Unser Jahresthema 2011: WAS BLEIBT?

Unser Zeitalter ist das Zeitalter der Flüchtigkeit: Dinge blinken kurz auf und verschwinden dann wieder. Die Berliner Gazette fragt im Jahresschwerpunkt 2011: WAS BLEIBT? Und das meint immer auch: WAS BLEIBT zu tun, um Dinge zu erhalten, die uns wichtig sind?

Die Kommunikation und damit das ganze Leben verlagern sich immer weiter “online”. Im Reich der immateriellen Güter ist potentiell alles allgegenwärtig. Alles wird schneller, kleinteiliger, beliebiger. Es heißt: “Das Internet vergisst nichts” – und trotzdem ist nichts älter als die Statusmeldung der letzten Woche. Also: WAS BLEIBT?

Ist die nächste Bibliothek von Alexandria ein 2GB-USB-Stick? Bedeutet “Gefällt mir” auch “Ich mag dich”? Müssen wir “Kontakt” und “Beziehung” neu definieren? Sollten wir uns schon auf die Herrschaft des fleischlosen Fleischs vorbereiten? Oder ist analog gar nicht tot?

Was bedeutet es, fremde Orte zu entdecken, indem wir sie besuchen, Menschen zu treffen, indem wir ihnen die Hand geben, und Sex zu haben, indem wir uns berühren? Kann das eine ohne das andere? Oder bedingen sich mittlerweile das echte Leben draußen und die Netzwelt so, dass wir es eigentlich nicht mehr voneinander unterscheiden können?

Welche Konzepte gibt es wiederum, die Netzwelt nachhaltig zu gestalten? Wie fühlt sich Gedenken unter den Bedingungen des Echtzeit-Internet an? Mit Blick auf die Medienentwicklung fragen wir auch: Was sind Inhalte (Bilder, Nachrichten, Kontroversen), Techniken (Formate) oder Geschäftsmodelle, die bleiben? Können Abkehr, Rückzug und Back-to-the-roots-Bewegungen zu Figuren der Nachhaltigkeit werden? Sind sie ein antimodernistischer Reflex – oder können sie uns helfen, in Zeiten der digitalen Beschleunigung zu bestehen?

Denkt man “WAS BLEIBT?” gesellschaftspolitisch, so drängen sich hier natürlich auch die großen normativen Fragen auf: Was sind Werte, die bleiben sollen? Was muss für den Fortschritt bewahrt werden?

Nach der dramatischen Serie von Enthüllungen durch WikiLeaks sind die Konsequenzen für die Pressefreiheit und die Offenheit des Internet noch völlig offen. Eindringlicher denn je müssen wir daher auch fragen: WAS BLEIBT in der Zukunft von den wichtigen Traditionen sowie von den jüngsten Erneuerungen der Journalismuskultur übrig?

In seiner Reduziertheit erinnert “WAS BLEIBT?“, beziehungsweise: “WAS BLEIBT (zu tun)?“ an Lenins berühmte Formel “Was tun?“. Kein Zufall. In solch kurzen Fragen, liegt ein großartiges Potential, sich offen aber fokussiert drängenden Fragen, Problemen und Phänomenen zu widmen. Und so soll auch bei unserem Jahresschwerpunkt 2011 eine ähnliche (und ähnlich kurze Frage) zum Anlass genommen werden, zu assoziieren.

Wir möchten Sie, liebe Leserin, lieber Leser, herzlich einladen, die Liste der Fragen zu erweitern oder uns Antworten zu diesem Themenkomplex zukommen zu lassen.

6 Kommentare zu “Unser Jahresthema 2011: WAS BLEIBT?

  1. “ist die naechste Bibliothek von Alexandria ein 2GB-USB-Stick?”

    Nein. Es wird eine 100 Gigabyte USB-Festplatte sein. Es kostet USD $49 und wird von der Groesse einer Kassette werden. Ich hoffe, dass(sp?) ist richtig Deutsch. Meine deutsche Sprache (?) ist nicht sehr gut…

    Warum? If each book is only 1 meg, then 2gig is only 2000 books. Too narrow – not enough – and curation would be “canon building” and could get very ugly. Arg is about 10,000 items and runs about 60 gigs. Even if half of arg could be dismissed, that’s still 5,000 items and 30 gigs, on average. Also, there is a residual cost for
    enclosure which is asymmetrical to memory capacity at small sizes.

    Example: A 100 or even a 250 gig drive costs about $40 – $60. A terabye drive can be had for less than $100, and 2 terabyte drives are selling for less than $150. 2 gig USB sticks are about $10.

    gigs – $

    2 – $10
    100 – $40
    250 – $60
    500 – $79
    1000 – $100
    2000 – $150

    It makes no sense to bother with smaller drives.

  2. Vortreffliches Thema, über das sich ausgiebig fabulieren lässt. Vor allem auch wichtig, denn diese Frage wird von der stets nur nach vorne starrenden Industrie, erst im Nachgang betrachtet werden. Wenn man sich über das Ausbleiben gewisser Umsätze wundert oder nachkartet, wen man noch wo abholen muss, im Markt. Dann gibts sicher ein schickes digitales Pendant zur “Slowfood” Bewegung…im analogen Holzkonsolenlook. Offline-Freizeit-Filtertools der Schwerst-Erreichbarkeit. Vintage und möglichst teuer erkauft.

  3. früher blieben reale spuren – heute ?
    immerhin die welt zerspellt im internetglobalen
    und spiegelt sich allüberall.

  4. Mega- oder Gigabyte hin oder her, was bleibt oder doch bleiben sollte, ist die menschliche Möglichkeit durch das Denken das Wissen zu erweitern und dem Umgang damit zu vertiefen. Dazu helfen aber z.B. nicht ungezählte sog. Facebook-Freunde, sondern Menschen, die diese Bezeichnung wirklich verdienen, also weniger das “igendwie”, weniger Ablenkung, weniger Verbrauch, weniger “Spaß” um seiner selbst willen und mehr Gespräche in welchem Medium auch immer. Und: Weniger auf der Festplatte speichern, nach dem Motto; das habe ich dann und kann es ja später lesen, als eben dieses: Lesen, sprechen und sich damit auseinander setzen, eine eigene Haltung entwickeln, auch wenn’s schwer fällt…Slowfood ist da kein so schlechter Vergleich, braucht ja nicht mit “selbstverwirklichender” Heimwerkerei verbunden zu sein. Cogito ergo sum!

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