Basteln für Berlin: Wie bringen interaktive Verkehrspläne U-Bahnen und Handys ins Gespräch?

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Können Sie sich ein digitales Laufschriftband vorstellen, das einem an öffentlichen Orten wie Parks oder Cafés sagt, wann der nächste Bus kommt? Oder eine dynamische Berlin-Karte auf dem Smartphone, die anzeigt, welche Umwege Rollstuhlfahrer in Kauf nehmen müssen, um an ihr Ziel zu kommen? Es klingt wie Science Fiction, aber der Entwickler Stefan Wehrmeyer macht es möglich. Er ist der geniale Bastler next door, der aus Spaß an der Sache Berlin in eine neue Dimension der Transport-Kommunikation befördern will. In diesem Beitrag erklärt er, warum ihm dafür der Verkehrsverbund entgegenkommen muss.

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In Berlin beschränkt sich das Angebot von Nahverkehrs- informationen auf die Webseiten von BVG und VBB sowie einige Smartphone-Anwendungen. Dadurch dass der VBB komplette Kontrolle über die Daten und deren Nutzung behalten will, behindert er die Entfaltung eines Ökosystems von Anwendungen rund um.

Passagiere können Nahverkehrsinformationen überall gut gebrauchen, etwa als Laufschriftband in einem Café, das einem sagt, wann der nächste Bus kommt. Solche hilfreichen Nischen-Anwendungen können nur mit frei verfügbaren Daten entstehen.

In den USA stellen viele Städte ihre Nahverkehrsdaten EntwicklerInnen kostenfrei und unter akzeptablen Bedingungen zur Verfügung. Dadurch entsteht ein Ökosystem an Anwendungen, von dem alle profitieren: die BürgerInnen, für die es dann auf jeder Smartphone-Plattform eine Nahverkehrsanwendung gibt und der ÖPNV-Betreiber, der damit indirekt seinen Passagieren einen besseren Service anbietet.

Was geht in Berlin mit Nahverkehrsdatenanwendungen?

Man kann das leider nur bedingt auf Berlin übertragen. Seitdem die BVG irgendwann in den Nuller Jahren die damals erste iPhone-Anwendung für das Berliner Nahverkehrssystem verbieten wollte, hat sich nur wenig getan. Es gibt mittlerweile ein paar Smartphone-Anwendungen, die sind aber nur geduldet.

Ich habe mir die Fahrplandaten der BVG und S-Bahn zusammengesucht und daraus eine dynamische Erreichbarkeitskarte gebastelt. Hier ein Video dazu. Diese Erreichbarkeitskarte habe ich mit den nicht-barrierefreien Bahnhöfen und Fahrstuhlausfällen kombiniert um interaktiv zu zeigen, welche Umwege Rollstuhlfahrer in Kauf nehmen müssen um an ihr Ziel zu kommen – wenn sie es überhaupt erreichen können. Hier eine Visualisierung.

Außerdem habe ich eine Simulation des S- und U-Bahnverkehrs in Berlin erstellt auf der man sich die einzelnen Züge ansehen kann wie sie durch Berlin fahren. Leider ist es nur eine Simulation und mein Ziel ist es, dass diese Karte einmal mit Echtzeitdaten funktioniert.


Simulation des S- und U-Bahnverkehrs in Berlin von Stefan Wehrmeyer (hier dynamisch)

Die ÖPNV-Betreiber glauben, dass sie den Zugang zu ihren Daten hinter stark einschränkenden Nutzungsbedingungen verstecken müssen. Sie verstehen nicht, dass sie ihre Daten nicht als Dienstleistung anbieten müssen, sondern als Plattform. Die Dienstleistung kommt von den EntwicklerInnen, die Anwendungen mit diesen Daten bauen und damit die eigentliche Dienstleistung des ÖPNV-Betreibers unterstützen, nämlich den Betrieb des Nahverkehrs.

Wie müsste die Zusammenarbeit aussehen?

Der VBB muss auf EntwicklerInnen zugehen, sie zumindest auf der VBB-Webseite ansprechen und ihnen die Schnittstellen und Daten zeigen. Die Daten müssen so frei wie möglich sein und nicht restriktiven Nutzungsbedingungen unterliegen.

EntwicklerInnen werden zeigen, was mit Nahverkehrsdaten möglich ist, sobald diese rechtlich und technisch gut verfügbar sind. Der VBB wird von den Anwendungen durch glücklichere Passagiere profitieren.

