Ich kann zu den biologisch-elementhaften Fragen von Wasser recht wenig erzaehlen. Mir geht es eher um den >Revolutionaeren Atlantik< - so wie ihn die britischen Historiker Peter Linebaugh und Markus Rediker in ihrem Buch >Die vielkoepfige Hydra – Die verborgene Geschichte des revolutionaeren Atlantiks< entwickeln - und auch um die neuen >Piraten<: um eine Globalgeschichte der Welt-Meere >von unten<, und weniger um ein Element, welches diese fuellt.
Es stellen sich hier also soziale und post/koloniale Fragen, hier geht es um commons/Allmenden und den fruehen Common-ismus, um ein schoenes Leben gemeinsam mit den vermeintlich >Wilden< in Uebersee, um die Solidaritaet des Schiffsproletariats mit den Versklavten aus Westafrika, welche rasch gemeinsam revoltierten, die Schiffe der Imperialmaechte uebernahmen und als >Piraten der Karibik< in die [Film-]Geschichte eingingen. Spannend ist nun, den zugegebenermassen raren Aussagen der >Piraten< der Jetztzeit zu lauschen, die sich selbst richtigerweise als >Kuestenwache< bezeichnen. Hierbei gehen arbeitslose Fischer - die EU und andere Fischindustrie-Staaten haben Somalias Kueste systematisch leergefischt oder mit ihren Waffenlieferungen die Region nicht gerade sicherer gemacht - mit Soeldnern des >failed state< Somalia sowie den international sprachgewandten Auslands-Studierten [sie sind die Vermittler am Satelittentelefon] eine inzwischen recht schmutzige Koalition mit Geldwaeschern und Waffenhaendlern ein. Wo alle Welt sich die Fische klaut und der somalische Staat sich wegen langanhaltender Nicht-Existenz auch nicht erwehren kann, greifen die jungen Maenner zu Waffen und Fischerbooten, kaufen sich auf dem freien Elektronikmarkt Navigationstchnologie und erpressen sich so ihren Anteil am >guten Leben<. Die Auseinandersetzung mit dem Ozean als Raum der sozialen Veraenderung oder gar Revolution findet sich auch in der Kunst. Der US-amerikanische Fotokuenstler Allan Sekula zum Beispiel hat in seinem legendaeren Projekt >Fish Story< die Weltmeere als Rennbahnen der Globalisierung erkundet, auch gegen die Saga von der Virtualisierung: Auf und an den Meeren, auf den Containerfrachtern und in den industrialisierten Hafenstaedten sind die Konfliktlinien des Kapitalismus konkret zu greifen. Sekula selbst schickt in einem seiner klugen Texte den wuppertaler Industriellensohn Engels auf den Weg, wie dieser auf der Themse die Industrialisierung des britischen Imperiums sieht, sie aber anfangs wohl noch gar nicht erkannt hatte. Erst sein Weg durch die Slums der Hafenstaedte oeffnet ihm die Augen auch fuer die >Water-Front<. Im irren Videofilm >Hoelle Hamburg< von Peter Ott, Ted Gaier und vielen Antirassismus- und Stadt-AktivistInnen aus Hamburg wird die kommunistische Organisation der Hafenarbeiter-Internationalen der 1920er und 30er Jahre mit der Ausbeutung ausgeflaggter Schiffsbesatzungen in der aktuellen Hafen-City quergelesen. Eine maritime Hauptrolle spielt dabei Dschingis Bowakow, den manche vielleicht noch als Jungdarsteller in Hark Bohms Spielfilm >Nordsee ist Mordsee< kennen. Zu damals tollem Udo-Lindenberg-Sound - ich habe das als Teenager gesehen, und jetzt gibt es endlich die DVD - sucht er die Freiheit vom Rassismus und dem Muff der Arbeitersiedlung Wilhelmsburg [heute soll dank der IBA Hamburg und ihrem >Sprung ueber die Elbe< das Viertel aufgehuebscht werden] auf einem Segelboot die Elbe hinab. [Anm. d. Red.: Der Verfasser des Textes ist Kurator und am 04.12. zu Gast im Roten Salon der Volksbuehne um ueber das Thema Hohe See: Kuestenwache der Karibik zu diskutieren.]
Hola!!Becker
Ich habe eine Frage an sie. Dokumentieren Sie auch in kuba ?
Hallo Alfonso Mederos,
in der Veranstaltung und in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung hierzu habe ich Kuba nicht genannt.
Beste Grüße!
jochen