Schneefeuer

Es ist Freitagnacht. Ich komme aus der S-Bahn. Schneeflocken legen sich auf meine Jacke, meinen Schal, meine Muetze. Sie huellen mich ein, umwehen mich. Genauso den Alexanderplatz. Er ist so weiss, dass es fast weh tut, hinzuschauen. Hinter mir steht der Fernsehturm. Ich kann seine Kugel kaum mehr ausmachen, so verschneit ist alles. Doch die roten Blitze, die der Turm durch die helle Nacht schickt, sind gerade noch zu sehen. Ich muss ueber den Platz gehen, zur U-Bahn. Der Schnee knirscht vermutlich unter meiner Last, hoeren kann ich es nicht. In meinen Ohren stecken die Kopfhoerer meines MP3-Players. In meinem Kopf laeuft der Soundtrack fuer diesen perfekten Moment.

Ich hoere einen Elektroorgel-Ton, schon setzt ein Klavier ein. Hohe Toene klimpern vor sich hin. Gloeckchen-Sound. Leise, taenzelnd, wie Schneeflocken. Von irgendwo her kommt ein dumpfer Geigenklang dazu. Ein pathetisches E-Gitarrenriff. Geschaeftigkeit ohne Ende. Irgendwann schweissen sich Klavier und E-Gitarre zu einer Melodie zusammen. Nur eine Sekunde spaeter setzt die bass drum ein. Dazu eine Maennerstimme, die fast fluesternd singt: >And if the snow buries my, my neighborhood.< Ich muss laecheln, so gut passt der Song zum Moment. Die Stimme wird lauter, die bass line treibender. Ich habe das Gefuehl, dass ich anfangen sollte zu laufen. Ich renne ueber den Platz, singe laut mit: >Then our skin gets thicker / from living out in the snow<. Angekommen. Ausser Atem. In der U-Bahn schaue ich in die Gesichter der Menschen, waehrend der Song ausklingt. Alle sind unterwegs. Vermutlich nach Hause oder zur naechsten Party. Fuer einen ganz kurzen Moment bekomme ich so ein Heimweh-Gefuehl. Das liegt vermutlich an der Musik von Arcade Fire. Der naechste Song kuendigt sich schon an. Kurz durchatmen. Mehr ist nicht. Oh, da ist mehr.

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