Ich habe gemeinsam mit meinem Bruder Jan Edler realities:united gegruendet. Das ist ein Architekturbuero in Berlin mit Themen wie Raum, Mitteilung und Interaktion.
Juengst sind wir an dem Neubau des Grazer Kunsthauses beteiligt gewesen. Der Bau [spacelab-uk architekten] wurde 2003 – zum europaeischen Kulturhaupstadtjahr – fertiggestellt. Unser Beitrag ist die Medienfassade/installation >BIX<. Ein Feld von 925 Leuchtstofflampen unter der Acrylglashaut des biomorphen Baukoerpers des Kunsthauses erlauben es, Schrift, Bilder oder Filme in die >Skin< zu >taetowieren<. Ungewoehnlich ist die Rollenwandlung, die wir im Projekt durchgemacht haben. Der eigentliche Auftrag betraf die Konzeption der Medien- und IT Anwendungen innerhalb des Hauses - ganz sicher ohne die Erwartung dass wir uns in Fragen der >Gesamtarchitektur< einmischen wuerden. Wir konnten aber von da aus in einer fast 1,5 Jahre waehrenden Diskussion die Bauherren und Architekten von Idee, Notwendigkeit und Realisierbarkeit dieses Architektur-Zusatzes ueberzeugen. >BIX< wurde letztendlich geordert, weil es die konzeptionellen Maengel kompensiert, die daraus entstanden, dass zentrale Aspekte der urspruenglichen architektonische Konzeption [die einer >kommunikativen< Architektur bzw. einer tendentiell >lebendig< reaktiven Gebaeudehaut] nicht im Kosten- und Zeitrahmen der Realisierung uebersetzt werden konnten. Aber auch wenn der architektonische Entwurf durch den zusaetzlichen >patch< wesentlich stabilisiert wird, ist das Kunsthaus Graz mit seiner gut 1000m2 Medienoberflaeche in Bezug auf seinen staedtischen Kontext viel eher eine >offene< Frage als vorher. Der institutionelle Auftrag, das Gebaeude, das spezielle grobe [Pixel]Format machen es unausweichlich, sich mit der Wirkung dieser Mitteilungsflaeche auseinanderzusetzen. Was fehlt - und was der Entwicklungsauftrag des Kunsthauses ist - ist eine Sprache, die einfachsten Vokabeln einer Kommunikation, die Gebaeude und Aussenraum in eine Beziehung stellt. Das Kunsthaus ist wahrscheinlich der einzige Ort der Welt, wo oekonomische und experimentelle Freiheit zusammenfliessen in einem Mitteilungsinstrument mit ernstzunehmenden, d.h. architektonischen bzw. staedtebaulichen Dimensionen, die dafuer genutzt werden koennen. Es geht um ganz einfache Dinge: Gibt es eine erkennbare Verbindung zwischen einem Gebaeude [seine Nutzung, seiner Nutzer, seine Konstruktion,...] und seiner aeusseren Erscheinung und darueber hinaus zwischen Gebaeude und dem umgebenden staedtischen Raum? Und was, wenn das Haus veraendert wird? Ist diese Kontinuitaetsidee, die zum Grundschatz eines traditionellen architektonischen Denkens zaehlt, erstens ueberhaupt noch relevant und wenn ja, zweitens uebertragbar auf eine >beschleunigte< Architektur, die sich nicht nur alle 25 Jahre einmal, sondern in einer Sekunde 25 mal veraendert? Im uebertragenen Sinne ist das wieder einmal die Frage, ob das Konzept der europaeischen Stadt zukunftsfaehig ist - ob es technische Neuerungen integrieren und nutzen kann, oder ob sie daran Schaden nimmt. Die oberflaechliche Auflehnung gegen die aggressive Vereinnahmung der Stadt durch Werbung und den Austausch oertlicher Identitaet durch globale Icons verhindert eine im traditionellen Sinne positive Auseinandersetzung, weil sie das zentrale Problem verdraengt, dass nicht der kommerzielle Druck die Kontinuitaet des >europaeischen< staedtischen Raums gefaehrdet, sondern das konzeptionelle Vakuum - dahingehend, dass bisher versaeumt wurde, relevante Konzeptionen z.B. zur Gestaltung von veraenderlichen Oberflaechen und Strukturen zu entwickeln.