Geheminiskulturen: Wired, WikiLeaks und Bradley Mannings Chat mit Adrian Lamo

Im Jahr 2011 jährt sich 9/11 zum zehnten Mal. Das gibt zu denken: Werden die Auswirkungen der WikiLeaks-Enthüllungen analog zu den Auswirkungen sein, die vor zehn Jahren die Terror-Attacke auf das WTC hatte? Berliner Gazette-Herausgeber Krystian Woznicki geht dieser Frage nach. Die in Bedrängnis geratenen Freiheiten und Rechte der Presse- und Internetkultur im Blick, untersucht er zwei Fixpunkte der Szene: Neben dem Hacker Adrian Lamo, rückt vor allem das Technologie-Magazin Wired in den Fokus.

*

Auch dieses Kapitel des WikiLeaks-Falls ist im Military-Entertainment Complex angesiedelt. Jedenfalls lädt es dazu ein, wie ein Hollywood-Film erzählt zu werden. Protagonist wäre der Hacker, Sicherheitsanalyst, Journalist und Regierungsinformant Adrian Lamo – auf der Leinwand ist er nach seinem Auftritt als Hauptfigur in dem Hackerdokumentarfilm Hackers Wanted ohnehin kein Neuling mehr.

Hauptschauplatz wäre die Redaktionszentrale des US-Magazins Wired. Es wurde in den frühen 1990er Jahren gegründet und genießt als legendäres Medium der Geeks und Technik-Freaks weltweites Ansehen. Die großen Tage mögen vorbei sein, aber Wired gilt noch immer als führendes Technologie-Magazin, das aktuelle Entwicklungen rund um die globale Netzkultur nicht nur begleitet, sondern auch forciert – nicht zuletzt mit Hilfe von Star-Autoren wie Bruce Sterling.

Gerade aufgrund der ikonischen Rolle dieses Magazins dürfte der Konnex Wired-Lamo-Manning-WikiLeaks von besonderer Bedeutung sein. Insbesondere für die Konsequenzen von Cablegate für die Presse- und Netzkultur. Hier entsteht der größte Blockbuster aller Zeiten. Zumindest wenn man in Betracht zieht, dass das US-Justizministerium seinen Feldzug gegen WikiLeaks damit beginnt, privatwirtschaftliche Verwalter globaler Computernetzwerke (US-Justizministerium verlangt Zugriff auf Twitter-Daten) per Geheimerlass auszuquetschen.

Mit Blick darauf müssen wir uns, zugespitzt formuliert, die folgende Frage stellen: Werden die Auswirkungen der WikiLeaks-Enthüllungen analog zu den Auswirkungen sein, die 9/11 vor zehn Jahren hatte? Wird es fortan zu einer aggressiveren Kriminalisierung von sozialen Bewegungen kommen (damals in erster Linie sogenannter Globalisierungsgegner)? Wird der Staat eine erneute autoritäre Wende vollziehen? Wird im Zuge dessen einer ungezügelten Aufrüstung im Bereich der Informationstechnologien stattgegeben? Wird der Krieg gegen Terror nun in einen unverblümten Krieg gegen vermeintlichen Computer-Terror?

Kleine Chronologie der Vorkommnisse

Manning, der als Informationsquelle der letzten großen WikiLeaks-Enthüllungen in Haft sitzt, soll sich Adrian Lamo in einem Chat-Raum anvertraut haben. Lamo hat ihn umgehend angezeigt. Bevor die Sicherheitsbehörden seinen Besitz beschlagnahmten, konnte Lamo eine Kopie der Chatlog-Dateien einem Redakteur bei Wired zuspielen. Diese Chatlog-Dateien wurden zu 25% von Wired veröffentlicht. Daraufhin hat Lamo zahlreiche Aussagen in der Öffentlichkeit gemacht, die sowohl Manning als auch Assange und WikiLeaks belasten, die aber von den veröffentlichten Chatlog-Passagen nicht, beziehungsweise nicht eindeutig bestätigt werden.

