Identity-Loop

Ich beschaeftige mich seit vier Jahren intensiv mit der Performancekunst. Waehrend meines Doppelstudiums 1996 zum Magister Kunstpaedagogik und zum Diplom Freie Kunst an der Kunstakademie Muenchen habe ich mich vor allem mit skulpturalen Koerperformen beschaeftigt.

Erst durch das Studium an der Hochschule fuer Bildende Kuenste Braunschweig in der Klasse von Frau Prof. Marina Abramovic konzentriere ich mich vollstaendig auf meinen Koerper als kuenstlerisches Ausdrucksmittel. Ueber Marina Abramovic habe ich gelernt, dass Performancekunst eine hervorragende Moeglichkeit ist, Bewegung symbolisch zu inszenieren. Schon sehr frueh war es mein Ziel, Bewegung darzustellen und ich habe mich seither durch verschiedene Medien des kuenstlerischen Ausdrucks hindurchentwickelt, um in der Performancekunst die bislang beste Moeglichkeit zu finden, Bewegung und damit das koerperliche und geistige Leben in seiner Lebendigkeit symbolisch vereinfacht darzustellen.

In der Hullahoop-Performance, >Hullabelly<, sieht mich der Betrachter als traditionell-religioes gekleidete tuerkische Frau, mit Kopftuch, Rock und Hose, sowie mit einem Hullahoopreifen. Dabei bewege ich ausschliesslich meinen Kopf mit dem Hullahoopreifen zu einer modernen, orientalisch- tuerkischen Bauchtanzmusik. Dieselbe Handlung wird im Loop drei Stunden lang wiederholt. Zu der >Hullabelly<-Performance entstand eine Videoarbeit mit dem Titel >Hullabelly for Turkish Women< [2003], in der zwoelf tuerkische Frauen verschiedenen Alters versuchen, sich zur Musik mit dem Hullahoopreifen zu bewegen. Diese Arbeit ist als Videoinstallation mit drei parallelen Projektionen zu sehen, die sich alle 15 Minuten wiederholen. Die >Hullabelly<-Performance entstand vor dem Hintergrund meiner Herkunft. Da ich in zwei Kulturkreisen, dem tuerkischen und dem deutschen, aufgewachsen bin, hatte ich das Glueck, aber auch die Aufgabe, zwei sehr unterschiedliche Kulturen, die westliche und die rientalische, miteinander zu verbinden. Es gibt strenge tuerkische Rituale und islamische Traditionen einerseits, die durch die Kleidung und Musik symbolisiert werden und das saekularisierte und freiheitliche Leben andererseits, das durch den Hullahoopreifen und den Bauchtanz repaesentiert wird. Somit ist die >Hullabelly<-Performance ein Versuch, den Spagat der Vereinbarung zwischen beiden Kulturkreisen darzustellen. Kulturelle Aspekte sind eine Sache, die andere Sache ist die Performance selbst. Mich interessiert der Koerper als Ausdrucksmittel und insbesondere die Reduktion auf ein Koerperteil: den Kopf. Was fuer den Betrachter auf den ersten Blick, durch die Verbindung des Kopftuchs mit dem Drehen des Reifens am Kopf, wie ein Strangulieren aussieht und somit wie eine Erniedrigung der tuerkischen Frau wirkt, ist eine verkuerzte Betrachtung. Darueber hinaus ist diese Performance eine Ausbuchstabierung der >Ueberanstrengung<. Waehrend des permanenten Drehens aendert sich die Gesichtsmimik vom entspannten Gesichtsausdruck bis zur totalen Ueberanstrengung stetig. Der Betrachter kann sich derweil auf den Reifen oder die sich staendig veraendernde Mimik konzentrieren und frei assoziieren. In meinen kuenstlerischen Arbeiten versuche ich stets Alltagssituationen kuenstlerisch aufzuarbeiten. Ebenso bewegen mich allgemeine Themen wie Zeit, Bewegung, Beziehungen sowie soziale und kulturelle Aspekte. In einigen meiner letzten Arbeiten >Catch a Turkish Kiss< [2001], >Hullabelly< [2002], >Hullabelly for Turkish Women< [2003] und >Turkish Island< [2003] beschaeftige ich mich mit meiner kulturellen Identitaet. In diesen Werken spiegeln sich die Widersprueche wider, die ich selbst erlebt habe und immer noch erlebe. In der Performance >Turkish Island<, in der drei Generationen tuerkischer Familien mit dem Museumspublikum konfrontiert werden, gehe ich der Integrationsfrage von Tuerken in die deutsche Gesellschaft nach. In >Catch a Turkish Kiss< wird der Betrachter damit konfrontiert, wie ich mich einerseits in Abendkleidung auf einer Chaiselongue dem Publikum darbiete und auf einen Kuss warte. Andererseits wehre ich mich aber gegen den Kuss, sollte sich einer der Gaeste animieren lassen. In >Hullabelly< sowie >Hullabelly for Turkish Women< geht es um die Verbindung islamischer Tradition mit den westlichen Freiheitsgedanken. Die beiden Arbeiten haben somit ein grossen Stellenwert in meinen zukuenftigen kuenstlerischen Arbeiten, wo mehr und mehr die kulturelle Identitaet der Gespaltenheit der zwei Kulturen, zum Hauptthema des kuenstlerischen Ausdrucksmittel wird.

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