Fiktive Todesanzeige: Das Drama der Diskurs-Hipster und der verordnete Abschied von der Volksbühne

Das Drama unserer historischen Erfahrung besteht darin, tiefere Wertschätzung, Respekt und Liebe immer häufiger nur noch im Zustand des Abschiednehmens kennen zu lernen. Besonders anfällig dafür sind Diskurs-Hipster und eine Generation, die gelernt hat, sich über Grenzen hinweg mit allem und allen zu verbinden. Berliner Gazette-Herausgeber Krystian Woznicki nimmt den von der Politik verordneten Abschied von der Volksbühne zum Ausgangspunkt für seine Überlegungen. Ein Essay.

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Sie tanzen zu Bob Marleys “Get Up, Stand Up”, unterstützen die LGBT-Bewegung, gehen gegen ACTA und TTIP auf die Straße und können sich auch für die Palästinenserfrage erwärmen. So in etwa beschrieb kürzlich ein Freund von mir die neuen Generationen der Diskurs-Hipster. Es war als Karikatur gemeint: Leute, die überall mitreden können, an allen erdenklichen Widerstands- und Befreiungsfronten mit dabei sein wollen – aber letztendendes doch nur Poser bleiben.

Schließlich, wie soll es möglich sein, all diese unterschiedlichen Anliegen wirklich zu verstehen und zu unterstützen? Ist es nicht zuviel von allem? Ja, zu viel Welt? Wer so drauf ist, kann doch nur an der Oberfläche bleiben und allenfalls die Haltungen mimen, die zum jeweiligen Kontext passen. Aber vom ganzen Herzen dabei sein? Nein. Das ist unmöglich!

Doch ich glaube, dass dies eine unfaire Unterstellung ist. Viele, so auch mein Freund, können sich nicht vorstellen, dass wir im Kielwasser der Globalisierung und Digitalisierung etwas Neues gelernt haben. Dass wir Kompetenzen erworben haben, die es uns ermöglichen über den eigenen Tellerhand hinaus zu blicken. Dass wir uns in neuer Weise öffnen und Neugier entfalten können. Dass wir Grenzen als Schnittstellen begreifen und eben dort Empathie sowie Solidarität entwickeln können – all das in historisch präzedenzloser Form.

Das steinzeitliche Höhlen-Modell der Familie überwinden

Wir können vielleicht als Erste in der Geschichte von uns behaupten, das steinzeitliche Höhlen-Modell der Familie wahrhaft überwunden zu haben. Das heißt, wir können so etwas wie Gemeinschaft, nicht nur in der Familie, sondern über Grenzen hinweg erfahren: Ob nun über die Grenzen von Klasse, Nation, Geschlecht oder Religion. Im Zuge dessen können wir neuartige zwischenmenschliche Verbindungen und kulturelle Allianzen eingehen.

Viele, die die Globalisierung und Digitalisierung als Bereicherung empfinden, können solche Konnektor-Kompetenzen ihr eigen nennen. Also nicht nur jene nachrückenden Generationen, die generell als Projektionsfläche für Bilder des Kulturverfalls oder eben für irgendwelche Karikaturen herhalten müssen. Sondern auch viele, die wie ich auf die 50 zusteuern oder sogar schon im Rentenalter sind. Damit das alles nicht als Romantizismus abgetan wird, kommt gleich ein Aber.

Denn bei all dem Zugewinn an Horizonten und Welten machen sich auch Dilemmata bemerkbar. Beispielsweise fehlen uns Methoden oder kognitive Werkzeuge, um aus all den Anschlüssen und Bruchstücken ein großes Ganzes zu bilden. Das Fehlen eines Big Picture macht sich immer dann besonders stark bemerkbar, wenn wir uns zwischen den einzelnen Bewegungen zu verlieren drohen. Und damit auch uns selbst. Es kann ein regelrechtes Drama spürbar werden, wenn eine Bewegung und die Communities um sie herum untergeht. Es ist das Drama einer historischen Erfahrung, die tiefere Wertschätzung, Respekt und Liebe immer häufiger nur noch im Zustand des Abschiednehmens kennt.

