Foto von Andi Weiland (by-nc-sa)
Jedem Modul des „Labors für DIY-Bildung” lag ein Versuchsaufbau zu Grunde. Bei „Experimentierfeld Schule” sah er so aus: einer, der „seit 1000 Jahren Lehrer” ist (Michael Markovicz) und eine, die seit 10 Jahren künstlerisch-praktisch an der Idee der Freien Schule arbeitet (Susanne Stövhase) – sie gaben den Impuls. Ihre Leitfrage: Wie können die knöchernen Strukturen der Bildungsinstitutionen überwunden werden? Die TeilnehmerInnen haben auf dieser Basis in 60 Minuten eigene Projekte entwickelt. Unser Gastredakteur Andi Weiland war der Moderator. Hier seine Eindrücke.
Michael Markovicz überraschte wohl einige Teilnehmer damit, dass er nicht der klassische Lehrer einer Neuköllner Hauptschule ist, wie wir ihn aus den Massenmedien kennen (Stichwort: “Dompteur im Ghetto”). In der Röntgenschule versucht er die klassische schulische Bildungsarbeit mit Projekten zu ergänzen, die die Schüler außerhalb des Lehrplans fordern und auch den Bezirk einbeziehen. Beispielsweise initiierte Markovicz gemeinsam mit der Polizei einen Umzugswagen beim Karneval der Kulturen. Eine Idee dahinter: „Viele unserer Schüler haben eine Polizeiakte und es ist daher wichtig, dass sie Polizisten auch anders kennenlernen.“
Authentische Erfahrungen als Lernstoff
Ein aktuelles Projekt ist die Theater-Handy-Doku-Fiction-Show „Her mit dem schönen Leben!“. Hier gehen SchülerInnen der Frage nach, was für sie ein schönes Leben ist. „Am Anfang antworten viele noch mit ‚Geld‘, aber wenn sie sich intensiver damit beschäftigen, werden auch die Antworten tiefgründiger.“ meint Markovicz. Die Ergebnisse dieses Projekts sind derzeit im Patenschaftsraum des Kunstraum Kreuzberg/Bethanien zu sehen.
Foto von Michael Markovicz (by-nc-sa)
Die Künstlerin Susanne Stövhase setzt an einer vergleichbaren Stelle an. Sie kann mit den klassischen Schulmodellen nicht viel anfangen. „Sie passen nicht mehr in die neuen Zeiten“, erklärte sie den TeilnehmerInnen. Aber es ist auch sehr schwer klassische Schulmodelle zu verändern. Daher entschied sie sich gemeinsam mit anderen Eltern eine Freie Schule in Berlin zu gründen. Hier gibt es keine Fächer mehr. Es geht um Themen. Die Bildungsarbeit hat Projektcharakter. So sollte eine achte Klasse das Thema Asien behandeln. Da es für dieses Thema nur unzureichend Unterrichtsmateriealien gab, bekamen die SchülerInnen den Auftrag sich selbst ein Thema aus Asien zu suchen und dieses zu bearbeiten.
Foto von Susanne Stövhase (by-nc-sa)
Als erster Schritt wurden dafür Asiaten in der Schulumgebung für Interviews gewonnen und dann ein Thema gesucht. Die Projekte die sich die Schüler dann aussuchten, waren mehr als unterschiedlich: von Beschreibung der chinesischen Vegetation mit chinesischen Schriftzeichen, über die Erklärung des roten Punktes (Bindi) bei Indern bis hin zu Massakern in China. Das letzte Thema wurde beispielsweise durch eine Demonstration vor der chinesischen Botschaft gefunden und von den Schülern sehr intensiv abgearbeitet.
Auf neue Weise Wissen erzeugen
Die Bildungsarbeit von Michael Markovicz und Susanne Stövhase zeigt: Die Projektarbeit als Ergänzung zum klassischen Unterricht ist eine wichtige Neuerung für das selbstbestimmte Lernen der SchülerInnen. Durch die individuelle Entfaltung der SchülerInnen können manche Themenkomplexe (besonders im gesellschaftlichen Rahmen) besser vermittelt werden. Mehr noch: Im Zuge einer thematischen Auseinandersetzung kann auf neue Weise Wissen erzeugt werden. Auf der anderen Seite haben aber die Schulen aber auch Grenzen, besonders was den finanziellen und zeitlichen Rahmen angeht. An dieser Grenzen arbeiten sich die engagierten Projektemacher und Pädagogen ab.
