Herr B. geht ins Netz

Vor vier Jahren erblickte Brunopolik das Licht der Welt, als virtueller Querdenker, Künstler und Internet-Aktivist, auf Blogs, MySpace und Twitter. Braucht einer wie er überhaupt noch eine Öffentlichkeit jenseits der digitalen Sphäre?

PolitikerInnen-Worte waren die ersten Gehversuche von B., um sich eine Community aufzubauen. Dieses (wenn auch kleine) Freunde-Netz brauchte es für Dialoge und soziale Feedbacks, um in der virtuellen Welt zu starten. Hier stellte B. seine Poetry vor. Texte als Kunstprodukt in der historischen Folge von Dada, Konkreter Poesie bis zu heutiger Aktions-Kunst als Metamorphosen virtueller Sphären.

Reine Byte-Kunst

Der Zugang zu dieser Kunst und diesen Texten war und ist dornenreich. Sie tragen alle Merkmale von Kunst im Stadium des Entstehens. Sie werden nicht verstanden und damit als Kitsch und Unsinn gebrandmarkt. Schlimmer noch, man beachtet sie einfach nicht. Und hier zeigt sich die Stärke des Internets. In ihm werden nämlich mühelos auch Querdenker, Künstler und “Künstler” außergewöhnlicher Art präsent. Dadurch hatte B. eine reale Chance, und zwar in der “unrealen” Welt. Nur dieses neue Medium machte es ihm möglich, zu dem zu werden, was er jetzt “verbytet”.

B. legitimierte sich als einer der ersten “reinen” virtuellen Künstler. “Rein: Wie reine Kunst”. Neben den PolitikerInnen-Worten etablierte sich B. mit der Promi-Galerie. In sie stellte er so-genannte Sprach-Porträts von prominenten Persönlichkeiten der Gesellschaft. Er setzte dort nach der Politik auch andere gesellschaftliche Bereiche wie Wissenschaft, Entertainment und Wirtschaft seiner Kunst aus.

Fröhliches Promiraten

Aus seiner embryonalen Zeit stammt das Prominentenraten. Hier wurde ein Spiel mit Kunst und Prominenten begonnen. Das Material entstand aus einer Aktion, in der Brunopoliks Schöpfer die Sprachporträts den Protagonisten – also den Promis – und einen Fragebogen vorlegte und sie bat, ihm mitzuteilen, ob sie ihr “Porträt”, also diesen Dada-Text als Kitsch oder Kunst empfanden. Auf 200 Anfragen gingen 100 Antworten der unterschiedlichsten Form ein. Vom Fanfoto bis zur zornigen Untersagung mit der Androhung von gerichtlichen Schritten bei der Verwendung des Namens reichten die Reaktionen.

Aus diesem Material wählte B. 34 “Porträts” mit den Antworten oder Nichtantworten aus, um sie in den neu gestalteten Blog “Prominentenraten” ohne Nennung der Namen zu stellen. Die User werden gebeten, die Namen aus einer separaten Namensliste den “Porträts” mit den Antworten zuzuordnen. Um den Reiz des Ratespiels zu erhöhen, begann B. nachdem alle Texte gepostet waren, in einem zweiten Teil die Promis kurz vorzustellen. Gleichzeitig bittet er sie per E-Mail einen Anerkennungspreis zu stiften.

Inzwischen gingen zwei Preise ein, die den Usern mit den höchsten Trefferquoten zustehen. Wer den ersten Platz errungen hat, beginnt mit der Auswahl. Das Spiel läuft. Ende und Ausgang sind offen.

Zu fragen ist, inwieweit B. einst genötigt war, Schritte aus seiner virtuellen Welt in eine reale Welt zu tun. Solche Entwicklungen in ihren Widersprüchen auszuloten, ist eine weitere Möglichkeit von Kunst und ihrem unbegrenzten Potential. Oder braucht Brunopolik in seinen Spielen mit Kunst überhaupt noch die reale Öffentlichkeit? Wo liegt das Morgen solcher Kunst-Existenz?

4 Kommentare zu “Herr B. geht ins Netz

  1. Was mich interessiert: Hat sich denn der Mann hinter Brunopolik schon vorher künstlerisch betätigt?

  2. ich bin ja sonst nicht so für Seelenstriptease, aber diese Art der Selbstoffenlegung hat mir wirklich gut gefallen!

  3. @Reginald K – Die Frage ist sehr berechtigt. Hinter einer virtuellen Person wird immer eine reale Person stehen, sofern es keine Fiktion ist. B. ist Teil einer realen Künstlerperson. Mit B. werden einfach die Möglichkeiten des Internets ausgelotet, die virtuell sind. B. schafft sich eine weitere eigene und unabhängige Identität, womit ihm neue Freiheiten zuwachsen. Das ist spannend. Hier ergeben sich interessante Ansätze für Kunst. Doch ohne Kunst wären solche Experimente kaum denkbar. Kunst beschreitet damit Wege über die Tradition hinaus. @Silvia: Seelenstriptease ist dabei zu vermeiden. Aber Kunst braucht halt ab und zu Krücken zu ihrem Verständnis.

  4. Erst jetzt stelle ich bei einer zufälligen Überprüfung meines Beitrags hier fest, dass redaktionelle Veränderungen des eingesandten Textes erfolgten, die zu “Verstümmelungen” des Inhaltes führten. Damit verhält sich die BG leider wie die Printmedien. Autoren können sich in der Regel kaum gegen solche Eingriffe wehren. Nur als Blogger habe ich Möglichkeiten zur Korrektur. Ich habe sie genutzt, und zwar mit einem Beitrag bei Myspace. Hier der Link:
    http://blogs.myspace.com/index.cfm?fuseaction=blog.view&friendId=178659957&blogId=538124235

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