Offene Kunst und ihre Bratwurstigkeit

Das von mir hochgeschaetzte musikalische Feuilleton der Berliner Zeitung wartet in all den zahlreichen Besprechungen von musikalischen Ereignissen immer wieder einmal auch mit noch tiefergehenden Erlaeuterungen auf. Peter Uehling und Wolfgang Fuhrmann sind wunderbar praezise in ihren Berichten und ich lese sie immer gern – weil ich die Konzerte leider selten selbst besuchen kann. Zur “Oper fuer alle” in Berlin macht sich Uehling einige Gedanken, denen ich in fast allen Punkten zustimme. Sein Kernsatz: “Fuer die Kultur sind solche abgespeckten Vermittlungsformen am Ende ruinoeser als geringere Saal-Auslastungen, und man meint die Folgen schon am Drum und Dran des Konzerts ablesen zu koennen.”

Dann geht es um musikalische Diskurse und Partituren. Und darum, dass es problematisch ist, Kunst nach unten wegzudeklinieren. >Die Frage ist doch eher, ob man willens ist, sich auf die historischen Ausdrucksgebaerden des klassischen Repertoires einzulassen. Dieses innere Entgegenkommen wird von den frei Haus eingeladenen Massen aengstlich nicht mehr verlangt, denn man fuerchtet ja, dass sie dann nicht wiederkommen.< Anpassung an die schlechte Situation ist das. Und wie Uehling sagt, die Reise gehe >nirgendwohin<. >Statt weiter zu gehen, verkriecht man sich in den Startloechern<, heisst es dort. Schliesslich plaediert er fuer eine positive Umdeutung des Begriffs des Museums. >Kampf und Krampf um Zuschauermassen wuerden sich vielleicht legen, wenn Orchester und Opernhaeuser sich ein museales Selbstverstaendnis zulegten. Man wuerde staunen, wie lebendig es dennoch in diesem klingenden Museum zugeht, wenn sich ihm die neugierigen Ohren der Interessierten oeffnen und nicht die ungeduldigen der Erlebnishungrigen.< Das ist nicht gerade den entsprechenden Entwicklungen konform, die mehr darauf setzen, mit allen Mitteln, Kunst herunterzuvermitteln. