Willkommen in der Wasserwelt

Die Oberfläche unseres Planeten besteht zu 30% aus Erde und zu 70% aus Wasser; lange Zeit hat die Menschheit so getan, als wäre das Verhältnis genau andersherum. Warum sonst heißt unser Planet Erde? Spätestens zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird das Bild zurecht gerückt. Wasser scheint allgegenwärtig – ob in den Nachrichten über die Klimakatastrophe, über die ewigen Kriege um Ressourcen oder über die Umweltverschmutzung. Selbst im Universum der digitalen Kurznachricht ist es nicht mehr wegzu- denken, wie Sie gleich im linken Randfenster sehen.

Eine neue “Wasserwelt” entsteht, in der mediales, reales und imaginäres Wasser ununterscheidbar werden. Diese Wasserwelt dient als Projektionsfläche für alle möglichen Konflikte, die in den Gesellschaften ausgetragen werden. Der Stoff aus dem diese Welt ist, das Wasser selbst, wird zu einem Politikum: In den Szenarien rund um das Stichwort Wasser stehen immer wieder die Reinheit und die Verfügbarkeit des nassen Elements auf dem Spiel. Das Paradoxon: Die Bedrohungsszenarien der Verschmutzung und der Mangelökonomie spielen nicht zuletzt der Trinkwasser-Industrie in die Hände. Wasser kann vor diesem Hintergrund wirkungsvoller als kostbares Getränk vermarktet werden.

Die Bilder der Wassermarken werden in ihrer Suggestivkraft eigentlich nur noch von den Bildern aus dem boomenden Feld der Umweltkommunikation übertroffen. In Vorbereitung auf das Seminar Liquid Writing, das ich zusammen mit Holger Schulze leite, habe ich ein paar bezeichnende Kampagnenmotive von unicef, WWF, Solidarités, Surfrider Foundation und Greenpeace ausgewählt. Dann habe ich diese Motive mit Zitaten aus Publizistik, Literatur und Philosophie gegenübergestellt. Mit diesen Text-Bild-Scheren öffnen sich Spielräume der Assoziation, die die Wasserwelt von heute, zumindest in ihren Umrissen, erschließen.

“A single tin of paint can pollute millions of litres of water”

“Am Mittwoch abend, ungefähr um acht, begab sich der König in einem offenen Schiff auf eine Bootsfahrt… und fuhr, von vielen anderen, mit Standespersonen besetzten Booten, begleitet, flussauf nach Chelsea. Ein Schiff der Stadtgilde trug die Musiker, die über 50 Instrumente jeglicher Art verfügten. Sie spielten die ganze Zeit die schönsten, besonders für diese Lustfahrt von Mr. Händel komponierten Sinfonien, welche Seiner Majestät derart gefielen, dass sie auf dem Hin- und Herweg dreimal wiederholt werden mussten.” (Daily Courant)

“Water is an humanitarian emergency”

“Poseidon saß an seinem Arbeitstisch und rechnete. Die Verwaltung aller Gewässer gab ihm unendliche Arbeit. […] So hatte er die Meere kaum gesehen, nur flüchtig beim eiligen Aufstieg zum Olymp, und niemals wirklich durchfahren. Er pflegte zu sagen, er warte damit bis zum Weltuntergang, dann werde sich wohl noch ein stiller Augenblick ergeben, wo er knapp vor dem Ende nach Durchsicht der letzten Rechnung noch schnell eine kleine Rundfahrt werde machen können.” (Franz Kafka)

“Help us keep the ocean clean”

“Der Lärm dröhnender Parlamente, ein Lärm / wie der des Ozeans, drang mir von fern ins Ohr, / das einzige Gewisper kam von den Pappeln, / die vor Hobbema einst sich neigten. Meine Freude stand still. […] / ich nippte am langen Entzücken einer vergangenen Zeit, / die keinen Ehrgeiz mehr lohnte. Mein Handwerk stand still. / Es war meine höchste Lust, überholt zu sein / wie jene uralte Lok. Unermeßlicher Frieden. / Doch die Zeit verging anders als auf dem Wasser.” (Derek Walcott)

“Dead or Alive?”

“Sowenig der umrundete Planet es verdient, nach dem wenigen Festland benannt zu werden, das auf ihm aus den Ozeanen hervorragt, so wenig haben die Erd-„kontinente“ einen Anspruch darauf, diesen Titel zu tragen, weil sie gerade nicht die Umfassen- den sind, sondern die – von Meer – Umfassten.” (Peter Sloterdijk)

14 Kommentare zu “Willkommen in der Wasserwelt

  1. interessanter Beitrag, vielen Dank. Ich habe mir bis jetzt keine Gedanken um die Allgegenwart von Wasser gemacht. Vielleicht auch im Kontext Bildung interessant: an zahlreichen Unis kann man Umweltkommunikation (oder Nachhaltigkeitskommunikation) als Studienfach belegen. Ein Fach mit Zukunft würde ich sagen.

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  3. Toll, das ist ja richtig spannend! Genau das richtige für den Sommer im Zeichen von Global Warming :)

  4. Ich fand gerade das hier:

    (M)RKR’s Wassergraffitty v e r s c h o b e n !
    Sa., 12.06.2010
    13:00 Uhr, Kassel, Koenigsplatz

    Wasser tut nicht weh und laesst sich problemlos beseitigen, Schuesse trocknen nicht. Eine Aktionsperformance von (M)RKR mit dem Gloria(R)
    Drucksprueher im Claim der Atomwaffenfreien City. 5-10 Liter sollten reichen, um die schwarz-rot-goldene Euphorie einer Ruestungsstadt zu markieren.

    38317 – Der Tod ist ein Weltmeister aus Deutschland
    http://www.youtube.com/watch?v=w-r8GDCJDz8

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