawa, aufgenommen Herbst 2011 im Umfeld der Wall Street.

19 Kommentare zu “Liebe und Software: Der Kampf gegen die Algorithmen des Finazismus hat begonnen

  1. Esther Chase erotisch und OCCUPY in einem Atemzug. Auch noch nie gehört ;)

  2. Die deutsche Übersetzung hier stimmt nicht bzw. ist politisch korrigiert. Lovink und Berardi schreiben im Originaltext von “Fi_nazi_smus”, nicht “Fina_n_zismus”.

  3. Ich muss sagen: der beste Text von Lovink, den ich bisher gelesen habe. Endlich mal ein bisschen herzblut! Danke für das Übersetzen!

  4. guter artikel, eventuell etwas zu sehr den fokus auf die computer und internet gelegt. aber ich bin dabei. Fi_nazi_smus ist nicht schlecht als begriff.
    gleichwohl ich langsam doch dazu tendiere das kind auch beim namen zu nennen, auch wenn es den ein oder anderen reflex antriggert.

    ansonsten. weiter so!
    hgfk

  5. Ich finde “Finanzismus” auch richtig. Abwanderung aus der Sklaverei des Kapitalismus – ist wohl die wichtigste und richtigste Konsequenz. Dieser Trail könnte aber Richtung “Wounded Knee”” gehen.
    In diesem Sinne. Das Theorem der Erotik sehe ich in diesem Kontext trotzdem nicht – es könnte aber um LIEBE gehen.

  6. Was Geert da verzapft, ist schlichtweg und hart formuliert einfach Bullshit. Sein Text ist ideologisch verbohrt, verkennt die Realitäten und strotzt nur so vor Ressentiments und Feindbildern.
    Um dem Gebräu die Krone aufzusetzen, wird wieder mal mit dem Begriff” Nazismus” um sich geworfen. Wodurch er weiter relativiert und verharmlost wird. Und erneut wird die Apokalypse heraufbeschworen, der Untergang der Demokratie, der Politik, des Gemeinwesens, des Sozialen überhaupt. Natürlich ist daran wieder mal der “Neoliberalismus” schuld. Wer denn sonst. Ich wette, Geert hat keine rechte Ahnung davon, was das wohl sein soll.
    “Aufstand der Liebenden”, “Kampf dem (Schweine)System”, “Maschinenstürmerei”: solche nichtssagenden Kampfformeln sterben wohl nie aus.
    Ich würde gern mal wissen, wie die “sinnvolle Software”, die Geert sich so vor seinem Laptop ausmalt, funktionieren sollte. Vermutlich müsste er sich erst den oder die Menschen dazu schnitzen.
    Und was er mit all den Menschen machen würde, die seinem ebenso kruden wie wirren Weltbild nicht folgen wollen? Darüber wollen wir mal lieber nicht weiter fantasieren.
    Ach Geert, wer hat dir nur diesen ganzen Wirrwarr in den Kopf gesetzt. Du hast wohl zuviel “Tiqqun” gelesen. Es gilt keine Häuser mehr zu besetzen. Vielleicht solltest auch du endlich erwachsen werden.

  7. Finanzmousse

    Argumente (thesig) aus dem Aermel gegen die Finanzismus-These

    Argumente aus dem Aermel sind kein Taschenspielertrick wie er fuer den sogenannten Finanzismus als Grundlage allen Handel(n)s gesetzt wird (Casino-Kapitalismus). Sie entstehen aus angesammeltem (oft 2nd hand) Wissen und richten sich tendenzioes gegen eine sich untendenzioes gebende Verrationalisierung der derzeitigen Krise
    der kapitalistischen Oekonomien.

    Die Behauptung der Finanzismus-These ist, es gaebe eine Herrschaft des Geldes gegenueber allen anderen Bereichen des sozialen Lebens. Zivilgesellschaft und Wirtschaft und das alltaegliche Leben wuerden von einem Regime der Finanzen beherrscht. Die Konnotation mit “Nazismus” ist dabei nicht rein zufaellig. Manche Vertreter der Finanzismus-These sprechen ganz offen von einem “finanziellen Nazismus”, was sofort die Folgen der Herrschaft der Deutschen militaerisch-faschistischen Kraefte aufruft, den Holocaust. Die Herrschaft der Finanzwelt ueber die uebrigen Welten und Holocaust sind also indirekt miteinander verknuepft, weil die Folgen beider vergleichbar seien.

    Im Finanzwelt-Holocaust Link liegt aber mehr als nur eine
    Assoziation, denn den Finanzismus-Thetikern geht es um eine strukturelle Verwandtschaft beider, dem Nazismus und dem Finanzismus.

