Sunday Morning

>Sunday Morning<. Erinnert sich noch jemand an den Song von >The Velvet Underground< ? Ich erinnere mich auch nicht, das war vor meiner Zeit. Andy Warhol entwarf ein Plakat fuer die Band, einfach nur eine gelbe Banane. Das hing bei den Eltern einer Schulfreundin im Flur und gefiel mir super. Das Enblem tauchte ploetzlich ueberall auf: Als Graffiti an Museen und Galerien, in Hinterhoefen, in denen irgendwelche Off-Veranstaltungen stattfanden. Eine Art Wegweiser durch das Kultur-Dickicht. Das Guetesiegel eines anonymen Kulturfreaks, der alle Orte, fuer die er sich begeisterte, mit der Warhol-Banane versah.

Mein Vater kaufte das Album von >Velvet Underground< irgendwann bei zweitausendeins, das Plakat hing laengst in meinem eigenen Zimmer. Ein zweites Aha-Erlebnis nach den Bananen-Graffitis: Die Musik fand ich ok. Gleichzeitig war ich erleichtert, nicht nur aus aesthetischen Gesichtspunkten irgendwas an die Wand gekleistert zu haben. Ein Plakat einer Band, die eigentlich gruselige Klaenge produziert. >Sunday Morning< begegnete mir ein drittes Mal, und zwar am Mittwoch im Deutschen Theater. In einem sehr traurigen Stueck von Tennessee Williams ueber die Zwaenge einer amerikanischen Familie. Eine verlassene Ehefrau, die darauf bedacht ist, die Fassade zu wahren, tyrannisiert das, was von der Familie uebrig blieb: Einen armseeligen Sohn, der in die Rolle des Familienernaehrers gedraengt wird, aber viel lieber Rebell waere. Und eine Tochter, die weder auf eigenen Beinen stehen kann, noch die erforderlichen Hausfrauenqualitaeten an den Tag legt, um geheiratet zu werden. Zu Beginn jeder neuen Szene wird >Sunday Morning< eingespielt. Sehr traurig wie gesagt. Gut, dass es heute nicht regnet.

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