Wildheit, Unangepasstheit und Widerspenstigkeit

Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, wenn ich den von der Politik verordneten Abschied von der Volksbühne vor Augen habe. Das Theater ist seit 25 Jahren eine Mischung aus subkultureller Bewegung und dissidenter Community, die mit dem Mauerfall entstand und maßgeblich mit ihrem post-heroischen Intendanten Frank Castorf assoziiert wird. Es ist ein anarchisch-ekklektischer Ort von magnetischer Anziehungskraft – speziell für Diskurs-Hipster und Grenzgänger sowie Freidenker jeder Art. Ein Ort, der mitten in der neu entstehenden Hauptstadt gegen fast alle Regeln der Repräsentationskultur gewagt hat, so etwas wie Wildheit, Dissidenz und Unangepasstheit, aber auch “Widerspenstigkeit” (Paoli) zu kultivieren – in kritischer Auseinandersetzung mit den ideologischen sowie parteipolitischen Zwängen des Kommunismus und dem ganzheitlichen Anspruch des Kapitalismus.

Nun heißt es also Abschiednehmen. Erzwungenermaßen. Startschuss für den Umbau des Hauses ist der Sommer 2017. Ich fühle mich in meiner “Konnektor”-Haut wie jemand, der etwas verpasst hat. Der zu spät kommt. Weil ich immer überall dabei war, aber eben hier an dieser eminent wichtigen Stelle nicht präsent genug. Kann man irgendwo präsent genug sein? So präsent zumindest, dass man im Moment des Abschiednehmens sich vom Selbstvorwurf der Abwesenheit befreien kann? Vermutlich ist dieses Genug nicht möglich, wenn man die Hegelsche “Unendlichkeit” von Wertschätzung, Respekt und Liebe zum Maßstab macht.

Dabei steigert der besagte Konnektor-Hang den Schmerz, weil man sich auch beim Abschiednehmen um weitere und tiefere Verbindungen in alle erdenklichen Richtungen müht – ein inneres Streben, das einen eigentlich nur überfordern kann. Und so fühle ich mich in diesem Augenblick wie Tim Renner sich fühlen müsste. Also so schlecht und unzulänglich wie jemand, der mit einem Komplex konfrontiert wird, der eigentlich nicht sein Steckenpferd ist. Internet, Musik und Kultur im Allgemeinen: Ja. Aber Theater? Also das, was die Volksbühne neben all den interessanten Dingen in dem vergangenen Vierteljahrhundert in erster Linie und in besonderem Maße zelebriert hat: Von Theater habe ich trotz zahlreicher begeisternder Premierenbesuche ehrlich gesagt nicht allzu viel Ahnung.

“West” als Betriebssystem für das gesamte Land

Nun habe ich in den Zeitungen gelesen, dass sich Tim Renner in seiner Eigenschaft als Staatsekretär für Kultur beraten ließ, als es um die Zukunft der Volksbühne ging und er vor ungefähr diesen Fragen stand: “Soll ich den Castorf weitermachen lassen? Soll ich mit ihm über eine Nachfolge reden? Oder soll ich einfach einen neuen Intendanten berufen und damit einen Startschuss für einen Neubeginn in Berlin setzen?”

Beratung, so schön das klingt, ist kein Allheilmittel. Deshalb geht es auch nicht darum, ob es nun die richtigen oder falschen Leute waren, die Renner beraten haben. Zuallerst hätte er die Neuordnung des Theaters transparent gestalten sollen – also eine Findungskomission einsetzen sollen, dessen Besetzung, Kriterien und Prozesse öffentlich nachvollziehbar und rechenschaftspflichtig sind.

Das ist freilich das demokratische Ideal, das wir uns nicht nur in der Kulturpolitik, sondern in der Politik im Allgemeinen wünschen. Im Falle der Volksbühne stimmt sein Nicht-in-Kraft-treten besonders nachdenklich. Schließlich hatten viele Prozesse, die nach dem Mauerfall ihren Lauf nahmen, nicht nur einen intransparenten und undemokratischen, sondern zu allem Überfluss auch noch einen kolonialen Anstrich. Insbesondere dann, wenn im Zuge der Wende “West” als Betriebssystem für das gesamte Land installiert wurde, ohne Respekt für das, was im vermeintlichen Niemandsland so los war – etwa an den Schnittstellen von Ost und West und an den Orten der Vermischung.