    Aus der Diskussion um Heideggers Naehe zur Naziherrschaft ist bekannt, dass da bei Heidegger Obergattungen der reinen und der unreinen Lehre verhandelt werden. Heidegger machte (vgl. Victor Farias*) im Nazismus selbst einen Unterschied geltend: den des offiziellen aber oberflaechlich ausgerichteten Nazismus und den der, nur in seiner Tiefendimension philosophisch erfassbaren deutschen Ueberlegenheit des Denkens. Mokiert ein intellektueller Diskurs (im Sinne von discourse oder discursus, also Abhandlung und Diskussion) die fehlende Kontrolle des Finanzswesens, dann erscheint es so, als gaebe es ein reineres Wesen desselben. Und dieses waere dann eines, welches ein “Recht auf Lohn” oder “gerechten Lohn” zum Sein braechte, wenn es denn am Wesen (substantiviertes Verb) waere. Liesze man also das Wesen doch nur richtig wesen, dann wuerde alles alles gut. Dieses Wesen kann dann nichts anderes sein, als ein kontrolliertes Finanzwesen. Das Fina(n)zitum kaeme an sein Ende.

    Der im Finanzismus enthaltene Ismus deutet an, es handele sich um ein Zusammenhaengendes, um das begriffliche Ergebnis einer Forschung oder wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Darin wirkt das Forschungsergebnis, der Kapitalismus sei mit dem reinen Geldmarkt auf einer hoeheren Stufe angelangt. Marxisten wuerden vielleicht sagen, auf einer hoeheren Stufenleiter(sprosse) verwirklicht sich das Wesen des Kapitalismus. Marxisten wuerden aber auch sagen, ganz entgegen Heidegger, fuer den das Wesen schon alles ist, dass ein Wesen immer eine Oberflaeche zeitigt, das Phaenomenale, und dass es Aufgabe von Wissenschaft ist, von den Phaenomenen auf das Wesen, also den ‘Mechanismus’ dessen wovon man spricht zu schlieszen. Was ist aber das Wesen des Finanzismus?

    Die Behauptung der Geldherrschaft stuetzt sich auf die
    ‘Erkenntnis’ einer angeblich existierenden Geldindustrie oder einem produktiven Finanzkapital, welches die Bedingungen der fuer die Wirtschaft setze, sie bestimme und ausnutze. Die These der Herrschaft der Finanzen ueber das demokratische System, den Staat und seine Buerger hat also im Kern eine implizite These der Kontrolle und Dekontrolle: Das Finanzsystem kontrolliere die Welt und fehlende Kontrolle ueber dieses System der Finanzen, die mit Banken, der Wallstreet und Konzernen gleichgesetzt wird, wuerde diese Hegemonie des Geldes erst ermoeglichen.

    Die Geldindustrie und ihre Institute, die Banken und Kreditgeber, die Schuldenmacher und ihre Agenten die Banker, wuerden auf der nun erreichten hoeheren Stufe des Kapitalismus ohne jede Bindung an das materielle Gueter produzierende Gewerbe Wert schaffen. Sie wuerden also aus Geld mehr Geld machen und dann noch mehr und so weiter. “Geld heckendes Geld” nannte das der Namensgeber dieses anderen Ismus: Da soll es also etwas geben, das aus sich selbst heraus Mehrwert erschafft. Und genau diesem Phaenomenalismus sitzt der Quark, der Mus, die mousse des Finanzismus auf, dem Zins, der scheinbaren (!) Selbstverwertung des Kapitals aus sich selbst.

    Es ist nicht gesagt, dass dieser von Marx als “Kapitalfetisch” bezeichnete Vorgang nicht real waere. Dies aber als so woertlich “Kapitalmystifikation” also einem stetigen Vorgang der Mystifizierung der realen Verhaeltnisse, die dann wieder Thesen hervorbringt wie die eines Finanztums, das sich zur Weltherrschaft ausgeweitet habe. Im “Kapital” Band 3 geht es um die Geldware, die “unabhängig von der Reproduktion”, dem Bau von Maschinen und der Herstellung von Waren, ihren Geldwert hervorbringe. Also doch kein mousse? Oder ein Brei, der sich immer weiter reproduziert? Fakt ist, dass es kein Brei ist.

    Unverzehrbares Geld, wer hat denn sowas schon gesehen? Das allgemeine Aequivalent nimmt naemlich dann — ob Android oder jede von neuen Maschienenstuermern als eine solche anerkannte Maschine — sich dann vom Geldmarkt aus, wenn diese Ware nicht verkaufbar ist und der Kredit, der das Kapital dem ludditischen Coder zur Verfuegung stellt, sich nicht mehr einstellt, also abstellt, da vom Code nichts mehr Warenwertiges zu erwarten ist.

