“Die Crowd, das bist du”: Offene Kulturen in Zeiten der Sparmaßnahmen und Kürzungen


Wir leben in Zeiten der Sparmaßnahmen und Kürzungen. Kulturproduzenten setzen zusehends auf das Netz und versuchen die “Crowd” anzuzapfen. Der Sozialunternehmer und Berliner Gazette-Autor Olivier Schulbaum plädiert dafür, sich den Herausforderungen zu stellen und die Crowd nicht nur als Spendenmasse zu sehen. Denn die Crowd, das bist du.

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Hier in Spanien haben wir bis jetzt ganz gut im Schutze des Wohlfahrtsstaats gelebt. Nun laufen wir desorientiert umher auf der Suche nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten für unsere Aktivitäten.

Die Jahre der Subventionen und des Mäzenatentums haben unsere Fantasie eingeschränkt. Sie haben uns in politisch korrekte Projektagenten verwandelt, zuständig für jene Gebiete, an denen die „da oben“ eigentlich kein Interesse haben.

Die neue “Mikro-Mama”

Wir stehen also da, ohne Subventionen, ohne Mäzene und wollen an die neue „Mikro-Mama“ glauben, die, wie es aussieht, das Crowdfunding sein könnte oder vielleicht auch das Fundraising.

Nun müssen also Fundraising-Kulturen, alteingesessene Kultur-Institutionen, alternative Initiativen, freie Künstler und die verrückte Welt der Datenbanken zusammengebracht werden. Wir wollen mit höchster Effizienz erreichen, dass unsere Sympathisanten auf den Spendenbutton klicken. Die dafür wirksamste Strategie ist das Crowdfunding.

Aber Vorsicht: Man darf sich dabei nur mit der Geldsuche beschäftigen, sondern muss auch über den Sinn unserer Organisationen nachdenken. Denn ob wir wollen oder nicht, die Zeit der Umstellung ist gekommen.

Wir können die Veränderungen nicht aufhalten

Es ist eine Herausforderung, die wir nur bewältigen werden, wenn wir uns an unsere Gründung zurückerinnern, an die Zivilcourage und den Enthusiasmus, der uns antrieb.

NGOs und Vereine müssen sich neu platzieren in der zunehmend mobilisierten Zivilgesellschaft, die geprägt ist von Pragmatismus und effizientem Sozialunternehmertum. Sie müssen neue Formen suchen, um die sozialen und politischen Auswirkungen aufzufangen. Sie müssen ihre Erfahrung aufs Spiel setzen, innovativen Service leisten, lernen, partizipieren, einen Schritt nach vorne gehen oder sich je nach Gelegenheit mitten in der Aktion auflösen.

Wir können den Menschen nicht mehr wie passiven Akuteren begegnen und sie um Almosen bitten. Wir dürfen nicht weiter an ihre Verantwortung oder ihr Engagement appellieren. Heute geht es um Co-Verantwortung. Und es geht nicht so sehr um bitten, sondern um konkretes Entwickeln, es geht um das Erforschen neuer Formen des Vernetzens.

Wer ist die Crowd?

Man muss sich Zeit nehmen für diese Entwicklungen, für die Zusammenarbeit. Aber: Wir müssen Projekte auch konkretisieren, greifbar machen.

Letzen Endes geht es darum zu verstehen, dass sich unsere Art des Vernetzens, der Projektkonzeption, -entwicklung, -finanzierung und -kommunikation verändern muss und dass wir diesen Schritt der Veränderung gehen müssen.

Denn mit jedem sozialen Ziel, das wir verfolgen, wird das „wie“ immer wichtiger: Wir müssen offen sein und transparent. Die “Crowd”, die wir erreichen wollen, das bin ich, das bist du.

Anm. d. Red.: Aus dem Spanischen übersetzt von Leonie Geiger. Das Foto Boy Scout Leader stammt aus den USA National Archives, es sind keine Urheberrechtsbeschränkungen bekannt.

5 Kommentare zu ““Die Crowd, das bist du”: Offene Kulturen in Zeiten der Sparmaßnahmen und Kürzungen

  1. @kirsten: ich finde es verhält sich hier anders, da steht ja nicht “Du bist die Crowd”, sondern im Nachsatz, “das bist du” – grammatikalisch und poetisch etwas anderes, denke ich, oder?

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