Unterwasserdenken

Ueber Wasser denken, heisst mit dem Wasser denken. Geht man einen Schritt weiter, dann koennte man sagen unter Wasser denken. Bei diesem Prozess kann das Ich eins werden mit dem Element, beim Auf-den-Grund-gehen, vergisst es sich. Wird ununterscheidbar. Vielleicht sogar zu Wasser im Wasser.

Das war einer der Gedanken, den der Philosoph Jean-Luc Nancy bei der Podiumsdiskussion WASSERWISSEN am 14.2. aufbrachte – getragen von einem Wasserdenken, das von den beiden anderen Gaesten [Isabel Kranz und Joseph Vogl] mit kulturwissenschaftlichen Verweisen, Infragestellungen und Einordnungen flankiert wurde. Warum stellt sich ueberhaupt die Frage nach dem Zusammenhang von Wasser und Philosophie? Begegnen uns nicht taeglich die politischen Dimensionen von Wasser?

Das Reden in aquatischen Metaphern ist allgegenwaertig und verstellt zuweilen den Blick auf dieses wichtige Element. Eine philosophische Erkundung des Wassers kann den Blick wieder frei legen. Dazu muss zunaechst eine genaue Unterscheidung zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen des Wassers vorgenommen werden, so Kranz.

Zuweilen wird das Denken ueber Wasser von den Metaphern des Fliessens ueberformt, dabei ist nicht jedes Wasser im Fluss. Stehende Gewaesser, wie Aquarien oder angelegte Seen bedeuten: Wasser im Stillstand. Ueberhaupt, was hat es eigentlich mit dem viel beschworenen Fliessen auf sich? Hier ist etwa eine genaue Unterscheidung zwischen >Dingen, die fliessen< und >Dingen, die fluessig sind< notwendig, so Vogl. Dass sich unsere Welt heute im Fluss befinde, so Vogl weiter, sei nur eine Illusion. Spaetestens seit der Einfuehrung von GPS sei die Welt vollkommen erstarrt, denn nun koenne jedem Ort eine exakte Adresse zugewiesen werden. Flussillusionen und Stillstand also. Doch wie kommen Philosophie und Wasser nun zusammen? Vogl brachte vier verschiedene Typen des Wasser-Philosophen ein: den Wasserhasser [Platon], den Meeresliebhaber [Deleuze], den Brunnen- und Quellenliebhaber [Rousseau] und den Am-Fluss-Stehenden [Heraklit]. Nancy erweiterte die Galerie um den Philosophen, der unter Wasser denkt, der eins wird mit dem Wasser, der Wasser wird. Nancy schloss die Augen und simulierte fuer einen Augenblick das Denken im Zeichen des Wassers: Ohne Luftzufuhr sank er auf den Grund. [Hier Bilder]

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