Revolution… und dann?

>Hoch die internationale Solidaritaet!< So etwas sagt sich so einfach und ist in seiner eigentlichen Bedeutung doch so komplex. Eben noch bekundet man seinen Beistand fuer eine Sache als Einer unter mehreren hundert anderen und dann, im naechsten stillen Moment, kommen die Zweifel. Die Demonstration, die, organisiert von deutschen Studenten iranischer Herkunft und iranischen Exilbuergern, am Sonntag den 21.06.09 stattfand, richtete sich vor allem gegen die Verletzungen der Menschenrechte und das Ermorden der friedlichen Demonstranten waehrend der aktuellen Unruhen im Iran.

Es war eine friedliche Demonstration und der zu Beginn zitierte Leitsatz Mahatma Ghandis zu einer gewaltfreien Revolution >Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie ueber dich, dann bekaempfen sie dich und dann gewinnst du!< sprach den Anwesenden aus der Seele. Allerdings ist es schwer sachlich zu bleiben, kuehlen Kopf zu bewahren und den Prinzipien einer gewaltfreien Loesung treu bleiben zu wollen, wenn man die Bilder sieht, welche auf etlichen Plakaten an diesem Sonntag durch Berlin getragen wurden. Zusammengeschlagene, blutueberstroemt auf dem Boden liegende Demonstranten. Alte und Junge, sogar Kinder, ohne Ruecksicht ob maennlich oder weiblich. Von lokalen Milizen waehrend der Demonstration wie auf Hetzjagden erschossene Iraner. Menschen, die fuer Prinzipien aufgestanden sind, die wir in unserer Gesellschaft als fuer selbstverstaendlich gegeben hinnehmen, deren Wert und Fragilitaet einem aber durch solche Zeugnisse wieder schlagartig bewusst wird. Neben dem intellektuellen Erfassen der Situation laesst sich schlichtweg nicht umgehen, in die emotionale Kerbe zu schlagen: Diese Menschen auf den Plakaten hatten Familien, Freunde und Bekannte. Vielleicht sogar unter denen, welche diese Bilder nun mit sich herumtragen. Es werden Plakate hochgehalten, auf denen gemutmasst wird, dass es mittlerweile schon ueber 150 Tote gegeben hat. Sicher kann man sich aufgrund der verhaengten Nachrichtensperren nicht mehr sein. Schliesslich bleiben uns nur Internet und die minimalen Informationen, die die Nachrichtenkorrespondenten aus dem Iran weitergeben. Iranische Studenten erklaerten mir waehrend der Veranstaltung, dass Oppositionsfuehrer Mir Hossein Mussawi gar nicht wegen seiner politischen Ziele ihr Favorit sei, sondern dass er mehr eine Art Galionsfigur des Aufstands sei, die die Menschen zum handeln bewegt und ihnen einen Grund gibt, auf die Strasse zu gehen. Sicherlich ist das wahr, denn nach Mossawi selber ging es ihm nur um die Bekaempfung von >Luegen< hinsichtlich der Wahl, er stellt nicht das theokratische System des Irans an sich in Frage, welches momentan den Unmut der Bevoelkerung schuert. Seinen Anhaengern, jedenfalls unter den Exiliranern und iranischen Studenten geht es allerdings mit der Absetzung des Regimes um weitaus mehr. Was danach geschieht, ist allerdings nicht zu sagen, denn es scheint den Beteiligten selber nicht klar zu sein, jedenfalls antworten die Studenten nur verhalten in Anbetracht ihrer eigenen Unsicherheit und Ratlosigkeit. Eine Demonstrantin gibt an, dass es noch viel zu frueh waere, von einer Revolution zu sprechen und dass eine grundlegende Veraenderung der Situation reinem Wunschdenken entspraeche. Die Mullahs zum Abtritt zu bewegen, sei wie jemanden zu bitten, Selbstmord zu begehen. Aber egal wer an die Macht komme, es sei ein wichtiges Zeichen, dass das Volk fuer eine gemeinsame Meinung und Forderung aufgestanden sei. Was koennen wir also als Aussenstehende tun? Haben wir ueberhaupt ein Recht uns einzumischen? Wie soll dieses Einmischen aussehen? Westliche Eingriffe in den Nahen Osten, insbesondere in den politischen Verlauf der Geschichte Persiens bzw. des Irans haben meist zu negativen Folgen fuer die Bevoelkerung des Landes gefuehrt und einen Unmut gegenueber dem Westen heraufbeschworen! [Nach dem, was man im Internet zu dem Thema recherchieren kann, wohl auch zu Recht.] Momentan herrscht jedenfalls eine komplexe Situation, die es dem Einzelnen unter uns nur schwer ermoeglicht, mehr zu tun, als Solidaritaet mit den Opfern und ihren Angehoerigen zu bekunden.

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