Aussenpolitisch lassen die USA gerne die Muskeln spielen und einige meiner Kollegen verkuenden diese Mentalitaet auf ihren Autos durch bumper sticker wie >These colors never run< oder >To the world: You are either with us or against us<. Legt man die Nation jedoch auf die Couch, so lassen sich durchaus eine Menge versteckter Aengste finden, wie bei einem Schulhoftyrannen, der seine Mitschueler durch physische Aggressivitaet zum Zittern bringt, aber vor kleinen Insekten schreiend davon laeuft. In diesem Zusammenhang liesse sich die unter Amerikanern weit verbreitete Phobie vor >germs< [Bakterien, Keime etc.] erwaehnen: Beim geringsten Verdacht einer Krankheit schallt mir schon aus 10 Metern Entfernung ein >Dont come close. Keep your germs for yourself< entgegen. Dass die gesammelten Viren aller Mitarbeiter durch die staendig laufenden Klimaanlagen gerecht auf alle Anwesenden verteilt werden, wollen diese Personen, die sich in ihren >germ free zones< verschanzen, nicht hoeren. Gleiches gilt auch beim Essen: Haette Jesus das Brot nicht mit seinen Juengern sondern mit meinen Kollegen gebrochen [und damit beruehrt], er haette es alleine essen muessen.
Wie einige von ihnen freimuetig zugeben [>We like to get a little panicky<], wohnt der amerikanischen Seele eine gewisse Affinitaet zur Panik inne. So ueberbrueckt der >Weather Channel< die Zeit gerne mit >Storm Stories<, in denen dramatische Bilder der schlimmsten Hurrikane gezeigt werden oder die >Evening News< warnen vor der >toedlichen Bedrohung durch Killerbienen<. Zusammen mit dem politisch instrumentalisierten regelmaessigen Anheben der Alarmstufe auf >code orange<, verbunden mit der Warnung vor nebuloesen, nicht weiter konkretisierten Gefahren, ist eine gewisse Gewoehnung, aber auch ein permanentes, latentes Unsicherheitsgefuehl entstanden. Manche fuehlen sich bereits gelangweilt, wenn keine aufregenden Bedrohungen angekuendigt werden, andere sind orientierungslos und leichte Beute fuer die harte Rhetorik gegenueber den angeblichen Ursachen der Bedrohungen.
Wie fragil die allgemeine Befindlichkeit ist, konnte man zuletzt nach >Hurricane Katrina< beobachten, als die Benzinpreise merklich anzogen. Eines Abends wunderte ich mich ueber vermehrte Staus, die sich als Rueckstaus von Tankstellen auf die Strassen entpuppten. Spaeter erfuhr ich, dass im Fernsehen das Geruecht, erste Tankstellen haetten kein Benzin mehr, in Umlauf gekommen war, woraufhin ganz Charlotte ins Auto sprang und zur naechsten Tankstelle raste. Wie bei einer Bank, von der es heisst, sie haette nicht genug Geldreserven und die dann dadurch, dass alle Sparer ihr Geld abheben, tatsaechlich kollabiert, handelte es sich auch hier um eine selbsterfuellende Prognose. Kurz nach Mitternacht schlossen tatsaechlich die ersten Tankstellen und damit startete die Panik. In den naechsten Tagen gab es nur noch ein Thema und selbst besonnene Kollegen sorgten sich, ob sie es mit ihrer Tankfuellung noch nach Hause schaffen wuerden. Immerhin wurde einige Tage spaeter der Begriff >hybrid< nicht mehr fuer die Beschreibung eines Transsexuellen gehalten, sondern tatsaechlich mit sparsamen Autos in Verbindung gebracht