Ein Modell, das seit zwanzig Jahren an mir haengengeblieben ist, ist das des Fanzine-Herausgebers, etwas, das ich schon als Teenager getan habe. Zur selben Zeit habe ich auch zum ersten Mal Musik geschrieben und Platten aufgenommen und vertrieben. Ein vorrangiges Thema meiner Arbeit ist die taegliche Praxis des Herstellens, eine Praxis, die auch Alltagsaktivitaeten beinhaltet, wie Korrespondenzen und persoenliche Beziehungen mit Freunden an geographisch weit verstreuten Orten aufrechtzuerhalten. Es klingt vielleicht seltsam, aber ich freue mich heute genauso, mein Postfach zu oeffnen wie ich es getan habe, als ich 16 Jahre alt war und meine Welt durch die Korrespondenz mit Punks aus der Schweiz und Arizona aus den Angeln gehoben wurde.
Wann immer ich mir Ausgaben meines alten Fanzine >Hit The Trail< ansehe, bin ich betroffen von den Vermeidungsstrategien. Ich war ein Klugscheisser, ebenso wie all meine Freunde. Wir waren voellig besessen von Musik und dennoch waren wir zu cool, uns etwa dabei erwischen zu lassen, unumwunden Leidenschaft auszudruecken. >Hit The Trail< brachte Artikel ueber hypnotisierende Tiere, unmoegliche Breakdance-Schritte, ein Interview mit einem israelischen Austauschschueler, Besprechungen von Bowlingbahnen und so weiter und so weiter. Es war auch physisch klein. Taschengroesse. Fuer eine Ausagbe habe ich auch Bo Deddley interviewt. Und was finde ich thematisch immer noch dort? Die Vermeidung dessen, was man am meisten liebt. Ausfluechte und Umwege.
Ich werde bedraengt, groessere Themen wie Jugend, Generation, Interdiziplinaritaet oder Kuenstlerkritik zu besetzen und zu bearbeiten. Ich haette zu jedem dieser Themen etwas zu sagen, bestimmt, aber der soziale Massstab des eins zu eins [und gleichzeitig Platten zu produzieren, Konzerte zu geben, Artikel zu veroeffentlichen] erscheint mir immer noch als die staerkste Motivation, etwas zu schaffen. Das Motiv der eins zu eins Interaktion scheint sich fuer mich nur vertieft zu haben, nun, da ich lediglich die Mailbox im Haus meiner Eltern in Kentucky bedienen muss, um Zugriff auf eine andere Welt zu bekommen, als die, in die ich geboren wurde. Dieses Motiv ist fuer mich interessanter geworden, je weiter ich in das Buch hineingerate, an dem ich gerade arbeite. Es geht darum, die Geschichte der musikalischen Avantgarden der sechziger Jahre anhand ihrer Tonaufnahmen nachzuzeichnen. Die Bedeutung eines bespielten Musikobjektes sowohl als ein Massenprodukt als auch als ein offener Brief an einzelne Individuen [oder als eine als solcher empfundene Botschaft, einschliesslich des Vergnuegens von verhaeltnismaessiger Isolation] treibt mich heute nicht nur, Platten aufzunehmen, sondern auch, ueber sie zu schreiben.
Mein Buch soll die Bedeutung der in den 1960ern ueblichen Einstellung zu Tonaufnahmen herausarbeiten. Das ist etwas, das meine Generation von Leuten unterscheidet, die zwanzig Jahre frueher geboren sind. Mich interessiert die Idee, dass von neuen Genres der 1960er Avantgarden behauptet wurde, sie seien nicht adaequat in Form einer Aufnahme wiederzugeben. Das Buch wird meine Einfuehrung, nun, sagen wir, meine Einfuehrung in die Welt sein, die das Medium der Tonaufnahme entstehen laesst. Und es sind so viele archivierte Aufnahmen der 1960er Avantgarden verfuegbar geworden im letzten Jahrzehnt. Die methodologische Kernfrage des Buches ist: Wie schreibt man die Geschichte einer Periode anhand von Artefakten, die zu ihrer Zeit nur wenig im Umlauf waren?
Die Do-it-yourself-Methoden meiner Arbeit sind bedingt durch den Wunsch nach einem Maximum an Beweglichkeit, Anpassungsfaehigkeit [z.B. indem ich mit unterschiedlichen Zusammenstellungen von Musiker arbeite] und der Moeglichkeit von staendiger Ueberarbeitung und Umfassung. Ich hatte nie den Drang, irgendein affektiertes, gekuensteltes, hochtrabendes Ding zu machen, das nur unter idealen Bedingungen funktionieren koennte. Ich nehme an, ich denke von diesen Do-it-yourself-Methoden als etwas nicht amerikanischem, insofern ich Spektakel und das Zurschaustellen von Besitz oder von teuren Produktionen als Teil der Arbeit vermeide. Der Faktor Zeit ist auf meiner Seite. Das heisst, der wohl subversivste und befriedigendste Bestandteil meiner Taetigkeit besteht im Gefuehl, die Mittel zu haben, mit meiner Arbeit in dieser Weise des kleinen Massstabs so lange fortfahren zu koennen, wie ich es mir nur wuenschen kann. Ich habe mir immer eingebildet, dass meine Arbeit politisch ist, indem sie ein Werk schafft, welches parallel zur, aber dennoch klar getrennt von der kommerziellen Unternehmenskultur der USA funktioniert.
Warum fangen wir nicht beim Rassismus an? Einer der bislang interessantesten Themen beim Rennen um die US-amerikanische Praesidentschaft 2008 ist, was bislang ueber Vorurteile, Rasse, Geschlecht und Religion gesagt wurde. Es gab eine Reihe von Umfragen zum Thema Waehlbarkeit und ueberraschenderweise erreicht Barack Obama kontinuierlich prozentual die niedrigste Quote von Befragten, die angeben, ihn unter keinen Umstaenden waehlen zu koennen. [Vor einem Jahr, haette ich niemals damit gerechnet, so eine Umfrage zu sehen. Aber natuerlich koennen die Leute auch luegen, wenn sie behaupten, dass seine Rassenzugehoerigkeit sie nicht davon abhalten wuerde, ihn zu waehlen.]
Am anderen Ende des Spektrums, mit der hoechsten Quote von Menschen, die sagen, sie koennten unter keinen Umstaenden fuer diese Person stimmen, befindet sich Mitt Romney. Der Grund dafuer ist zweifelsohne, dass er Mormone ist. Faszinierend! Konservative Christen erklaeren massenhaft, sie wuerden nicht fuer eine konservative Glaubensperson stimmen, die einer anderen Religion angehoert. Dies bedeutet, dass in der politischen Kultur Amerikas die Religionszugehoerigkeit bedeutsamer ist als die Rassenzugehoerigkeit. Es heisst auch, dass viele Menschen ihren Rassismus zugunsten von Intoleranz gegenueber anderen Religionen beiseite legen koennen. Manches an diesem Land hoert nie auf mich zu verblueffen.