Volksfest, Kampftag oder Feiertag

Ganz tief unten in meinem Gedaechtnis vergraben, liegen ein paar Erinnerungen an meine Kindheit. So kann ich mich etwa an die Paraden zum Ersten Mai entsinnen: Die Hauptstrasse war huebsch geschmueckt, der Spielmannzug spielte auf und ueberall wehten bunte Faehnchen – das Wetter war an diesem Tag immer herrlich. Nach der Wende nahm dann die SPD bei uns im Ort die Maifeierlichkeiten in die Hand.

Es gab Wuerstchen, Spiele und Big Band-Sound im Hainholz. Nebenan eroeffnete das Freibad am ersten Mai immer seine Pforten. Und die offizielle Geschichte des >Tages der Arbeit< oder des >Kampftages der ArbeiterbewegungEs ist fuer einen bestimmten Zeitpunkt eine grosse internationale Manifestation zu organisieren, und zwar dergestalt, dass gleichzeitig in allen Staedten an einem bestimmten Tage die Arbeiter an die oeffentlichen Gewalten die Forderung richten, den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen […]. In Anbetracht der Tatsache, dass eine solche Kundgebung bereits von dem amerikanischen Arbeiterbund fuer den 1. Mai 1890 beschlossen worden ist, wird dieser Zeitpunkt als Tag der internationalen Kundgebung angenommen.< Von da an galt der 1. Mai als der Tag fuer Kundgebungen und Forderungen der Arbeiterklasse. Von der Arbeitskampf-Tradition ist heute nicht mehr viel uebrig geblieben. Hier in Berlin sind die chaotischen Mai-Ausschrei- tungen in die geordneten Bahnen des Myfest gelenkt worden. Heisst es. Andernorts gehen ein paar Gewerkschafter noch auf die Strasse. Das war’s dann aber auch schon. Wer wuerde heute auch noch fuer bessere Arbeitsbedingungen demons- trieren? Das waere ja fast ein wenig geschmacklos bei so vielen Erwerbslosen. Vielleicht bekommt der Erste Mai ja irgendwann ein neues Gesicht. Und die Menschen kaempfen an diesem Tag fuer ein Grundeinkommen oder menschenwuerdige Lebensbedingungen in einer Gesellschaft, die nicht mehr allen Menschen Arbeit geben kann. Bis dahin gibt es Wuerstchen und Sonnenschein.

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