Was steht in den verbliebenen 75% des Chats zwischen Lamo und Manning? Lassen sich darin Beweise für Lamos belastende Aussagen finden (etwa: WikiLeaks habe Manning einen Job angeboten oder WikiLeaks habe Manning einen privaten FTP Server eingerichtet, etc.) oder möglicherweise das Gegenteil?

Wired hat bislang davon abgesehen, das restliche Material zu veröffentlichen. Die Begründung lautete zuletzt: Man wolle die Privatspähre des Bradley Manning schützen. Ein prominenter Kritiker dieses Vorgehens ist der Jurist und Salon-Blogger Glenn Greenwald. Das Vorenthalten der betreffenden Informationen, so wirft er Wired vor, beflügele Gerüchte, die Lamo in die Welt setzt. Es handelt sich wohlgemerkt um Gerüchte, die einerseits Manning, andererseits Assange und WikiLeaks schaden.

Das absehbare Ausmaß des Schadens sei so groß, dass Manning ohne Aussicht auf rechtlichen Beistand in der Haft-Hölle gefangen bleibe, dass Assange ein Platz im US-Gefängnis sicher und dass die “Zerstörung” von WikiLeaks besiegelt sein dürfte, wie er in einem aktuellen Radio-Interview deutlich macht. Greenwald geht in seiner Kritik im Hinblick auf die Instrumentalisierung von Transparenz sogar so weit, eine Analogie zwischen Wired und dem US-Staatsapparat herzustellen. Beide pflegten Geheimniskulturen, solange sie der Durchsetzung bestimmter ideologischer Ziele dienen. Zitat:

That's what so much "journalism" now is: a means of shielding secrets from the public -- usually to protect friends and the agendas of "sources" to ensure further access. Ironically, it is that very mentality -- the Cult of Secrecy that American journalism has become -- that gave rise to the need for WikiLeaks in the first place. We're a society in which media and political elites keep secrets compulsively with one another -- doing that is one of the hallmarks of membership in those circles -- and there are thus plenty of people trained to believe that Good, Responsible People keep substantive secrets from the public. It's the same mentality that has spawned the hostile reaction to WikiLeaks: people are happy -- grateful even -- when institutions keep substantive information from them. Hence: I want the Government to act in the dark and keep me ignorant about most of what it does; similarly: Wired is acting responsibly by refusing to tell us whether Adrian Lamo's claims about Manning are true or false or to resolve the multiple contradictions he's publicly affirm.

Erst kürzlich hat die Wired-Redaktion einige lang ersehnte Antworten zu Fragen dieser Problemlage gegeben. Bislang nur über ihren Twitter-Stream. Wie in einem Artikel von Sean Bonner und Rob Beschizza dokumentiert wird, haben sich die zuständigen Redakteure jeweils unabhängig voneinander davon distanziert, in den verbliebenen 75% der Chatlogs seien Aussagen zu finden, die Lamos Anschuldigungen unterstützen. Was bereits publik ist, belaste die Beziehung Manning-Assange/WikiLeaks in keiner eindeutigen Weise.

Netzkultur am Scheideweg

Nun ist (diese) Geschichte kein Hollywood-Film. Deshalb kann hier nicht so sehr ein einzelner Held im Vordergrund stehen. Die Figur des Adrian Lamo ist “spannend” und bezeichend, aber das Hauptinteresse muss auf Beziehungen, Netzwerken und Gemengelagen liegen. Jene manifestieren sich nicht in einer Einzelperson. Schon eher in einer Institution. In diesem Fall ist das Wired. Um es nochmals zu wiederholen: Das Magazin begleitet aktuelle Entwicklungen rund um die Netzkultur nicht nur, als weltweit anerkanntes Leitmedium in diesem Bereich katalysiert und forciert es sie auch.

Die zentrale Frage, die in diesem Hacker-Journalist Complex offen bleibt, lautet: Warum gibt Wired das betreffende Material nicht zur Veröffentlichung frei? Material, das Greenwald im Hinblick auf die kommerziellen Interessen eines Nachrichtenunternehmens als “newsworthy in the extreme” einschätzt. Somit bleibt auch die Frage offen, welche Rolle Wired in der just anbrechenden Dekade und diesem neuen Kapitel der Journalismus- und Internetkultur spielen wird. Und welche Rolle Medien dieser Art in diesem Zusammenhang spielen sollten.