21 Kommentare zu “Basteln für Berlin: Wie bringen interaktive Verkehrspläne U-Bahnen und Handys ins Gespräch?

  1. das ist in der tat “awesome” ; ) und schön gemacht, der text hilft das video besser zu verstehe und umgekehrt ; )

  2. das erinnert mich an einen Text in der Berliner Gazette und einem ziemlich klugen und zugleich schönen Satz:

    “WikiLeaks ist inzwischen zu einem erschreckend scheinheiligen Produkt des globalen Medientheaters geworden. Doch zugleich wächst, sozusagen in dessen Hinterhof, etwas wirklich Nützliches heran.”

    ( http://berlinergazette.de/pit-schulz-wikileaks-kommunikationssituation/ )

    Was der St. Wehrmeyer hier vorstellt, scheint mir genau das zu sein, dieses Nützliche, das im Hinterhof heranwächst…

  3. Sehr tolle Ideen, obwohl ich manche nicht gleich auf Anhieb verstehe. Auf jeden Fall bin ich auch dafür dass es endlich eine Lizenz für offene Daten gibt, denn immerhin werden die Daten ja auch durch Steuergelder und von den Kunden finanziert. Mich würde mal die Argumentation der VBB oder BVG interessieren warum sie die Daten nicht zur Verfügung stellt!?

  4. Brief von der BVG vom 11.11.2008

    Sehr geehrter Herr Schleth,

    vielen Dank für Ihren Hinweis.

    Zu der Diskussion um das Programm „Fahr-Info Berlin“ teilen die Berliner Verkehrsbetriebe mit: bei der iPhone-Anwendung wurden BVG-Kartensubstanzen (Netzplan und Standortpläne) ohne …Zustimmung oder Beteiligung der BVG in einer eigenen Anwendung im Internet angeboten und verbreitet (lt. Entwickler ca. 20.000 Downloads). Da es sich um urheberrechtlich geschütztes Material handelt, hat die BVG den Entwickler, der für die Fa. Metaquark tätig ist, auf diese Tatsache hingewiesen. Weitere, insbesondere rechtliche Schritte hat das Unternehmen nicht unternommen, zumal der Entwickler dem Wunsch der BVG entsprochen hat.

    Auf der Homepage der BVG ist der Umfang der Nutzungsrechte deutlich erkennbar. Danach ist eine Vervielfältigung, Verbreitung, Bereithaltung zum Abruf oder zur Online-Zugänglichmachung (Übernahme in andere Webseiten) der Webseiten, des Layouts der Webseiten oder der Inhalte (Texte, Bilder, Programme) der Webseiten der BVG ganz oder teilweise, in veränderter oder unveränderter Form nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung zulässig. Hinweise auf den Schutz des Urheberrechts finden sich im Impressum der BVG-Homepage.

    Die BVG sperrt sich grundsätzlich nicht gegen innovative Ideen oder Nutzungen von Website-Inhalten und Weiterentwicklungen zum Angebot der elektronischen Fahrgastinformation. Jedoch erhebt das Unternehmen den Anspruch, den Kunden aktuelle Informationen zur Nutzung des ÖPNV zur Verfügung zu stellen. Mehr als zwei Millionen Kunden informieren sich pro Monat auf http://www.BVG.de über Fahrpläne, Haltestellen und Abfahrtszeiten von Bussen und Bahnen in und um Berlin. Interessenten, die BVG-Material benutzen wollen, sollten sich deshalb unbedingt mit dem Unternehmen vorab über rechtliche und inhaltliche Fragen verständigen und mit der BVG gemeinsam klären, wie die Pflege und Aktualität der BVG-Inhalte bestmöglich zu gewährleisten ist.

    Derartige Anwendungen durch Dritte sind der BVG nicht neu. Leider wird der Pflegeaufwand der Aktualisierung der Daten häufig unterschätzt und der Kunde erhält mitunter veraltete Informationen. Nach uns vorliegenden Kundenbeschwerden führt dieses oftmals zu erheblichen Beeinträchtigungen bei der Vorbereitung und Durchführung von Reisen mit unseren Verkehrsmitteln. Dies wollen wir um jeden Preis verhindern und legen daher größten Wert auf die Aktualität unserer elektronischen Fahrgastinformation.

    Damit dieses gewährleist ist, bietet die BVG eine Verlinkung auf die Inhalte der BVG-Seiten an. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Kunde die aktuellsten Daten übermittelt bekommt.

