Foto von Krystian Woznicki (by-nc-sa)
Das „Labor für DIY-Bildung” begann mit dem Modul „Körpererfahrungen”. In einer Gruppe von 20 Menschen, die einander nicht näher kennen, gibt die Choreographin und Berliner Gazette-Autorin Heike Hennig Anweisungen: „Geht rückwärts, macht die Augen zu, jetzt verschließt eure Ohren.” Eine Stunde lang lassen sich die TeilnehmerInnen auf das kollektive Body Mind Centering ein. Heike Hennig erörtert ihren Ansatz.
In meiner Arbeit als Choreographin arbeite ich neben dem Einsatz verschiedener Tanztechniken viel mit inneren Bildern, Erinnerungen, die im Körper gespeichert sind. Das innere Selbst und seine Bewegung wird aktiviert und erzeugt die äußere Bewegung. In der Tanzoper „Rituale“ befragte ich beispielsweise die beteiligten KünstlerInnen nach ihren eigenen persönlichen Ritualen und band diese in das Stück ein. Diese Rituale wiederum beruhten stark auf Kindheitsprägungen und hatten einen sehr physischen Bezug. Die Choreographie arbeitete viel mit der Präsenz der Körper, auch Sänger und MusikerInnen waren in einige Szenen eingebunden, wie beispielsweise in einer Prozession oder sitzend an einem Lagerfeuer.
Was ist Body Mind Centering (BMC)?
In den Proben hatten wir neben einem handfesten Training auch Körperarbeit, also Body Mind Centering (BMC) praktiziert. Diese bewegungsorientierte Bewusstseinstechnik unterstützt den Prozess der Öffnung und Präsenz des Körpers in besonderer Weise. BMC hat zwei Hauptrichtungen: einerseits die Untersuchung von Bewegungsentwicklung beziehungsweise Bewegungsmustern, andererseits das Studium verschiedener Körpersysteme wie Knochen, Muskeln, Nerven etc. Es ist ein erfahrungsbetontes Studium, das auf anatomischen, physiologischen, psychologischen und entwicklungsgeschichtlichen Prinzipien basiert. Die Arbeit damit ist erfrischend, lustvoll und spielerisch und schafft in Gruppen großes Vertrauen, zum eigenen Körper, aber auch zu den anderen.
Foto von Krystian Woznicki (by-nc-sa)
Man bekommt ein körperliches Feedback, das man in unserer Gesellschaft sonst nur in einer Partnerschaft erfährt. Menschen, die sich nicht kennen, berühren sich, führen sich blind, tasten Muskeln ab, spüren dem Skelett nach, erwecken Nerven und Sinne. Sie tragen sich, lassen sich fallen, rollen übereinander. Viele der TeilnehmerInnen staunten. Das so etwas möglich ist. Dass man Unbekannte so nah heran kommen lassen kann. Ja man kann. Tut sogar sehr gut. Kopfschmerzbefreit und aufrecht verließen viele das Warm-Up-Modul von Knips das Licht selbst an! mit leuchtenden Augen und roten Wangen.
Anm.d.Red.: Der Text ist ein modifizierter Auszug aus Heike Hennigs Beitrag zum Sammelband Modell Autodidakt.
Das klingt super spannend! Und gesellschaftlich wichtig: wenn es tatsächlich gelingt Vetrauen zwischen fremnden Menschen aufzubauen – kaum vorstelbar in dem Kontext einer Großstadt-Anonimität. Ich bin neugierig!
Auf jeden Fall war das BMC eine sehr interessante Erfahrung.
“Geht rückwärts, macht die Augen zu, jetzt verschließt Eure Ohren.”
hört sich nach Anleitung “Wie werde ich Durchschnitts-Konsum-Lemming”, sprich Durchschnittsstaatsbürger, an…
@Bunter Hund, nur dass es gerade da nicht ist: es geht eher darum sich selbst und dadurch auch seine Umfeld intensiver zu erfahren. Also genau das Gegenteil.
Einfach einen Satz zu nehmen und daraus eine Schlussfolgerung ziehen…hm irgendwie hört sich das für mich fast nach einem “Durchschnittsbürger” an.