Bruce Sterling hat sich kürzlich außerhalb von Wired ausführlich zu Cablegate geäußert: The Blast Shack. Bei seinem historischen Streifzug durch die Hackerkultur beschwört er nicht zuletzt die gemeinsamen Ursprünge von Wired und WikiLeaks, um dann mit einer melancholischen Geste festzustellen, dass wir an einem Scheidepunkt angekommen sind. Sterling zufolge sei die internationale Staatenordnung und die darin eingefassten nationalen Regierungen mit globalen Computernetzwerken nicht zu vereinbaren. Es sei nie anders gewesen. Nur erst jetzt sei es offensichtlich. (“They never were, and now that’s obvious.”)

Dieser historische Augenblick habe zweierlei hervorgebracht: Einerseits ein vermeintlich eindeutiges Symbol, andererseits etwas Unbenennbares; einerseits Manning als “miserable symbolic point-man for a global war on terror”, andererseits Assange als “something we don’t yet have words for”. Ob in diesen Aussagen eine indirekte Kritik an seiner publizistischen Heimat Wired mitschwingt, ist ungewiss. Unabhängig davon zeichnet sich eines jedoch recht deutlich ab: Obwohl Wired objektiv (lies: positionslos) auftritt, lässt die ideologische und publizistische Zurückhaltung ex negativo ein symbolisches System entstehen, in dem gut und böse eindeutig getrennt sind. Die eigentliche Herausforderung besteht jedoch darin, sich dem Unbenennbaren zu stellen.

26 Kommentare zu “Geheminiskulturen: Wired, WikiLeaks und Bradley Mannings Chat mit Adrian Lamo

  1. Eine Idee von mir: Vielleicht sollte jemand WIRED zwingen, die Chatlogs zu veröffentlichen, so wie “jemand” auch Twitter (und vermutlich auch Facebook und Google) zwingt, Daten von WikiLeaks-Unterstützern herauszugeben. Achso stimmt, die Chatlogs hat der Staat ja schon!

  2. Wenn man der Argumentation von Sterling folgt und das derzeitige Staatensystem und das Internet nicht mehr zusammenpassen, dann kann doch die logische Konsequenz nur sein, dass sich eine supranationale Netzkontrollbehörde herausbilden wird, oder? (ist das zu pessimistisch gedacht?)

  3. wikileaks verlautbart gerade via twitter

    WARNING all 637,000 @wikileaks followers are a target of US gov subpoena against Twitter, under section 2

    ( http://twitter.com/wikileaks/statuses/23939621570215936 )

    und fragt zurecht:

    Jake, Birgitta and Rop have been given the option to object. What about the followers? Class action suit?

    ( http://twitter.com/wikileaks/statuses/23956743407013888 )

    Es gibt infolgedessen einen Aufruf:

    Help us fund Twitter Subpoena legal fight!

    http://wikileaks.ch/support.html

  4. @Frau Marx: Zwingen sollte man niemanden müssen bzw. dürfen. Es geht hier doch um Regeln und Rechte einerseits, um die Auslegung von Privatsphäre und Transparenz andererseits. Das Problem ist: in beiden Fällen gibt es keine verbindlichen (ich sag jetzt mal demokratisch/im gesellschaftlichen Dialog erarbeiteten) Standards, die der gegenwärtigen Situation gewachsen wären.

    @Netzprofi: supranationale Netzkontrollbehörde? Es gibt eine Art Weltregierung des Internet: Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Aber das Problem der letzten Jahre ist ja die Tendenz das Internet zu nationalisieren und auf staatliche Einflussspähren zu begrenzen.

    @neuro: ich verfolge dies auch mit Sorge. Allerdings sollten wir die WikiLeaks-Twitter-Verlautbarungen auch mit einer gewissen Vorsicht lesen: es handelt sich dabei auch mitunter um Propaganda (wenngleich für eine “gute Sache”).

