Wer hat Angst vor der Institution?

Ich bin nicht ueberrascht, dass der Begriff der Institution fuer viele sehr negativ besetzt ist. Speziell jene, die an der Erneuerung der Kultur beteiligt sind, halten ihn oft fuer den sicheren Sarg. Aber ich bin sehr ueberrascht darueber, wie uninformiert jene Akteure des Kultursektors sind ueber gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, die ihr Tun rahmen bzw. bedingen.

Ich spreche von gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen, die in der letzten Dekade ein gigantisches Vakuum geschaffen haben: Funktionen, die gestern angestammte Institutionen erfuellt haben, werden inzwischen immer mehr aus dem zivilgesellschaftlichen Sektor heraus erfuellt. Es geht um Sachen wie Bildung, aber schlichtweg auch um soziale Beziehungen: Gemeinschaft.

Man muss nicht die aufgewecktesten Soziologen und Sozialphilosophen unserer Zeit lesen, ich denke da an Saskia Sassen oder Toni Negri, um zu bemerken, dass NGOs, Netzwerke, Initiativen, etc. zu den neuen, zukunftsweisenden Akteuren im institutionellen Feld avancieren, mit quasi- bzw. informell-institutionellen Status. Warum gibt es Projekte wie Rimini Protokoll, Border Camp oder Mobile Akademie des Wissens? In Zeiten der Transformation des Staates und seiner Institutionen [u.a. Universitaeten, Parteien, Kulturinstitute] gestalten solche Akteure den Uebergang massgeblich mit. Viele Leute im Kulturbetrieb scheinen das verpennt zu haben. Und erkennen deshalb auch die wahre Herausforderung ihrer Zeit nicht. Wollen sie keine soziale Verantwortung uebernehmen?

Dass viele angestammte Institutionen zwar ueber ihre Krise nicht offen reden, in der Bewaeltigung derselben aber teilweise weiter sind, weil sie sich am inoffiziellen Sektor begonnen haben auszurichten – das muesste der so genannten Freien Szene sehr zu denken geben. Aber am Ende stehen viele wieder in Opferpose da: Man hat uns ausgenommen, man hat uns kopiert und vereinnahmt. Dabei muss man lernen: Die Grossen gucken bei den Kleinen ueber die Schulter, was die machen und wie die es machen. Gleichzeitig lernen die Smarten unter den Kleinen ganz aufmerksam, was bei den Grossen im Argen liegt, aber auch was die koennen, speziell auch im Umgang mit der Krise. Es geht um wechselseitige Wissens- und Erfahrungstransfers, an der gemeinsamen Grenze.

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