Fliegende Fische

Erstmal ein paar spontane Assoziationen zu Wasser: Aus dem Wasser kommt alles Leben [Koran]. Alles ist Wasser. Man verdurstet, bevor man verhungert. Viele Krankheiten beruhen ganz allein auf der fehlenden Fluessigkeitsaufnahme. Meine spontane Reaktion darauf? Erstaunen – ich hatte lange nicht darueber nachgedacht – ist das nicht beaengstigend, dass wir so abhaengig von Wasser sind? Wir Menschen? Aus dem Wasser kommt alles Leben, aber wir sind nichts ohne Wasser. Eine schoene Abhaengigkeit – solange es genug Wasser gibt.

Ich bin nicht wasserscheu. Im Gegenteil. Als Kind war ich sehr viel im Wasser, es war mein Element, ich fuehlte Wasser, ich glitt durch es hindurch, ich liess mich davon streicheln, ich war ein halber Delfin. Wenn ich nicht irgendwann so blaue Lippen davon bekommen haette und faltige Fingerspitzen. Meine Mutter war Schwimmlehrerin und hat mir das Schwimmen beigebracht. Zu ihrem Leidwesen wurde ich nie eine Leistungsschwimmerin – so wie sie. Ich habe bei Leistung immer blockiert. Leistung gibt es nur mit Liebe gepaart und freiwillig. Fand ich wohl.

Spaeter lernte ich mal eine Frau kennen, eine Art Freundin, die konnte mit 20 Jahren nicht schwimmen. Hatte es nicht gelernt. Das konnte ich ueberhaupt nicht fassen! Ob man an Sternzeichen glaubt, oder nicht: Mein Sternzeichen ist ein Wasserzeichen. Vielleicht daher meine fruehere Affinitaet zu Wasser. Jetzt habe ich die Spielfreude verloren – gehe nur schwimmen, um mich abzukuehlen. Seit dem Tsunami habe ich einen Hoellenrespekt vor dem Meer. Obwohl ich schon vorher oft von einer Flutwelle getraeumt habe. Ein Allesverschlingende, die auf mich zurollt. Komischerweise bin ich nie in so einem Traum gestorben.

Es gibt ein Kinderfoto von mir und meinem Bruder, wir passten beide genau nebeneinander in die Badewanne. Im Sommer, mit Pflaster auf den schmutzigen Knien. Ein lustiges Foto. Ich habe nur einmal die Kontrolle verloren im Meer. Ich schwamm, ich war ungefaehr neun, und gelangte in so ein tiefes Wasserloch, wo eine kleine Ministroemung herrschte, ich paddelte mit den Armen und kam nicht vorwaerts. Ich fing richtig an zu kaempfen – kein schoenes Gefuehl! Frueher bin ich in der Schwimmhalle immer so tief getaucht, bis ich ein Knacken hoerte im Ohr – so was mach ich jetzt nicht mehr. Normal vielleicht, aber auch schade.

Wie geht’s weiter mit dem Wasser? Ja, Schutz. Ich habe nur ein Regencape – aber da werden trotzdem die Oberschenkel nass. Ich wollte mir schon immer eine Regenhose zulegen. Aber ich fahre eher im Regen nicht Fahrrad. So sieht’s naemlich aus: Im Sommer finde ich es nicht schlimm, im Regen nass zu werden. Es kann schoen sein. Wasser und Bewegung: Wasserballett tanzen ist super. Die Schwerkraft ist weg – die Glieder weich und geschmeidig. Ich beobachte gern die Brandung, ich rieche gern die Gischt und salzige Meerluft. Ich mag doch gern Wasser in Bewegung. Monoton, aber nie gleich. Eine Fontaene, Wellen, Regen in der Nacht.

Wasser zu Hause: Aquarien haben mich nie so richtig interessiert. Ich kann mich an die Seekuh erinnern im Tierpark Berlin. Sie hat einen Bauchnabel. Ich finde Haustiere, die man nicht anfassen kann und die stumm sind, nicht so attraktiv. Neulich war ich im Restaurant, in dem ein Aquarium stand. Die Fische darin waren schoen und faszinierend. Es war auch meditativ, sie zu beobachten. Aber trotzdem: Sie schwimmen im Quadrat.

Niemals wuerde ich ein Aquarium haben wollen. Vielleicht wuerde ich vergessen die Fische zu fuettern, weil sie so stumm sind? Meine Profession ist Bewegung – und ich fuehle, dass die Bewegung der Fische begrenzt ist. Sie sind im Gefaengnis. Ich weiss, es sind nur Tiere. Ich bin da auch egoistisch, es geht dabei um MEIN Gefuehl. Ich bekomme ein Gefuehl der Beklemmung. Platzangst. Sie koennen ja nicht herausfliegen wie Voegel – und wieder kommen.

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