  5. sehr gute darstellung und zusammenführung der wesentlichen beiträge zum thema! es ist seh gut, aber auch bezeichnend, dass der text online erscheint. mich irritiert nun schon seit ein paar wochen die qualitäts-schere zwischen der wikileaks-berichterstattung in den USA/UK im vergleich zur hiesigen “auseinandersetzung”.

    die personalie assange und einige nachwirkungen der depeschen-inhalte tauchen bei den “zuständigen medienanbietern” gelegentlich noch einmal auf. die mE doch sehr gewichtigen fragen, welche veränderungen für journalismus und öffentlichkeit spielen für die meisten qualitätsjournalisten (oder auch die zuständigen wissenschaftsvertreter) offenbar keine rolle. wie komplex die lage inzwischen geworden ist, zeigt die wired/lamo/poulsen-story ja sehr gut und im angelsächsischen diskurs werden interpretationen und perspektiven mitgeliefert. bis hin zu debatten innerhalb von standesverbänden wie der “society for professional journalists” ( http://www.spj.org/news.asp?ref=1022 ) – die für ihre unscharfe position umgehend harte kritik einstecken musste ( http://twitter.com/jayrosen_nyu/status/22429142439956480 ).

    aber immerhin: dort wird diskutiert. und bei uns beschwört währenddessen ein “nachrichtenmagazin aus hamburg” das große böse facebook-monster.

  6. @Christoph Bieber: Ich kann mich dieser Einschätzung nur anschließen – das “Big Picture” bzgl. WikiLeaks/Assange/Manning etc. kommt in der deutschsprachigen Medienberichterstattung und auch in der Blogosphäre kaum vor (Hinweise jeder Art an die Redaktion sind sehr willkommen).

    Anderereits: Das Vermissen von Debatten, die im angelsächsischen Raum geführt werden, ist auch eine gern gepflegte Tugend der hiesigen Medienarbeiter.

    Warum ist der Konnex WikiLeaks/Journalismus für die deutschsprachigen Medien / Wissenschaft nicht interessant (Netzthemen an sich schaffen es ja auf die Titelseiten)? Ist das Ignoranz? Die Unfähigkeit zur Reflexion? Ist das Thema zu komplex?

    Vielleicht hilft ein Gedanke weiter, den Geert Lovink neulich in der Berliner Gazette formuliert hat:

    “In Deutschland ist die Lage wiederum eine andere, denn dort herrscht immer noch die generelle Metaphysik der Medientheorie überall vor – und die kann sowieso nichts mit dem Internet anfangen, weil sie im Ansatz geschichtlich und philosophisch ist. Das führt zu ganz besonderen Theorieblüten, alles sehr unzeitgemäß und wahr, aber ohne jegliche Auseinandersetzung mit der knallharten neo-liberalen Echtzeitrevolution, die sich gerade abspielt und an der buchstäblich Milliarden beteiligt sind (siehe Google, Twitter, Facebook, Skype usw.).”

  7. wie rop gonggrijp, einer der leute, die öffentlich von der “twitter-hausdurchsuchung” (kann man das so nennen?) betroffen sind, sagt in seinem aktuellen statementzur sache:

    This matter does beg the question who else has gotten such court orders and whether other parties have silently complied with such orders. Hello Facebook? Google?

    http://rop.gonggri.jp/?p=448

  8. Mich wundert das gar nicht, ich habe immer ein mulmiges Gefühl gehabt bei WIRED (Werbung für IT-Unternehmenskultur vs. Journalismus zu Netzkultur) und nie so richtig verstanden, warum Bruce Sterling dort Hausautor ist. Er und seine super anregende Arbeit (ob Journalismus oder Literatur) stehen doch eindeutig nicht für Werbung für IT-Unternehmenskultur, sondern für alles, was Journalismus und Literatur zu Netzkultur so wunderbar macht.

    Daher: ich kann verstehen, warum er nicht in WIRED einen großen Beitrag über WikiLeaks veröffentlicht hat, da geht einfach etwas ganz grundsätzlich nicht zusammen.

