UNreal

Die Muellabfuhr reisst mich jaeh aus dem Schlaf, wie jeden Mittwoch. Im Zeitraffer die letzten Traumsequenzen. Der Fernsehturm am Alex faellt zusammen wie ein Kartenhaus, einfach so. Ohne Fernsehturm waere ich in Berlin voellig orientierungslos, hoere ich eine Freundin sagen. Eine monotone Stimme vom Band. Wie wenig realitaetsbezogen, dieser Traum, denke ich, traeume ich noch im Aufwachen. Ueber das Kopfsteinpflaster rattert ein Lastwagen. Glaube ich jedenfalls. Die Kirchenglocken holen mich zurueck in die reale [die fuer mich reale] Welt.

Gestern traf ich Leute, die eigene Projekte begonnen haben, interessante aber auch prekaere Projekte. Die mit meiner eigenen Realitaet wenig zu tun haben. Einen kochenden Komponisten, der in den Sophiensaelen und im Gorki-Theater Fuenf-Gaenge-Menues serviert zu einem literarischen Rahmenprogramm. Eine Kommunikationsdesignerin mit Kind, die in Neukoelln eine Musenstube betreibt und Schuelerinnen von der Ruetli-Schule erklaert, wie man Flyer entwirft und am PC gestaltet.

Zwei 26-jaehrige Filmstudenten, die am Maybachufer eine ganze Fabriketage angemietet haben, weil sie keine Lust haben, als Lebenspraktikanten verheizt zu werden. Was kann man von all diesen Leute lernen? Keine Scheu zu haben vor Nebenjobs, Mut zu harten Verhandlungen mit Geldgebern, um eigene Projekte zu finanzieren. Vielleicht auch mal wieder ein bisschen realitaetsbezogener zu traeumen.

7 Kommentare zu “UNreal

  1. Ich denke, der sog. Nebenjob ist das Elexier dieser sog. prekären Generation – dazu braucht man eigentlich keinen Mut, das ist eine Notwendigkeit – woher kommt sonst das Brot auf den Tisch?
    Aber vielleicht sollten auch nicht die Träume realitätsbezogener sein, sondern die Realität ein bisschen traumhafter…

  2. Aber sie hat sich vorgenommen, realistischer zu traeumen!? Und realistischer heisst in diesem Falle auch mit >weniger Fernsehtuermen

  3. “Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!” Ich finde, die Fernsehtürme sollten bleiben dürfen.

  4. Ich möchte diese Diskussion jetzt vielleicht doch noch auf eine andere Stufe heben. Anne fragt: “Was kann man von all diesen Leute lernen? Keine Scheu zu haben vor Nebenjobs, Mut zu harten Verhandlungen mit Geldgebern, um eigene Projekte zu finanzieren.”
    dazu folgendes von mir: “Nebenjobs” sind das Elexier des Prekariats (mal ganz ehrlich, wer kann schon von einem chicen Erbe zehren oder wird zeitlebens von Mom und Dad finanziert?)
    “harte Verhandlungen” – Yes! und zwar mit harten Bandagen – oder einfach gute Konzepte entwickeln, dann sprudelt es aus den öffentlichen Kassen ja, wie wir alle wissen ;) !!! in diesem Sinne: keep it real!

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