In seinen Bildern eroeffnet Marcel Odenbach mehrere Ebenen des Sehens. Aus einigen Metern Entfernung sehen wir figuerliche Darstellungen, die in ihrer Momenthaftigkeit Filmstills aehneln. Der Blick faellt auf sorgsam konzipierte Bildausschnitte, vage deutet sich eine Erzaehlung an – so als schalte man ganz unvermittelt einen Film ein. Wenn wir uns dann naeher auf die Bilder zubewegen, schwindet das eben noch Gesehene und verliert sich in einer ornamentalen Flaeche aus papiernen Fetzen.
Eine unruhige Musterung durchzieht das Bild und loest die Logik des dreidimensionalen Bildraumes auf. Um die Papierschichten vollstaendig zu erkennen, muessen wir noch naeher heran gehen. Zahllose winzige Bilder tauchen hinter und in der abstrakten Musterung auf. Es sind Bilder, wie man sie aus Zeitschriften kennt. Bilder von Politikern, Pornostars, irgendwelchen Personen. Erkannte man aus der Distanz eine einzelne Szene, so blickt man nun auf eine Flut von Fotografien.
Mit der Erzeugung der verschiedenen Bildebenen erreicht Odenbach eine Gleichzeitigkeit von Moment und Dauer. Die einzelne Geschichte steht nie ganz fuer sich allein, sondern immer im Zusammenhang mit einer Reihe von Szenen, Ereignissen, Momenten. Zwischen den beiden Polen des Sehens der Naehe und der Distanz verschwindet das konkret Sichtbare in einer abstrakten Struktur. Diese erzaehlt nichts; hier herrscht Gleichgueltigkeit gegenueber Ausdruck und Tiefe, Anfang und Ende.
Marcel Odenbachs Papiercollagen sind Zitate der visuellen Sprache der Medien. Jedoch erhebt er nicht den Vorwurf, dass diese, Simulacren gleich, auf nichts mehr verweisen. Vielmehr scheinen die Bilder fuer Odenbach eine sehr urspruengliche Bedeutung zu haben. Aehnlich Bildern aus der Vergangenheit, die in der Gegenwart wieder auftauchen, liegt ihr Raetsel in ihrer moeglichen Gleichzeitigkeit.