Dies war wirklich ein Jahr der Extreme. Extrem schade ist, dass die BAR 25 geschlossen wurde. Fuer immer. Jedenfalls an dem jetzigen Ort. Angedacht ist eine archaeologische Versetzung mit allen historischen Einzelteilen in den neuen glatten Mediaspreerollrasenstreifen inklusive Sonntagnachmittagiger Stammkundschaft.
Extrem lange wird am Alexanderplatz gebaut, obwohl ich mich erinnere, dass die Baustadtsenatorin meinte, bis zur WM 2006 wird alles fertig sein. Aber extrem EXTREM war die globusumspannende Weltwirtschaftskrise, die 2009 erst richtig zuschlug. Die Urspruenge sind schon im Konsumverhalten der letzten zehn Jahre zu finden.
Allen voran haben sich die Amis rekordverschuldet. Und da der Kapitalismus allen Reichtum bringt, schien die Party nie aufzuhoeren. Aber irgendwann wirkt selbst das beste MDMA nicht mehr. Die Sonne ging auf und strahlte noch in den letzten dreckigen und schaebigen Winkel des Partyfloors, wo sich noch ein paar unbeirrbare Boersengurus zum Regentanz versammelt hatten. Eine ganze Wirtschaft fusst auf einer riesigen Kreditblase. Das waere so, als ob mich meine Oma mit 10 Mark zum Zigaretten holen losschickt und ich den Betrag verwende um den Tabakladen auf Kredit zu kaufen und die erste Anzahlung zu leisten.
So in etwa arbeiten Herr Ackermann und Co mit unserem Geld. Die ganz Schlimmen haben sogar riesige Gewinne versprochen, die nur ueber neue Einlagen von Investoren finanzierbar waren. Der ehemalige Chef der amerikanischen Technologie-Boerse hat so quasi ein ganzes Tabakladenimperium gegruendet. Jedem, der 10 Mark mitbrachte, hat er als Rendite einen eigenen Tabakladen versprochen. Das klappt, solange es immer neue Dumme gibt, die dem absurden Versprechen glauben. Jetzt hat der Trickbetrueger Madoff nicht mal mehr genug Geld um die geprellten Tabakladenbesitzer mit einem Bauchladen zu entschaedigen.
Aber gluecklicherweise haben wir ja schon Ende 2008 gesehen, dass es so nicht weiter gehen kann. Erst hat Oma all ihr Erspartes an der Boerse verloren und dann Papa seinen Job bei Opel. Da Geld fuer die Jugend nun keine Bedeutung mehr hatte, da das Erbe eh weg war, ist es nur die logische Schlussfolgerung, dass aus der griechischen Krise eine Europaweite entbrannte. Den ganzen Maerz 2009 hindurch wurden unsere schoenen Neuwagen von Jugendbanden angezuendet. Aber da wir die Autos auf Kredit gekauft hatten, stoerte uns das nicht.
Die pleitegehenden Rueckversicherer wuerden das schon uebernehmen. Was uns aber stoerte, waren die Investorengesellschaften die nun ihre ganzen Beteiligungen abstiessen und lieber in das stabile China transferierten. Hier durfte auf Demonstranten wenigsten noch geschossen werden. So blieb uns kurz vor dem Fall unseres kapitalistischen Systems, 20 Jahre nach dem Ende des Kommunismus nur der Schritt zurueck. Meine Oma holte die Pioniertuecher heraus und buegelte sie glatt. Polyesterblau strahlten sie jetzt an unseren Haelsen und gemeinsam bauen wir auch 2010 unser sozialistisches Vaterland wieder auf.
Ein Kommentar zu “Pioniertuch am Hals”