    Diese Verfahrensweise wurde auch dem Entwickler der iPhone Anwendung angeboten, jedoch von ihm nicht aufgegriffen. Gleichwohl ist die BVG zu einer weiteren Zusammenarbeit grundsätzlich bereit.

    Die BVG bietet bereits seit August 2008 eine vom Kunden intensiv genutzte mobile Anwendung (Schwerpunkt: Fahrplanauskunft, Stadtplan und Ist-Abfahrtszeiten) unter mobil.BVG.de an, die nicht nur für iPhone Besitzer, sondern für alle internetfähigen Endgeräte dem Kunden zur Verfügung steht. Weitere Ausbaustufen sind im kommenden Jahr vorgesehen.

    Wir bedanken uns für Ihr Interesse an unserem Unternehmen und wünschen Ihnen allzeit gute Fahrt mit Ihrer BVG.

    Mit freundlichen Grüßen

    Rainer Paul

    Kundenservice

    VM-B3

    iPLZ: 43431

    Tel.: +49 30 19 449

    Fax: +49 30 256-49256

    Mail: info@BVG.de

  5. Open BVG? “ich glaube das einzige was helfen würde wäre eine konzertierte öffentliche aktion. eine unterschriftensammlung, ein paar artikel, ggfs. eine anfrage beim senat. vielleicht würde das die bvg die sehr auf ihr image bedacht ist dazu bringen zur “open bvg” zu werden und eine datenschnitstelle/api zu schaffen …”

  6. @Magdalena #10: Aus der Plattform entsteht die Positionierung der Grünen Bundestagsfraktion zu Open Data. Es geht um die politische Unterstützung für befreite Daten. Mit jeder Wahl, bei der die richtigen Parteien gewinnen, wird es leichter mit der Umsetzung.

    Also: Wir bemühen uns darum, die Daten frei zu bekommen, damit ordentlich für den Weltfrieden, Demokratie und Transparenz gehackt werden kann ;-) Und eben auch für den öffentlichen Nahverkehr. Tatsächlich ist es sehr wichtig zu wissen, welche Daten als erstes öffentlich gemacht werden sollen — alle auf einmal ist schwierig…

  7. Unglaublich, dass die BVG, bzw. VBB einer so tollen Idee in der heutigen Zeit im Wege steht!

  8. Obwohl es bestimmt auch eine sehr große Herausforderung ist, bei dem unbeständigen Verkehrsplan ein zuverlässiges Programm hinzubekommen. Ich glaube da ist es einfacher den Urknall zu rekonstruieren als genaue Ankunftszeiten der S-Bahn vorherzusagen.

  9. @.andi #12: Stefan Wehrmeyer erzählt z.B. von New York City und vergleichbaren Anwendungen dort. Ich bin mir sicher, dass das dort auch kein Kinderspiel war, bzw. noch ist. Deswegen sollte es doch hier auch möglich sein,immerhin geht es bei Innovation darum große Herausforderungen zu finden und sie zu überwältigen.

  10. beeindruckendes Engagement! echt toll, so jung, so tough und mutig, so talentiert, so sozial… Wehrmeier for Burgermeister!

  11. Als BVG, DB & Co. noch nicht wussten wie “Smartphone” überhaupt geschrieben wird, gab es bereits die freie Anwendung “Leitstreifen” für mobile Endgeräte.

    Noch unter dem wap-Standard entwickelt (ich benutzten den Leitstreifen schon auf meinem Nokia 6230, fasst das kleine Portal sämtliche Echtzeitdaten der an einer Haltestelle verkehrenden Nahverkehrsunternehmen zusammen. Inzwischen verfügt das System auch über eine Standorterkennung und listet auf Wunsch die nächstgelegenen Haltestellen auf.

    Der Leitstreifen ist für mich zum unverzichtbaren Bestandteil meines ÖPNV-Alltags geworden.

    Auch und erst Recht, weil Stefan Wehrmeyers Konzept wohl noch auf Jahrzehnte an der Betonköpfigkeit von BVG, DB, VBB usw. scheitern wird.

    http://wap.leitstreifen.de/_about.php

  12. Hi,

    für den ÖPNV in Berlin habe ich überlegt eine native Anwendung für den Windows App Store zu programmieren (Habe bisher nichts brauchbares gefunden?!)

    Hat sich bereits etwas getan in Hinblick auf verfügbare Schnittstellen für Entwickler?

    Gruß
    Iven

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