>In guter Gesellschaft ist jeder gern<. Doch was ist eigentlich die Gesellschaft? Zu vordemokratischen Zeiten waren diese Fragen noch leicht zu beantworten: Der Adel als die Herrschaft der Besten repraesentierte mit seinen Interaktionen die guten Teile der Gesellschaft - dies liess man sich zumindest durch die Schar der Uebrigen gerne so attestieren.
Hier konnte Interaktion noch ueber sich hinausweisen und Gesellschaft vertreten. Diese Eigenschaft hat das zwischenmenschliche Aufeinandertreffen in der Nachmoderne laengst eingebuesst: Interaktionen sind immer differenzierter geworden und spiegeln sowohl Akteure als auch Gesellschaft nur noch in fragmentierten Anteilen.
Bonjour la Revolution! Nicht nur der Adel musste >dran< glauben, auch die [nach]nachmoderne Gesellschaft findet ihre Replik in der Opposition. Jetzt kann keine Interaktion, kein System alleine mehr Gesellschaft vorstellen, sie erscheint sogar grundlegend >omniabsent<. Dies aeussert sich darin, dass man nur noch >ueber< die Gesellschaft sprechen kann, nicht aber mehr >fuer< sie. Es ist die Kritik an gesellschaftlichen Funktionssystemen, die in ihren Protestformen eine [Gegen]repraesentation zur Gesellschaft herstellt. Soziale Bewegungen koennen durch ihre Distanz und Ablehnung der bestehenden Verhaeltnisse >die< Gesellschaft noch in ihrer Totalitaet abbilden bzw. als Alternative zurueckwerfen. Das ist die >gute Gesellschaft< der Gegenwart. Aber muss es immer gleich die Revolution sein? Wir koennen ueber und gegen Gesellschaft sprechen - und wir sprechen sie selbst, jeden Tag. Sprache ist entscheidend an praktisch allen gesellschaftlichen Prozessen und Systemen beteiligt und transportiert Gesetze, Regeln und Codes bis in die privaten Begegnungen hinein. Die gesellschaftlichen Verhaeltnisse sind tief in die Sprache eingeschrieben und wirken auch im alltaeglichen Sprachgebrauch fort. Sie werden so meist unbewusst und unreflektiert mitgesprochen. >Das Gute< ist dann, mit Sprache kritisch und bewusst umzugehen. Die Sprache ist tot, es lebe die Sprache!