Es fiel ihr nicht leicht

Es fiel ihr nicht leicht, ueber ein Buch zu schreiben. Ueberhaupt zu schreiben. Das beste Buch der Welt war natuerlich >Michel in der Suppenschuessel<. Daran gab es nichts zu ruetteln. Da stimmte einfach alles. Ein harmonisches Buch war das. Doch nun war sie aelter und was konnte sie jetzt schreiben? Es war ein Witz, dass gerade sie Kritikerin war. Warum eigentlich? Der Teekessel pfiff. Gab es eigentlich eine Vergangenheitsform von warum? Warumte? Sie aergerte sich ueber ihr Abschweifen. Es gab immer Dinge, ueber die sie sich aergerte. Es war ein zittriges Aergern voller Unzufriedenheit darueber, die Dinge immer bewerten zu muessen. Dieser Film gut, dieses Lied schlecht. Zum Glueck hatte sie sich von Anfang an ein paar Dinge ausgesucht, an denen es nichts zu ruetteln gab. Ein paar Buecher, die in den hintersten Ecken ihres Gehirns verstaubten und nichts von ihrem Glanz verloren. Fabian von Erich Kaestner, weil er so mystisch und verloren war. Weil ihn diese Traeume verfolgten und die Realitaet sich manchmal mit ihnen vermischte. Vielleicht drehte sich die Frage ja auch nicht darum, welches Buch, welcher Film, welches Stueck, sondern warum ueberhaupt? Wie kann es passieren? Buecher waren das wichtigste in ihrem Leben. Sie reflektierten, sie relativierten und die Buecher an sich waren unbefangen. Sie verlangten nichts, ausser gelesen zu werden. Sie gaben ihrem Leben einen Halt. In Buechern konnte alles erfunden sein und doch war es die ganze Wahrheit. Das Absolute. Das Gute. Eine Flucht. Aus der Realitaet in die Realitaet der Worte. Helden erwuchsen zu ihren Vorbildern, Leiden war auf einmal kein Fremdwort mehr und wer kennt ihn nicht, den Schmerz der letzten Seite. Vermutlich zu viele Menschen, dachte sie.

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