Der Philosoph Jean-Luc Nancy geht davon aus, dass die Gemeinschaftlichkeit des Seins gegeben sei. Das heisst: Das Sein ist nur als geteiltes Sein, als Mit-Sein begreifbar.
Mit dieser These im Handgepaeck hat er in seinem opus magnum >singulaer plural sein< [Diaphanes, 2005] die prima philosophia, die Ontologie, noch einmal gaenzlich neu aufgerollt. Wie begruendet sich dieses Denken? Liegt ihm ein Modell zu Grunde, wie all unseren Annahmen bestimmte Realitaetsmodelle zu Grunde liegen? Koennte sich der Begriff des Modells in diesem Zusammenhang nicht sogar als hilfreich erweisen? Ich sehe dafuer zwei Argumente, die ich kurz skizzieren moechte.
Die sozialen Phantasmen der Gemeinschaft praesentieren sich ja nicht zuletzt deshalb als Werke, weil sie ihr Ins-Werk-Setzen beziehungsweise ihr Werk-Sein an einem ganz bestimmten Punkt verschleiern, an einem Punkt naemlich, den man als >Ursprung<, oder auch als einen Punkt bezeichnen koennte, an dem das Werk der Gemeinschaft als Werk-Sein in die Welt kommt. Die sozialen Phantasmen der Gemeinschaft werden von der Idee getragen, dass es bestimmte identitaere Auspraegungen der Gemeinschaft schon immer gegeben hat, von Natur aus. In diesem Zusammenhang von der >Gemeinschaft als Modell< zu sprechen, scheint mir eine Entwerkung zu implizieren, sofern der Begriff des Modells offen legt, dass es sich hier um eine Abstraktion handelt. Der Sinn und Zweck dieser Abstraktion ist eine Vermittlung des Seins, die niemals abgeschlossen werden kann wie auch das Modellieren niemals aufhoert: Wir kneten eine weiche Masse, die weich bleibt. Hier deutet sich fuer meine Begriffe eine zweite Dimension des Begriffs Modell an, man koennte sie die partizpatorische, kollektive oder demokratische Dimension nennen. Immerhin haben wir jene Aera laengst hinter uns gelassen, in der es der Meister ist, der etwas modelliert, der Modelle herstellt. Wir leben in einer Zeit, in der Modelle als Agenten eines gemeinsamen Gestaltungsprozesses entstehen, aber auch als Erfahrung desselben. In diesem Sinne liesse sich das Modell auch als Umschlagplatz des Mitseins begreifen.