Ein “völlig eigenes Theater erschaffen”

Die Volksbühne war von Anfang so ein Ort – genau genommen ein Bastard. Schließlich konnten weder Ost, noch West die Elternschaft bestätigen. Hier entsteht 1991 etwas völlig Neues und in vielerlei Hinsicht auch etwas absolut Modellhaftes für das gesamte Deutschland: Ein Bild der Nation, das aus einer heftigen Reibung mit der Geschichte beider Deutschlanderfahrungen entsteht und das eine Grundlage für etwas Darüberhinausweisendes bildet. Das war damals einzigartig. Und das ist es auch heute noch in einem Land, in dem um Kanzlerin Angela Merkel ein Kult der Fehlervermeidung gedeiht – derweil Selbsterkundungen im Zeichen des Nationalen sich in gefährlich bequemen Gemeinplätzen suhlen.

Als der Staatssekretär für Kultur Tim Renner eine Neuordnung der Volksbühne verordnete, hatte er ein neues Berlin vor Augen – vermutlich auch eines, das den Kult der Fehlervermeidung hinter sich lässt. Eines, das neu aufblüht, indem es Risiken eingeht und Scheitern als Chance begreift. Hat Renner nicht gewusst, dass Scheitern als Chance in der Volksbühne als Motto des kreativen Schaffens kultiviert wird? Hat er sich aus diesem Unwissen heraus womöglich den falschen Ort für die Verwirklichung seiner Vision ausgesucht? Einiges deutet darauf hin. Doch die eigentlichen Ursachen scheinen in einer weitgehend fehlgeschlagenen Kommunikation zu liegen.

Denn noch im Jahr 2014 soll es einen Dialog zwischen Frank Castorf und Tim Renner über die Zukunft des Theaters gegeben haben. Dessen Gegenstand war die Übergabe der Volksbühne an einen Nachfolger, sowie der Zeitpunkt der Übergabe und das Konzept für die “Vererbung”. Klingt irgendwie logisch: Castorf hat im Zuge seiner kreativen Theaterarbeit eine eigene Schule begründet. Er hat, wie ein mit mir befreundeter Theatermacher sagt, ein “völlig eigenes Theater erschaffen”, was beispielsweise analog zu der Rolle von Stanley Kubrick oder Andrei Tarkowski in der Filmgeschichte zu deuten wäre, von denen es heißt, sie haben mit ihrem Kino ein eigenes Genre kreiert.

Halb inspiriert, halb indigniert, halb informiert, halb kritisch

Soll man so eine Schule, die zwischen Kanada und China bekannt und geschätzt ist, einfach so in die Tonne treten? Der Ansatz, den der Intendant der Volksbühne und der Staatsekretär für Kultur vor einem Jahr noch verfolgten, hört sich vernünftig an: Castorf, der das Haus ein Vierteljahrhundert lang geprägt hat, ist dabei, wenn seine Nachfolge besprochen und beschlossen wird.

Doch dann flatterte im Frühjahr 2015 ein Brief der Senatsverwaltung ins Haus: Frank Castorf geht 2017, Chris Dercon kommt. Basta. Keine Transparenz. Keine Beteiligung. Keine Kriterien für diese Entscheidung werden bekannt, keine Details über die Zukunftspläne des neu designierten Intendanten. Nichts über das Programm. Nichts über den Erhalt der über 200 Arbeitsplätze und die Weiterführung der bühneneigenen Werkstätten.

Die Presse reagiert wie üblich: halb inspiriert, halb indigniert, halb informiert, halb kritisch. Im Kielwasser der lauwarmen Berichterstattung, die sich häufig mit Äußerlichkeiten beschäftigt, startet eine durch die Zuschauerin Cordula Giese-Kache initiierte Unterschriftenaktion. Sie trägt rund 4.000 Unterschriften zusammen, die sich gegen Form und Inhalt des Intendantenwechsels aussprechen. Frank Castorf derweil schweigt. Seine Form des Protests ist es, die Kunst sprechen zu lassen.

Anarchistisch-retro-futuristischer Look

Doch dann kommt der nächste Schock. In der Sommerpause stirbt für alle völlig unerwartet Bert Neumann. Er hat als Bühnenbildner das Haus maßgeblich geprägt. Alle Poster, Schriftszüge, Skulpturen, alles was in irgendeinerweise mit dem anarchistisch-retro-futuristischen Volksbühnen-Look in Verbindung zu bringen ist – all das stammt aus Bert Neumanns Labor. Sein Einfluss auf Frank Castorf aber auch auf Regisseure wie René Pollesch ist unermesslich, ebenso wie auf die visuelle Kultur in Deutschland und darüber hinaus. Der Verlust dieses einzigartigen Künstlers wiegt schwer. Wir müssen uns sein Werk jetzt retrospektiv erschließen.