  9. @Christoph Bieber: hat dieses “Desinteresse” vielleicht strategische Gründe in diesem Zusammenhang? Ist die Presse insgesamt vielleicht nicht so unabhängig wie sie sich gerne gibt? Ist der SPIEGEL mit seiner WikiLeaks story nicht auch eher einen extrem bequemen Weg der inhaltlichen Auswertung des Themas gegangen? Können wir dem zuständigen Redakteur Holger Stark, der das ganze betreut hat, tatsächlich Glauben schenken, wenn er sagt, dass diese Veröffentlichungswelle den Staat künftig durchlässiger und offener machen werde? (er hat dies in einem Interview mit medienradio gesagt:)
    ( http://medienradio.org/mr/mr036-der-spiegel-und-wikileaks/ ) Zweifel sind erlaubt… Holger Stark lässt eher den Eindruck entstehen, als habe SPIEGEL diese Sache genutzt, um einerseits ökonomisches, andererseits symbolisches Kapital daraus zu schlagen. Das symbolische Kapital zahlt sich nicht zuletzt im Kampf gegen die ‘Amateure aus der Blogospähre’ aus: man konnte endlich beweisen, wozu nur die Profis (klassisch ausgebildete, erfahrene Journalisten) in der Lage sind und sein werden.

    @Magdalena: ich denke, das Thema ist zu komplex, zu komplex jedenfalls, um mal kurz und schnell abhandelt zu werden, viele redaktionen dürften kein rezept haben, damit umzugehen. Man sieht es auch an der SPIEGEL berichterstattung: das erste heft zum thema hat menschen auf das cover gerückt, das zweite, vorläufig letzte heft zum thema, hat einen menschen auf das gerückt: zuerst die politiker, dann assange. so wird eine wahnsinnig komplexe angelegenheit personalisiert und auf die problematik rund um einen betreffenden menschen reduziert, wo es doch eigentlich um gesellschaften geht…

    @neuro: rop gonggrijp spricht damit wohl das eigentliche thema an: welche unternehmen ausser twitter wurden vom us-jutizministerium angegangen und haben akzeptiert, was man von ihnen fordert? don’t tell anyone we asked you… es ist ein skandal und keiner schaut hin…

    @Rainald Krome: nach 9/11 konnte man im wirtschaftsektor eine erstaunliche beobachtung machen: transnational agierende unternehmen adjustierten ihren horizont: plötzlich drehte sich alles ums nationale. das dürfte nach cablegate ein grund sein, warum bestimmte medienunternehmen plötzlich farbe zur nation bekennen. vielleicht war das im falle WIRED auch schon vorher der fall, nur jetzt wird es sichtbarer. bruce sterling spricht in seinem wie ich finde sehr ausgewogenen, differenzierten text davon, eine große nähe zu assange zu spüren — ich frage mich, wie viele der leute, die für das in einem geek-/hacker-umfeld enstandenen magazin heute arbeiten, diese nähe auch spüren.

  10. Abseits weiteren theoretischen Diskurses zum Thema, interessiert mich auch: Warum haben diese Netzaktivisten wie Bruce Sterling, diesen Norman Bates Blick? Warum erinnern sie stets an “weirdos”? Fiel nicht nur mir ausgehend von Assange auf. Wurde schon mehrfach diskutiert. Dies Foto hier finde ich auch nicht beruhigender. Eher eine psycho-soziale Frage, oder?

  11. Sehr interessanter Artikel Krystian. Ich bin auch weiterhin unschlüssig wie man zu den Veröffentlichungen stehen soll. Denn auch Wikileaks hatte bei einer seiner ersten großen Veröffentlichungen zum Afghanistan-Einsatz den Fehler gemacht, dass Personen zugeordnet werden konnten. Es bestand also die Gefahr, dass sich zum Beispiel Zeugen und Zivilisten in Afghanistan nach den Veröffentlichungen gefährdet waren. Bei neueren Veröffentlichungen hat man versucht darauf zu achten. Vielleicht will Wired Manning wirklich nur schützen. Denn es ist ja weiterhin ein Unterschied, ob wir Transparenz über die Machenschaften von Staaten bekommen oder Informationen über Privatpersonen. Ich würde hier dem Wired-Magazine einfach vertrauen, dass sie das richtige veröffentlicht haben. Obwohl ich es auch gut finde, dass es eine Diskussion darüber gibt.

