Nicht nur ein wichtiger Knotenpunkt der “Neuen Seidenstraße”, sondern ein Hub im weltumspannenden logistischen Kapitalismus – diese Rolle fällt ausgerechnet Georgien zu. Doch die Probleme häufen sich in der kleinen post-sowjetischen Republik: Bauprozesse werden immer wieder verzögert und bleiben unvollendet, Arbeiter*innen werden von allen Seiten ausgebeutet, Umweltschäden nehmen zu. Infrastrukturprojekte haben in dieser Region eine lange Tradition – ebenso wie Arbeiter*innenkämpfe. Doch der Blick in die Vergangenheit ist durch ideologische Attrappen verstellt. Die Geografin und Aktivistin Evelina Gambino zeigt, wie sich unter diesen Bedingungen von Geschichte lernen lässt. weiterlesen »
Gehypte Netflix-Dokus zeichnen Rumänien als ein urwüchsig-unberührtes Stück Natur. Dieser Orientalismus passt ins Bild, welches sich der westliche Teil der EU macht: rückständiges Land, arbeitswillige Bevölkerung. Welche Funktion hat diese Vorstellung für die Politik der Arbeitsmigration? Der Anthropologe und Berliner Gazette-Autor Florin Poenaru sieht hier keinen Sonderfall an den Rändern der EU, sondern Europas Zukunft. weiterlesen »
Abibas-Sneaker, Ponosonic-Gadgets und Ducci-Taschen! Shanzhai-Kopien westlicher Produkte sind mehr als Kopien. In post-sowjetischen Staaten wie etwa der Ukraine, ermöglichen sie der Arbeiter*innenklasse, sich die Idee des Westens auf subversive Weise anzueignen. Die Autorin und Kuratorin Lesia Prokopenko unternimmt einen Streifzug durch Märkte und Basare. weiterlesen »
Die Logik des Kapitals kommt paradigmatisch im Osten zur Geltung: Statt “blühender Landschaften”, gibt es “brachliegende Landschaften”. Die fast verwahrlost wirkende Unfertigkeit des Gebiets ist allerdings kein Anzeichen von Scheitern, sondern, wie der Aktivist und Autor Christoph Marischka zeigt, Ausdruck jener „schöpferischen Zerstörung“, welche der Idee von Expansion und Disruption zugrunde liegt. Eine Suchbewegung von Warschau über Leipzig bis Bergkarabach. weiterlesen »
Wer eignet sich als Übersetzerin des Gedichts einer jungen Afroamerikanerin? Wie wichtig ist ein gemeinsamer Erfahrungshorizont, um wirklich zu verstehen, was gemeint ist? Während in den letzten Monaten eine Debatte um genau diese Fragen Twitteruser*innen um den Schlaf brachte, ist ein anderes Übersetzungsproblem fast in Vergessenheit geraten: GoogleTranslate, DeepL und andere Übersetzungsmaschinen haben ein Diskriminierungsproblem. Berliner Gazette-Autor und Technikforscher Christian Heck bringt beide Debatten zusammen. weiterlesen »
Die Treuhandanstalt sorgte für wirtschaftliche und soziale Verwüstungen in der ehemaligen DDR. Die Folgen sind bis heute spürbar. Komplementär dazu hinterlassen “Aufklärungskampagnen” – etwa der Stiftung Aufarbeitung und der Jahn- (ehem. Gauck-) Birthler-Behörde im Verbund mit den öffentlich-rechtlichen Medien – eine weitreichende psycho-soziale Traumatisierung. Deren Schäden sind bislang weder benannt, geschweige denn hinreichend kritisiert worden. Die Soziologin und Berliner Gazette-Autorin Yana Milev unternimmt eine Bestandsaufnahme. weiterlesen »
Im Schnelldurchlauf wurden die Gebiete der ehemaligen osteuropäischen Staaten in den Kapitalismus “überführt”. 30 Jahre später ist überall im Osten unverkennbar, dass das Ganze kein Wohltätigkeitsprojekt Westeuropas war. Wie die Künstlerin und Philosophin Marina Gržinić zeigt, ist das ehemalige Jugoslawien ein Paradebeispiel für ein turbo-kapitalistisches Laboratorium, das durch EU-Interessen “reguliert” wird und deshalb so reibungslos funktioniert, weil man gleichzeitig auch den Prozess der Faschisierung auf “turbo” geschaltet hat. Ein wütender Zwischenruf. weiterlesen »
