Ich war an vielen Ecken dieser Welt und ueberall fand ich Menschen, die toll sind und in deren Gemeinschaften frau leben kann, insofern bin ich Kosmopolitin. Und da ist es gut, dass ich sagen kann, ich komme aus Berlin, denn da bleibt es schoen offen, woher genau frau kommt.
Von der Ausbildung her bin ich Wirtschaftswissenschaftlerin, eine, die sich insbesondere fuer die Wechselwirkungen des Sozialen und des Politischen mit der Wirtschaft interessiert, denn Wirtschaft ist kein Selbstzweck, obwohl dies gerade heute alle Leute fest zu glauben scheinen. Wirtschaftliche Argumente stehen fuer sich selbst, als seien sie eherne, in Stein gehauene Wahrheiten, die ueber allem stehen.
An der Modebranche lassen sich die eben erwaehnten Wechselwirkungen zwischen dem Politischen, dem Sozialen und dem Oekonomischen exemplarisch studieren. Konkret gesagt heisst das: Globale polit-oekonomische Zusammenhaenge des Geschaefts mit der Mode. Das Strickmuster dieser Branche ist sehr erhellend hinsichtlich globaler Abhaengigkeiten, Machtungleichgewichten und Interessengefaellen. Und dabei geraten Umwelt und Naeherin unter die Raeder. Hier gilt sozusagen: >Den Letzten beissen die Hunde<. Auf ihre Kosten wird das grosse Modegeschaeft gemacht: Nicht Adidas sponsort irgendwelche Fussballer, sondern die angeblich von Geburt an flinken Haende der Naeherinnen, die fuer Adidas-salomon naehen oder Turnschuhe zusammenkleben. Die Hauptrolle auf der Produktionsseite spielen Frauen. Konservativen Schaetzung nach stellen sie ca. 80% der Beschaeftigten. Und dass es >nur< Frauen sind, ist auch dafuer ausschlaggebend, dass dort so schlechte Bedingungen herrschen. Frauen sind eben nur >Zuverdienerinnen<, keine >vollwertigen Arbeiter<, nicht die Kernklientel der Gewerkschaften. Frauen werden als billig und willig angesehen und Naeherinnen sind scheinbar die letzten, die daran etwas aendern koennten. Und doch mucken einige auf! Trotz Akkordstress und monotonem Naehen bis zum Umfallen, trotz staendiger Einschuechterung, ueberwachter Toilettenpausen, etc. pp. Neben der messerscharfen oekonomischen Analyse kommt es mir darauf an, dass hier eine Globalisierung von unten moeglich ist: Die Naeherin solidarisiert sich mit der Verbraucherin, wo gibt es das sonst? Beide haben ploetzlich gemeinsame Interessen: Sie wollen Klamotten, die unter menschenwuerdigen Bedingungen hergestellt werden. Und sie erreichen etwas damit und sie tun das auf ihre ganz bestimmte weibliche Art und Weise. Vor allem: Sie bleiben hartnaeckig bei dieser Sache. Sie wollen nicht nur Diskurs, sondern Aktion. Die Kritik an Modekonzernen und den Arbeitsbedingungen in der Modeindustrie wurde von Solidaritaetsgruppen in Holland und Grossbritannien im Jahre 1988 und 1989 angestossen. Das ging davon aus, dass ein philippinischer Subzulieferer von C&A seinen Naeherinnen nicht mal den [laecherlich hohen] gesetzlichen Mindestlohn zahlen wollte. Sie streikten und wurden ausgeschlossen und wandten sich in ihrer Not an besagte Soligruppen, die dann C&A oeffentlich unter Druck setzten - >The Silent Giant< damals. Das hat sich deutlich geaendert - durch >Politik mit dem Einkaufskorb<, zu dem vielleicht auch meine Buecher ein Quaentchen beigetragen haben. Auch in Osteuropa gibt es den Hinterhof Westeuropas, wie Mittelamerika fuer die USA und Kanada. In Osteuropa liegen die >neuen Fashion-Kolonien<.