    @Magdalena: Die Frage mit der Rezeption von Wikileaks in den deutschen Medien habe ich mir schon bei der Veröffentlichungen der “Cablegates” gestellt, weil die kamen im Gegensatz zu den Afghanistan-Veröffentlichungen ja richtig gut an, obwohl sie einfach nur journalistisches Junkfood waren. Ich denke, dass das viel mit der redaktionellen Definition des “Nachrichtenwerts” zu tun hat und da kann man nun mal eine “Teflon Merkel” besser verkaufen als abstrakte Machenschaften in Kabul. Viele Redaktionen denken nämlich immer noch: was wir nicht verstehen, versteht unser Leser schon gar nicht und deswegen verkaufen wir unserem Leser lieber eine bescheuerte Geschichte über Facebook als eine gute Diskussion über Wikileaks. Wer dafür noch Beweise sucht, sollte sich einfach mal eine der 250 täglichen “PolitTalkshows” anschauen.

    @Neuro, ich freue mich schon darauf, wenn die Polizei vor meiner Tür steht und sagt: “Wir haben einen Haftbefehl gegen sie, weil sie auf Twitter @wikileaks folgen” :)

  12. @Joerg: wie Felix Stadler neulich schrieb: es ist kein schönheitswettbewerb. abgesehen davon: vielleicht interpretiert man zuviel rein in solche portraits, man weiss zuviel und kann sich zuviel denken. wir stossen hier an unsere vorstellungsgrenzen von normalität.

    @andi: die lage ist leider etwas komplexer. es geht hier nicht darum, ob und wie man vertrauliche daten öffentlich macht, und wie wikileaks und wie wired damit umgeht, sondern es geht um die zusammenhänge: wer hat die daten beschafft, wer aufbereitet, wer ist davon betroffen, was für aussagen kursieren in der öffentlichkeit auf der basis veröffentlichter und unveröffentlichter daten — die kluft, die in bezug auf letzteres entsteht, sorgt für die entscheidende spannung (im sinne von tension (nicht thrill)) in diesem fall.

    @zk: es gibt eine menge initiativen, die u.a. über die twitter-präsenzen von wikileaks- und bradley manning-unterstützern ihre öffentlichkeitsarbeit machen. ansonsten kommt das machen auch schon in diesen diskussionen zum tragen.

    @doa: danke für den hinweis, ich habe das auf meiner facebook pinnwand gepostet und zwei antworten bekommen, die kommentarlos weiterleiten möchte:

    1. And why is this not prosecuted?

    2. also found this rather disturbing information:

    http://www.mediabistro.com/fishbowlla/julianassangemustdie-com-and-lat-blogger-andrew-malcolm_b20201

  13. @Krystian: Schönheitswettbewerb? Hmmm…bestimmt nicht! Ich spreche von Augen, Gesten, Gesichtsausdrücken, das Kompendium öffentlich zugänglicher menschlicher Regungen. Und das spricht bislang Bände. Ich bedaure eben immer, wenn Klischees die Macht zu übernehmen scheinen. Das finde ich zu einfach. Fast abgeschmackt. Schlichte Dramaturgie. Wäre auch eher ein Forschungsthema für Psychologen. Finde es lustig das die inhaltliche Euphorie/Hysterie/Interesse und emotionale Aufheizung der Thematik über solch grundsätzliche Fragen hinwegsehen lässt. “Würden sie ihren gut gefüllten Kinderwagen vor der Apotheke kurz der Obhut dieser Herren anvertrauen?” Sicher nicht. Aber Teile des eigenen Gehirns sehr gerne, was?

  14. denkt mal nach: ‘the biggest leak in history’ gilt als ‘the 9/11 of diplomatic history’. wem hilft diese terminologie? wem schadet sie? vielleicht sollte man das nicht so leichtfertig reproduzieren.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.