Per Du

Wenn ein Weltmeister in irgendeinem Sportzweig abermals an den Kaempfen teilnimmt, welche ihm vordem den stolzen Titel einbrachten, dann nennen die Sportberichter ihn den Titelverteidiger, die diesbezueglich Muehen aber heissen als Ganzes: die Titelkaempfe. Wir hatten auch Titelkaempfe und der Schreiber ist hier ein Titelverteidiger. Er hat aber keinen Weltmeistertitel zu verteidigen sondern nur einen bescheidenen Anfaengertitel, den du-Titel. Man kann zumindest nicht sagen, dass wir den Titel unserer schweizerischen Monatszeitschrift weit hergeholt haben. Etwas Naheliegenderes kanns ausser dem lieben >Ich< ja nicht geben.

Haetten Sie, verehrte Leserin, hochgeschaetzter Leser, lieber ein anderes Wort auf dem Umschlag gesehen? Vielleicht: Schweizer Monatshefte? >Schweizer Querschnittdu<. Wie wir dazu kamen, ist die Frage. Dem Titel liegt keine Zudringlichkeit zugrunde. Er ist nicht ein blosser kecker Einfall, >du< ist ein Programm. Jede Respektlosigkeit liegt ihm fern. Jedermann hat es gemerkt: Wir leben in einer Zeit groesster Umwaelzungen und Verschiebungen. Es herrscht Eisgang in den Zustaenden der Welt. Welche Gleichgueltigkeit herrschte doch vor kurzen Jahren unter uns, wie hielt man doch die gegebenen Einrichtungen und Gewohnheiten fuer unabaenderlich und wie sind wir erwacht und zum Bewusstsein gekommen, dass unser Zusammenleben vor grossen Proben steht, die bis ins Mark sie beanspruchen und veraendern werden. Wir erleben Krieg um uns. Verarmung um uns und bei uns. Wir erleben Staedtealarm, Grenzdienst, Hilfsdienst, Frauendienst, Ortswehr, Luftschutzdienst und erfahren dabei, wie neue Kraefte aufbrechen in uns, gerufen von den neuen Forderungen der Zeit. Alle Tage rufen es uns zu: du bist nicht allein! Du bist nicht fuer dich allein da! Du hast Verantwortungen und Aufgaben jenseits deiner persoenlichen Neigungen und Abneigungen. Von allem redet unser Titel. Kein Mensch kann allein leben. Jeder ist jederzeit abhaengig von irgendwem, die Kleinen von den Grossen, aber die Grossen ebenso von den Kleinen, ja, der Groesste in kleinen Dingen oft von einem ganz Kleinen. Da ist unser Thema: das schweizerische Zusammenleben, die schweizerische Gemeinschaft, Nachbarschaft, Kameradschaft, Ehe, Staat, die schweizerische Armee. Nicht ihre Waffen, sondern ihr Gemeinschaftsgeist. Zwischen dem Ich und dem Du ist in unserer Zeit ein neues Leben aufgebrochen. Drum schreiben wir das >du< aufs Titelblatt unserer neuen Arbeit, zwar nicht ohne Scheu und mit der herzlichen Bitte um Nachsicht und Ihr Vertrauen, aber auch mit der Hoffnung, das erfuellen zu koennen, was wir uns vornehmen und nachtraeglich rechtfertigen zu duerfen, was wir vorausnahmen: den lebendigen und rufenden Titel >du<.

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