Es ist ein erzwungener Abschied innerhalb eines verordneten Abschieds. Ein Drama, das seinesgleichen sucht. Nur durch diesen Filter kann ich den Satz des Dramaturgen Carl Hegemann verstehen, den er in seinem Nachruf für die FAZ an den Schluss gestellt hat: “Mit Bert Neumann ist die Volksbühne schon zwei Jahre vor ihrem von der Politik verfügten Ende gestorben.” Zugegeben, dieser Satz hat mich zunächst irritiert und auch verärgert. Was soll es schließlich heißen, dass ein Ort, eine Community, eine Bewegung, die noch rund zwei Jahre weitermachen wird, schon jetzt tot ist?

Ein makaberer Scherz? Ein pathetisches, wütendes Auf-den-Tisch-hauen? Doch mit ein wenig Abstand kann ich diesen Satz jetzt auch anders lesen. Als ironisch gebrochenen Appell zur Auseinandersetzung und zum Dialog – adressiert an eine Öffentlichkeit, die erst nach dem Tod und nach einer Flut von Nachrufen anfängt, einem Gegenstand das nötige Maß an Wertschätzung, Respekt und Liebe entgegenzubringen.

Wann handeln wir?

Wir, die mit Konnektor-Kompetenzen ausgestattet sind und Tim Renner, der es bislang nicht geschafft hat, eine eigene Perspektive zum Stellenwert der Volksbühne unter Castorf zu präsentieren – wir müssen uns die folgenden Fragen stellen: Wann beginnen wir uns mit der spezifischen Geschichte dieses Theaters und seiner besonderen Position auseinanderzusetzen? Wann beginnen wir einen Dialog mit den Leuten vor Ort und ihrer künstlerisch-politischen Arbeit einzugehen?

Tun wir das jetzt, da wir Hegemanns “fiktive Todesanzeige” als Appell und Startschuss begreifen? Oder erst Sommer 2017, wenn es wirklich zu spät ist? Handeln wir heute schon, können wir nicht nur in überraschender Weise Einfluss auf den Lauf der Dinge nehmen. Sondern auch das Dilemma unserer historischen Erfahrung überwinden, immer nur dann an einem Ort verweilen zu wollen, wenn der Zug bereits abgefahren ist. Doch doch, es ist möglich, wir können mehr als Diskurs-Hipster sein.

Anm.d.Red.: Mehr zur Volksbühnen-Debatte in dieser Text-Serie. Das Foto stammt von Mario Sixtus und stehen unter einer Creative Commons Lizenz.

10 Kommentare zu “Fiktive Todesanzeige: Das Drama der Diskurs-Hipster und der verordnete Abschied von der Volksbühne

  1. Ich finde den Gedanken des Unauswechselbaren für die Kunst prima. Also das Gegenteil von Militär, wo jeder auf gleicher Qualifikationsstufe und mit den gleichen Capabilities in die Fußstapfen eines anderen steigen soll, wo Originalität abgestraft werden muss. In jedem Fall aber stellt sich das Problem, das Peter Sloterdijk in seinem jüngsten Buch mit dem Gedanken der Filiation und dem Hiatus in der Kulturgeschichte umreißt. Wenn die Kultur der Volksbühne tatsächlich so stark ist, wird sie sich unabhängig von ihrem Intendanten Bahn brechen. Wenn nichts bleibt, dann braucht es auch nicht diesen Artikel. Wenn sich nichts in der Institution vererbt, dann haben die beiden etwas falsch gemacht, indem sie sich unverzichtbar gemacht haben.

  2. Den Text habe ich mit Vergnügen gelesen…. und stelle mir vor, die Buchstaben als flatternde leuchtende Farbpunkten.

  3. Im Blick zurück stellt sich leicht die Frage, ist man präsent gewesen. Hat man die Jahre durchlebt, wie sie später erscheinen? Die Antwort wird nie befriedigen und somit ist die Frage müßig. So ist nur festzustellen, eine bürgerliche Zeit ist zu Ende gegangen. Mit ihr die Volksbühne inclusive Castorf. Tauglich nur noch für wehmütige Zeitberichte inclusive Jammern über Versäumtes. Das Leben geschieht im Jetzt. Die Blicke nach vorne. Man wird sehen, was dieses Jetzt, was wir zustande bringen. Sei es Theater, sei es Kunst oder Musik. Von Politik verbiete ich mir zu reden.

