Wenn einem die Bilder fehlen

Die Nachrichtenwelt, mit all ihren Schlagzeilen, Bilderstrecken und Newstickern, dringt nur selten zu mir durch. Manchmal knoepfe ich mir drei Tage alte Zeitungen vor, manchmal stecke ich meine Nase in das ein oder andere Magazin. Vom Amoklauf in Winnenden habe ich mit zweitaetiger Verzoegerung erfahren. Es ist kein bewusster Medienentzug, keine aufrechte Antihaltung. Eher Zeitmangel und Desinteresse an all den bunt verpackten Horrormeldungen, die einem ins Hirn flattern, wenn man die Tueren sperrangelweit offen stehen laesst. Dieses Mal ist es anders. Der Entzug wird mir dieses Mal aufgezwungen, denn es gibt keine Bilder zur Katastrophe.

Nun ist es ja nicht so, dass wir bei jedem Flugzeugabsturz Bilder von verkohlten Leichen anschauen. Aber Abbildungen von zerstoerten Maschinen reichen meist aus, um sich vorstellen zu koennen, was mit den Menschen passiert ist. Bei der Katastrophe, die sich im Atlantik ereignet hat, standen der Berichterstattung nur Worte zur Verfuegung. Ausser filmtitelaehnlichen Wendungen wie >Verschwunden< oder >Verschluckt< gibt es bisher anscheinend nichts Nennenswertes zu berichten. Die Gier nach Bildern laesst sich nicht durch Worte stillen. Was tun? Dann muessen eben Bilder der Opfern her [vor dem Absturz]. Die BILD zum Beispiel bringt eine Fotostrecke ueber >Die deutsche Familie aus dem Todesjet<. Auch ein paar Semi-prominente und Manager waren an Bord. So muessen grobkoernige Hochzeitsbilder herhalten, um dem was passiert ist, ein Gesicht zu geben. Ich frage mich, wie die Angehoerigen der Opfer mit so einer Situation umgehen. Gehoert die Medienberichterstattung heute nicht zur Bewaeltigung solcher Ungluecke? Was passiert, wenn der >normale< Ablauf gestoert wird?

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