Auf der Basis der Impulse von Michael Markovicz und Susanne Stövhase bekamen die TeilnehmerInnen des Labors für DIY-Bildung einen Auftrag: innerhalb einer Stunde sollten in vier Kleingruppen selbst „fächerübergreifende Projekte“ entwickelt werden, die innerhalb oder außerhalb der klassischen Bildungsinstitutionen durchgeführt werden können. Wichtig war es bei der Aufgabe ein „Thema“ zu finden, das nicht nur ein hohes Identifikationspotenzial hat, sondern auch einen relevanten gesellschaftlichen Inhalt vermitteln kann. Das Foto oben zeigt TeilnehmerInnen bei der Präsentation ihrer ad hoc entwickelten Projektideen. Das folgende Video fasst die Präsentationen zusammen.
Sehr spannende Sache: Die beiden Lehrer, die hier vorgestellt werden. sind vermutlich ausnahmeerscheinungen, oder? Und noch eine andere Frage: Die Projekte, die von den Teilnehmern entwickelt wurden, hatten die nur Planspiel-Charakter oder werden die jetzt auch konkret umgesetzt?
hm, ich finde das alles ein bisschen schön geredet – die probleme des bildunssystems lassen sich mit ein paar gut gemeinten projekten nicht wiklrlich loesen, oder? inwiefern stellen die projekte der beiden engagierten lehrer das knöcherne system schule denn wirklich in frage? ich meine: eine freie schule zu gründen ist schön, aber ist es nicht auch eine flucht vor der realität und in der hauptschule/sekundarschule medienprojekte durchführen wird auch schon seit einiger zeit gemacht, ich frage mich, werden dadürch strukturen wirklich überwunden?
@#3: na ja, schönreden ist ein bisschen dick aufgetragen, so kann man es doch auch nicht sehen, wenn sich hier leute engagieren, und irgendwo muss man doch anfangen, irgendwo in den strukturen, und wer sagt schon, dass man sie von heute auf morgen auf den kopf stellen kann, davon spricht doch niemand, auch ich nicht, ich erlebe das täglich in der schule, das ist doch was anderes, es geht doch darum, das menschen auswege suchen, und da ist dann auch ein momentchen überwindung drin, wenn man projekte macht, die auch den schülerinnen über den alltag nach programm aufzeigen, was man noch so zusammen anstellen kann, wie lernen auch geht. sorry, aber da muss man einfach optimist sein diesem gewerbe, sonst geht man/frau ein..
@2 Ja man könnte schon meinen, dass Susanne Stövhase und Michael Markovicz jetzt nicht die klassischen Vertreter eines Bildungbetriebs sind, wie wir sie kennen, aber sie sind nicht die einzigen. Besonders Markovicz muss auch die Lehrer an seiner Schule hinter die Projekte bringen, damit die funktionieren und besonders auch die Schüler. Er meint auch, dass das einen Großteil seiner Arbeit ausmacht.
@#3 und #4, Als ich den Artikel fertig geschrieben hatte, dachte ich auch kurz: “ist das nun alles zu schöngeredet?” aber ich habe mir dann die Frage verneint, weil ich die beiden und ihre Arbeit kennengelernt habe und es einfach auch wichtig finde, dass man mal auf gute/alternative Projekte um Schulbetrieb hinweist und alles was in dem Artikel steht ist real und wurde nicht geschönt. Mit der ganzen Session “Experementierfeld Schule” wollten wir den Teilnehmern auch zeigen, dass es Möglichkeiten gibt im klassischen Schulbetrieb etwas zu verändern, aber dass das natürlich viel Arbeit bedeutet; entweder die Überzeugungsarbeit von Markovicz oder auch die Gründung einer neuen Schule, wie es Stövhase gemacht hat.
Ich würde gerne wissen, ob es nicht auch noch andere Schulprojekte gibt, die nicht im klassischen Bildungsplan angesiedelt sind?
ich finds prima!!! denke das unabhangiges und selbstimmtes lernen möglich ist,jedoch in einer stadt wie berlin der kulturellen vielschichtigkeit eine sache des gesellchaftsstandes ist und nur den wenigen zugesprochen wird.
für selbstbestimmtes lernen musste mann erst kulturelle geselschaftlich geprägte vorgefertigte muster wie relegiose prägung zwangsheirat und ähnliche mitgebrachten struckturen aufweissen können und menschen kinder und jugendlichen die möglichkeit mit dem wissen der Dokmen ausserhalb dieser sich bewegen zu können. unabhängig mit ihrem wissen und ihrer erfahrungen sich zu entwickeln nach eigenem wunsch. wer kann das. ????stecken alle mitten drin und der erste schritt scheint der anfang zu sein aber ihn zu gehen heist ohne seil und doppelten boden in unsere Geselschaft fast undenkbar aber nicht unmöglich uns allen viel glück dabei!!! aloa aus der mitte des herzens