Tage der Gewalt

Vor nicht allzu langer Zeit: Generalunternehmer Holzmann, der trotz der Kanzler-Intervention Konkurs gegangen ist, nimmt einen 100.000.000 Millionen DM Auftrag an und muss feststellen, dass er nicht in der Lage ist ihn umzusetzen. Ein Ausstieg aus dem Vertrag ist nicht moeglich, das Budget ist knapp kalkuliert. Die Loesung scheint einfach: Auf dem Berliner Architektenmarkt gibt es genuegend Spinner, welche zu Dumpingpreisen arbeiten. Meine Chefin nimmt einen Teilauftrag von Holzmann an. Ihr Buero besteht aus Ihr und mir, dem Studenten, der dort anfaengt zu arbeiten, da bei diesem Projekt viel CAD zum Einsatz kommen soll, wovon Sie wiederum keine Ahnung hat.

Auf der Etat-Ebene sieht das Holzmann-Projekt keinen ausfuehrenden Architekten vor. Das Budget des Bauherren sieht keinen Projektmanager vor. Der Projektmanager spart sich sein Gehalt selbst zusammen, indem er nach Fehlern sucht und Konventionalstrafen verhaengt, die vereinbarten Honorare zahlt er nur teilweise aus. Die ersten Opfer des Projektmanagers sind
diverse Holzmannangestellte, welche der Reihe nach entlassen werden. Danach werden die Architekten finanziell belangt. Gegen Ende des Baugeschehens macht er sich mit grossem Erfolg ueber die Handwerker her. Zu seiner eigenen Absicherung holt sich der Projektmanager einen Stellvertreter mit an Bord, welcher alles unterschreiben muss.

Holzmann hat einen Hausstatiker, welcher alle Auftraege fuer ihn bearbeitet. Da er ohnehin saemtliche Auftraege von Holzmann erhaelt, ist er im Laufe der Jahre dazu uebergegangen die Arbeit voellig einzustellen. Anfragen von externen Architekten ignoriert er, oder aber er verweist diese auf veraltete Entwurfsstatiken, welche nicht das Geringste mit dem zu bauenden Gebaeude zu tun haben. Der Bauleiter von Holzmann ist den ganzen Tag auf der Baustelle, er ist ein alter Fuchs und ignoriert die Architektendetails, da er es besser weiss! Zumeist fordert er die Architekten auf, ihre Details gemaess dem Gebauten umzuzeichnen. Das entlastet bei den folgenden Gerichtsverhandlungen Holzmann und belastet den ausfuehrenden Architekten.

Im Architektenbuero arbeiten wir unter Hochdruck. Zu zweit schaffen wir das Arbeitspensum nicht. Es werden immer wieder Leute fuer das Projekt angestellt. Sie bleiben in der Regel einen Monat, bevor Sie von der Architektin zusammengebruellt und rausgeschmissen werden. Mein Gehalt ist seit einer Woche ueberfaellig. Ich erklaere der Architektin eindringlich, dass das Gehalt puenklich auf meinem Konto zu sein hat. Ihre Geldprobleme interessieren mich nicht. Sie telefoniert mit Holzmann. Sie ist auf der Suche nach dem Zustaendigen. Als sie ihn gefunden hat, bruellt sie ihn in Grund und Boden und droht ihm mit einer Beschwerde. Sie legt auf, telefoniert erneut mit Holzmann, beschwert sich ueber die zustaendige Person. Sie ist ausser sich. Dann ruft Sie den Schlosser an, auch Ihn bruellt Sie an. Ich sitze am Rechner und weiss, dass mein Geld in wenigen Tagen auf dem Konto sein wird.

Neulich in meiner Nachbarschaft: Ich laufe mit meiner Freundin durch den Park. Die Sonne scheint. 3 Penner sitzen unter dem Baum auf der Parkbank. Ein 50jaehriger Penner mit grauen, fettigen, schulterlangen Haaren steht vor der Bank. Sein aufgeschwemmter Oberkoerper ist nackt, der Bierbauch quillt traege ueber den Hosenbund, seine Arme sind voller Knasttatoos. Er schwankt und hebt drohend den Zeigefinger gegen einen der anderen auf der Bank sitzenden Penner. In sich zusammengekauert, mit krummem Ruecken sitzt der Penner am Bankende, er haelt die Bierdose in der Hand. Mein Blick streift ihn.

Mit der Bierdose in der Hand kommt der Penner auf mich zugerannt. Ich lasse ihn bis auf einen Meter an mich rankommen, bevor ich ihm einen rechten Frontkick in den Magen verpasse. Waehrend er den tritt in seinem fetten Koerper aufnimmt, macht sich Verwunderung in seinem Gesicht breit. Er schuettelt in einem Tobsuchtsanfall den Kinderwagen. Das Baby faengt an zu schreien. Er haelt kurz inne und schmeisst den Kinderwagen um. Das Baby faellt auf den Asphalt. Fuer einen Moment herrscht Stille, bevor das Geschrei wieder einsetzt.

Ich reisse den Penner zu Boden. Der Penner liegt am Boden. Sein Nacken liegt auf einer knapp ueber dem Boden verlaufenden Stahlstange, welche als Absperrung der angrenzenden Rasenflaeche dient. Sein Hinterkopf lehnt an einem Stahlabfalleimer. Ich schlage unkontrolliert mit der rechten faust in sein Gesicht. Auf seiner Stirn, knapp ueber der linken Augenbraue, reisst eine Platzwunde auf. Blut fliesst aus der Wunde und faerbt sein Gesicht rot. Alkohol und Adrenalin im Blut des Penners lassen ihn keinen Schmerz
fuehlen.

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