Ich bin seit etwa acht bis zehn Jahren im Web aktiv, habe einzelne Moeglichkeiten zur Online-Veroeffentlichung, aber auch Portale von Kulturservern wie nrw-literatur-im-netz.de zur Selbstdarstellung genutzt. Seit September 2004 betreibe ich eine eigene Website, crauss.de, die ich selbstaendig und in Heimarbeit aktualisiere. Da ich kaum Programmierkenntnisse habe, bedeutet dies stetige Bastelarbeit. Demzufolge ist die Website zwar einfach strukturiert, andererseits jedoch nicht ueberfrachtet mit Popups und unnoetigem Schnickschnack.
Ich habe laengere Zeit gezoegert, eine Personalpraesenz einzurichten, da es im Netz damals ohnehin eine Menge von und ueber Crauss zu lesen und zu sehen gab. Allerdings hat eine Homepage den Vorteil, das Wichtigste zu buendeln und schneller neu zu sein. Darueber hinaus kann ich Hoerbeispiele oder Nebenprojekte besser praesentieren, als es mit Hilfe von Textportalen moeglich waere. Ich denke etwa an meine Taetigkeit als Museumstaenzer, tagebuchartige Eintraege, die man sonst nirgendwo unterbringt etc. Mein Texteditor teilt mir uebrigens gerade mit, dass ich Ihre Fragen auf Afrikaans beantworte; ich bitte um Verzeihung dafuer.
Apropos: Statistiken und Abrufzahlen sind nicht so mein Ding. Zum Glueck sagen die Hitlists, wenn ich hin und wieder nachschaue, dass www.crauss.de sehr regelmaessig und heute fuenfmal haeufiger als 2004 besucht wird, z.B. auch von Nutzern aus Suedafrika. Die meisten Interessierten kommen aber aus dem deutschsprachigen Raum; von denen weiss ich, dass sie, was meinen Terminkalender angeht, manchmal besser auf dem Laufenden sind als ich selbst. Beruhigend: die meisten schauen nicht nur Craussbilder an, sondern lesen auch die Texte.
Ich halte Gedichte, zumindest normalkurze Gedichte durchaus fuer eine geeignete Netztextform. Kurz- und Kuerzestprosa laesst sich womoeglich noch besser als Lyrik fuer Hypertextmethoden verwenden, weil sie nicht so sehr an der Form klebt wie Lyrik, sich ueber die Bildschirmseite verteilen und andere Spaesse mit sich machen laesst. Die Schwierigkeit beim Online-publishing liegt weniger in der Schnelligkeit des Mediums [wenn man einmal absieht von der Schludrigkeit, mit der einiges vorschnell ins Netz gegeben wird], sondern eher im kaum handhabbaren Copyright.
Laengere Texte werden im Gegensatz zu Gedichten wohl eher selten komplett kopiert und woanders gepostet. Ich habe einmal eines meiner Poeme in einem Spieleforum wiedergefunden, ein Kollege fand sein Gedicht auf einer Website, die unter dem Text ihr eigenes Copyright vermerkt hatte, aber nicht das des Autors.
Man kann dann eine boese Mail schreiben, man kann sich aber auch freuen, dass die Leute sich fuer Literatur interessieren. Allgemein habe ich wenig Angst vor Textklau und befuerworte im Uebrigen die Creative Commons fuer einen produktiven Umgang mit Kunst im Netz.
Meine Erfahrung zeigt, dass ich mit der Zugehoerigkeit zu einem Forum wie dem der 13 persoenlich zwar von Interessierten und Veranstaltern besser wahrgenommen werde, aber nicht automatisch auch die Vernetzung der Autoren untereinander steigt. Vieles in der kuenstlerischen Auseinandersetzung, auch das Eingehen von Primaerliteraturen auf andere Texte bleibt an der Oberflaeche. Das hat sicher verschiedene Ursachen, etwa in der Groesse der Gruppe und ueberhaupt der Moeglichkeit, quasi im Vorbeiklicken Hallo zu sagen, ohne auf anstehende Themen reagieren zu muessen. Saemtliche der derzeit 13 + 5 Mitglieder verfolgen im, ums und mit dem Forum andere Absichten. Der eine will bloss aktuelle Arbeiten herzeigen, ein anderer postet Unfertiges und fragt nach Anregung, ein dritter und vierter streben eher kulturpolitische Diskussionen an.
Im Moment, das heisst Ende 2008, fehlt der Plattform jemand wie Sabine Scho, die vor einem halben Jahr ausgestiegen ist und deren Ausbrueche mich oft geaergert haben. Nicht alles, was sie im Forum geaeussert hat, war korrekt, manches unter der Guertellinie. Vieles von dem jedoch eine Aufforderung an die Autoren, sich zu engagieren: fuer bestimmte allgemeine Ziele, vor allem aber fuer die eigene Poetik, fuers literarische Selbstverstaendnis.
Mir ist wegen der Heterogenitaet der Gruppe in den fuenf Jahren, in denen ich jetzt dabei [und damit einer der ‘aeltesten’ Foranten] bin, die persoenliche Begegnung mit den Kollegen wichtig geblieben, vielleicht sogar immer wichtiger geworden. Ein Treffen staerkt nicht nur den Zusammenhalt der Gruppe, sondern hilft unter Umstaenden auch dem Textverstaendnis, indem man hoert, wie jemand spricht und betont, wie jemand >seine Oden lebt<, um Friedrich Ake zu zitieren. Mein Leben als Autor hat das Forum der 13 nicht unbedingt erleichtert, mit Sicherheit aber bereichert. Meine wichtigste Inspirationsquelle im Netz hingegen sind nicht Text-, sondern Musikseiten. Im wirklichen Leben ist das ein bisschen ausgeglichener, da lasse ich mich gern von Musik begeistern, stoebere stundenlang in Plattenlaeden - aber eben auch in Antiquariaten, lese Literatur- und Kulturzeitschriften. Selbstverstaendlich beobachte ich das Feuilleton des Poetenladens oder das von www.lyrikkritik.de, recherchiere in Onlinearchiven etc. Fuer meine Dichtung >sind mir zu viele Gebaeude< im Netz, wie mein Vater sagen wuerde. Das reimt eben nicht so wie sich Menschen aufeinander reimen.