Die Covid-19-Pandemie hat zahlreiche, folgenschwere Konsequenzen. Eine davon hat bisher wenig Beachtung gefunden: die Transformation des Lehrens und Lernens an Hochschulen. Innerhalb kurzer Zeit und oft gegen den Willen der Betroffenen hat die komplette Umstellung auf Online-Bildung und “effiziente” Lernmanagement-Systeme stattgefunden. Wird es für die Hochschulbildung ein “nach der Pandemie” geben? Der Soziologe Robert Ovetz, selbst prekärer Akademiker in den USA, zeichnet nach, wie die Neoliberalisierung der Bildung vorangetrieben wird und macht konkrete Vorschläge, wie Lehrende und Studierende sich zur Wehr setzen können. weiterlesen »
Wissen ist heute eine Ware. Wie ein schön verpacktes Kaubonbon wird diese Ware schnell konsumiert – und selten ordentlich verdaut. Auch in der Kunst, der neben all ihrer „Markttauglichkeit“ auch immer das Versprechen inne wohnte, kritische Gegenentwürfe zu liefern, ist die Ware Wissen zu einem unverzichtbaren Teil der künstlerischen Praxis geworden. Wie können Kunst und Wissen jenseits des Marktgeschreis wieder zusammenfinden? Die Berliner Gazette-Autorin und Kunstkritikerin Julia Gwendolyn Schneider begibt sich auf eine Suchbewegung. weiterlesen »
Kreative Zerstörung (lies auch: Disruption) scheint in “Ostdeutschland” seit 30 Jahren zum Alltag zu gehören. Perfekte Voraussetzungen also für Tesla, wie auch andere kapitalistische Player (Amazon, Google, RB Leipzig mit dem Unternehmen Red Bull als Hauptstruktur), die den normalen Weg kapitalistischer Produktion nicht gehen und die Regeln von Genehmigung, Arbeiter:innenrechten etc. nicht befolgen wollen? Politikwissenschaftler Stefan Kausch und Diskursanalytiker Jürgen Link zeigen: mit der medial-diskursiven Konstruktion der ambivalenten Normalitätsklasse “Ost” können die Interessen des Kapitals quasi nach Belieben bedient werden. weiterlesen »
Die großen und kleinen Online-Plattformen, die vor allem in den westlichen Gesellschaften “systemrelevant” geworden sind, werden – wie übrigens große Teile der digitalen, scheinbar vollends durchautomatisierten Welt auch – durch weitgehend unsichtbar gemachte Crowdworker*innen in Betrieb gehalten. Es ist hinlänglich bekannt, dass sich ein Großteil dieser “Ghost Worker” in Ländern des Globalen Südens befindet, unter anderem in Indien. Weniger Beachtung findet die wachsende Zahl digitaler Arbeiter*innen in Osteuropa. Die Sozialwissenschaftlerin Mira Wallis unternimmt eine Bestandsaufnahme. weiterlesen »
Im September 1961 schlug die Geburtsstunde einer Bewegung, die versucht hat, sich weder dem Ostblock, noch dem Westen unterzuordnen. Die “Bewegung der Blockfreien Staaten”, dessen treibende Kraft das sozialistische Jugoslawien war, wollte Wirtschaft und Zusammenleben neu denken und vor allem den Globalen Süden Gewicht auf der Bühne der internationalen Politik geben. Der Soziologe und Aktivist Paul Stubbs, der seit den 1990er Jahren in Zagreb lebt, unternimmt eine Bestandsaufnahme und fragt, was soziale Bewegungen von den “Blockfreien” lernen können. weiterlesen »
Unter dem Stichwort “Aufbau” wurden in der ehemaligen Sowjetunion riesige Infrastrukturprojekte gestemmt. Jahrzehnte nach dem Zerfall des zentralistisch regierten, föderativen Einparteienstaats, dessen Territorium sich über Osteuropa und den Kaukasus bis nach Zentral- und über das gesamte Nordasien erstreckte, ist dieses “Netzwerk” in Auflösung begriffen. Wenig überraschend wird im Zuge dessen das Gemeinwohl zugunsten der Interessen der Privatwirtschaft vernachlässigt. Anhand der anhaltenden öffentlichen Debatten über Infrastrukturprojekte wie Wasserkraftwerke und ÖPNV zeigen Lela Rekhviashvili und Wladimir Sgibnev auf, wie Bilder der Vergangenheit und Zukunft aktiviert werden, um eine kompromittierte Gegenwart zu verteidigen. weiterlesen »
Mit der Pandemie-Bekämpfung erfahren biopolitische Kontrolltechniken einen Aufschwung und treffen im Zuge des Quarantäne-Nationalismus ausländische Bürger*innen besonders hart: wenn in einer globalisierten Welt die Grenzen zwischen Innen und Außen unwiderruflich porös geworden sind, dann bietet ein Virus die Legitimation für Abwehrkämpfe gegen imaginäre Eindringlinge jeglicher Art. Die Autorin und Reiseleiterin Alena Eckelmann begibt sich auf eine Spurensuche in Japan. weiterlesen »