    Der Mythos des G-G’ mag produktiv sein und verdeckt holocaustische und damit verdreht anti-pro-semitische Finanz-Verwissenschaftung hervorrufen, der Mythos in seiner ueberbordenden (vor allem wohl ausserakademischen = halb-hobbyistischen) Produktivkraft faellt aber auch in die Falle des Fetisch, das heisst der Zuschreibung einer Sache oder eines Vorgangs. Und diese ist, das Ding macht sich selbst. Dass Kredit immer der Produktion folgt zeigte die Situation in der BRD ungefaehr 2008, als in der Hochphase der Immobilienkrise in den USA, Kredite fuers produzierende Gedingsbums ohne Probleme zu bekommen waren. Gerade die ‘auslaendischen’ Kapitalanleger (aus Griechenland, Spanien, China?), die sich in Berlin (in Panik) die Haeuser kaufen, folgen dem materiellen Wert, nicht umgekehrt. Und das ist nicht der Spezialfall — Kapital, ausgepresst aus der Mehrarbeit, auch und vor allem ‘wieder’ in “Made in Germany” (Nena, Rammstein, Grossbritanniens “Merchandise Marks Act von 1887”), wird in der Industrie dringend benoetigt und geht dahin wo der Mehrwert lockt. Aber die Verwechslung des Profits mit dem Merhwert ist schon was. Der Profit sei ja das schlechte Ziel des Kapitals, es solle besser nur Umsatz machen.

    Es gibt also weder einen Finanzismus noch ein Geld machendes Geld. Schlaegt der Kredit ins Monetare um**, wie geschehen, wenn Unternehmen anderen Unternehmen und Banken anderen Banken kein Geld gegen Zins mehr leihen, weil der Wert des Mehrwerts der Ware allein zaehlt, dann wird klar, dass zum Beispiel das Haus nicht die beste, kontrollierteste, fairst entlohnteste AnLAGE bedeutet, sondern jedes materielle aus Mehrwert entstandene (deftig verkuerzt, M.S.) _die_ GrundLAGE ist fuers Anleger suchende Geldkapital.

    Die Finanzismus-Thesenvertreter haben die Kapitalzirkulation entdeckt, und ihrem Fetisch brennen sie Kerzen ab. Der Finanzismus kann demnach mit Rassismus verglichen werden. Er wird als Ressentiment verwissenschaftlicht in den Koepfen gebastelt zur Verteidigung der alten Ordnung die da nun ist: Entmachtet die Banken fuer neue, bessere Banken. Und die Rechner auf allen Seiten, auf den Tischen, der an den boesen Boersenkurs-Tickern sitzenden Schlipstraeger und zu die Hause mit dem neuen gruenen OS drauf kriegen wir auch noch wieder liberalisiert.

    _________________________
    * http://www.ca-ira.net/isf/jourfixe/jf-1999-2_friedhofsschaendung.html

    ** http://www.amazon.de/Geldware-Geld-Währung-Grundlagen-Problems/dp/
    3886193454

    Erscheint korrigiert usw. im n0name newsletter #154

  8. ‎”Zu viele Krisen gleichzeitig kommen über uns – kommen uns immer näher. Längst haben wir die Übersicht über die Vielzahl von Katastrophen, Systemzusammenbrüchen und Enthüllungen verloren. Und damit auch das Gefühl dafür, was wichtig ist, was uns wirklich bedroht. Das Verständnis für Ursachen und Lösungen kann sich in einem solchen Klima der Überforderung und Überreizung nicht einstellen.” Schönes Zitat von Krystian an anderer Stelle. Angstgesellschaft.
    http://berlinergazette.de/angst-medienwandel-oekonomie-krise-contagion/

  9. Normalerweise sträube ich mich gegen solche Verallgemeinerungen, aber bei diesem Beitrag steckt doch ein starker Kern Wahrheit drin, der mich auch beunruhigt. Software und Algorithmen. Vor allem, weil Menschen schon lange keinen Gesamtüberblick mehr haben, geschweige denn Kontrolle darüber

  10. Finanzfaschismus-Faschismus ist bedingt eine politische Ausrichtung, zuvor eine mentale Einstellung. Faschismus funktioniert nicht nur durch wenige Verirrte, da gibt es jede Menge nutzniessende Mitläufer, Konsumisten. Das Profimilitär wird zur Ressourcensicherung im Ausland eingesetzt (Krieg), so wird Gewinn erzielt, genauso wie bei der Vermarktung der Ressource. Banker, Investor und Anleger sind Nutzniesser. Die Entwicklung und der Verkauf entsprechender software ist Gewinn trächtig. Der pervertierte Missbrauch technischer Errungenschaften ist ebenso von Menschen gemacht, wie die Technik. Abhänigkeitstrukturen offenbaren sich beim Delegieren der Verantwortung, indem ein Schuldiger gefunden und gekreuzigt wird, um daraufhin alte Zustände wieder herzustellen. Zutiefst menschlich und passt ausgezeichnet ins vergangene Jahrtausend.

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