Die Hackerszene: Unendliche Weiten. Auch in Mexiko? Fran Ilich, Schriftsteller und Medienkünstler, Initiator des Borderhackfestivals und Begründer des autonomen Servers possibleworlds.org, beantwortet im Interview Fragen zur Situation der Hacker und Hackerinnen in seinem Land.
Was ist das Besondere an der Hackerkultur in Lateinamerika? Hat sie eine symbolische Bedeutung im Hinblick auf Konzepte wie Freiheit und Revolution?
Ich wünschte wirklich, es gäbe diese Verbindung zwischen Hackern und Revolution, aber im Grunde ist das eher die Ausnahme als die Regel. Vielleicht liegt das daran, dass wer den Zugang zu den Instrumenten und der besseren technischen Ausbildung genießt, eher aus gut situierten Verhältnissen kommt oder einfach nur seine privaten Finanzen aufbessern will – Menschen, die mit Revolution also nicht so viel am Hut haben.
Vielleicht liegt es auch daran, dass diejenigen aus der linken Bewegung, die sich mit Informationstechnologien beschäftigen, sich normalerweise auf andere Aspekte konzentrieren, die eher mit der Verbreitung von Information oder dem Zugang zu ihr zu tun haben.
Wie sind denn die tatsächlichen Gegebenheiten? Wer kann denn wirklich teilnehmen?
Natürlich gibt es die Leute in der Mittel- und Oberschicht, oder Studenten, oder überhaupt Individuen, die im Wesentlichen durch die Umstände, in denen sie leben, oder ihre persönlichen Hintergründe und Interessen in Kontakt mit der technischen Ausrüstung kommen und den Wunsch haben, sich auch in dieser Richtung zu entwickeln.
Und die Frauen? Wie sieht es bei denen aus? Haben sie eigene Organisationsstrukturen? Gibt es womöglich eine feminine Hackerkultur in Lateinamerika?
Ich kann da nicht von Lateinamerika sprechen, das ist eine sehr große Region. Deshalb konzentriere ich mich besser auf Mexiko. Da kann ich sagen: Das ist natürlich richtig, da sind Frauen eher die Ausnahme. Aber in einigen Projekten gibt es eine deutliche Beteiligung ihrerseits. Ich möchte da jetzt keine Namen nennen, aber mir fallen sofort mindestens drei ein, die in verschiedenen Gruppen und mit verschiedenen Schwerpunkten arbeiten.
Viele von ihnen betreiben Server, eine von ihnen einen sehr unabhängigen radikal-linken, eine andere wurde mit der Verantwortung über den Server der Präsidentschaft betraut und schob von dort aus Einiges in Sachen creative commons an.
Das Netz als Freiraum – eine Utopie, die nichts mit der Netzrealität zu tun hat?
Es gibt keinen freien Raum, ganz im Gegenteil. Das Netz ist auch kein öffentlicher Raum. Es ist ein Raum, in dem die Infrastruktur verschiedenen korporativen Trägern oder Regierungsinstitutionen gehört, die natürlich eigene Interessen haben. Das ist eine sehr aufregende Frage, aber das könnten wir leicht zu weit ausdehnen. Besser wir belassen es dabei.
Was ist mit den Hackern in Mexiko? Worum geht es denen?
Man könnte sagen, es gibt verschiedene Typen. Es gibt sie auf Seiten der Rechten, auf Seiten der Linken, solche, die sich technisch weiterentwickeln möchten und solche, die es einfach so tun. Es gibt auch hier nicht nur eine Antwort.
Was genau ist dann deine Position?
Ich arbeite unter anderem als Systemadministrator einer autonomen Server-Kooperative, die verschiedene Webs und Vereinigungen beherbergt. Außerdem habe ich viel über Hacker und Hacktivisten in Mexiko geschrieben, aber das war Ende der 1990er und Anfang der Nuller Jahre.
Abgesehen davon koordiniere ich gar nichts in der Hackerszene. Mit einigen führe ich viele Gespräche, mit anderen tausche ich Ratschläge aus. Doch vor allem pflege ich zu vielen aus der Szene eine Beziehung, die auf Bewunderung und Respekt beruht.
Ich würde mich gerne mit diesen Frauen in Mexiko in Kontakt setzen. Danke für Hinweise in dieser Sache, gerne an meine private Adresse.
Weiß jemand mehr über das Borderhackfestival, das am Anfang erwähnt wird? Klingt sehr spannend.