  4. @#1: Sloterdijk ist leider nicht ganz ehrlich als Philosoph des Kulturdarwinismus. Das ist u.a. daran erkennbar, dass er angewidert ist von Kulturen, die aus eigener Kraft heraus sich durchsetzen und bestehende Ordnungen zersetzen (beispielsweise in Rahmen von Revolutionen).

    In Abgrenzung dazu widmet sich Sloterdijk in seiner Arbeit dem Projekt, die bürgerliche Kultur vor dem Untergang zu bewahren, beispielsweise indem er ihre Stärke und Überlegenheit betont. Wäre dies notwendig, wenn er an seine eigene Philosophie des Kulturdarwinismus glauben würde — als eine Philosophie einer gewissen Gerechtigkeit der wahrhaften Stärke?

    Es gibt keine Gerechtigkeit in der Kultur, das weiss auch Sloterdijk. Es gibt stattdessen so etwas wie Politik. Davon will der Philosoph nicht reden. Es wäre ihm peinlich und seine Eitelkeit und Unehrlichkeit offenlegen. “Seine Kultur” muss sich quasi von selbst, ohne Beihilfe von oben oae., durchsetzen. Weil sie überlegen ist.

    Doch wir müssen von Politik der Kultur und auch von Kulturpolitik reden. Denn es geht um Entscheidungen. Es geht um Fragen dessen, was wir wollen, was wir für richtig und wichtig ansehen, und wie all das in angemessener Weise gedeihen kann, welcher Rahmenbedingungen es bedarf, nicht zuletzt: welcher kulturpolitischer Prozesse und Entscheidungen.

    Castorf hat sich nie unersetzbar machen wollen. Wie gesagt: Sein Abgang war seit langer Zeit geplant. Es ging und geht um Modalitäten der Veränderung. Es ging und geht um die Frage der Vererbung von Generation zu Generation.

    Kurz: Gestaltungsfragen stehen hier zur Disposition. Und das ist es doch, was Kultur in erster Linie ist: Eine Frage des WIE. Es ist eine Frage, an der sich unsere Zeit, unsere Gesellschaft, unsere Zivilisation messen lassen muss. Wollen wir mehr Darwinismus? Oder wahre Demokratie?

  5. @#3: das klingt nach einem guten ästhetischen Programm! Doch wie wollen das in eine kulturpolitische Agenda übersetzen? Oder wollen / sollen wir das gar nicht?

  6. @#4: Das Hier und Jetzt, das ist es, was auch in meinen Augen von größter Bedeutung ist, was wir versuchen müssen zu umarmen. Doch wir müssen beachten: Präsenz im Jetzt, die tendenziell zu Omnipräsenz wird, bringt die Frage mit sich: Können wir noch trauern? Können wir noch politisch sein?

  7. #6:es sind noch (genau?) zwei jahre zeit in der volksbühne unter castorf! >>> also ein jahr vorbereitung/probe + 1 Jahr action! :-))) wenn diese beiden ( meese und castorf) sich finden können – kann ich mir sehr sehr viel vorstellen … wenn dies alles noch von einer großen öffentlichkeit flankiert wird … von mir aus der ganze r-l-platz mit einbezogen wird >>> die KUNST ist frei und darf sich nicht verbürokratisieren lassen …

    was “wir” wollen weiß ich nicht, was diese beiden wollen ahne ich – weiß es aber auch nicht – und doch sollten SIE es machen – sie haben nix zu verlieren!!! bei rio reiser war auch das private – die musik – die kunst – die wirkung und identifikation – meese will garantiert keine “politik” >>> es sollte KUNST im besten sinne sein, sonst verhungern die seelen

  8. @Krystian Wie stellst Du Dir eine gelungene Filiation, eine Volksbühne nach Castorf vor? Hängt das wirklich am Chef, über den Renner entscheiden konnte? Was müsste ein neuer Leiter tun?

    Den Gedanken des Beharrungsvermögens von organisatorischen Kulturen und Normierung von Führungsrollen durch interne Erwartungen entleihe ich nicht von Sloterdijk. Und “Revolution bitte nicht von außen” ist ja genau der Knackpunkt. In der BG wurden sehr konkret Befürchtungen artikuliert.

    http://www.deutschlandradiokultur.de/chris-dercon-kollaboriere-oder-scheitere.2165.de.html?dram:article_id=318104

    Wäre es nicht gut, mit Dercon den Dialog zu suchen?

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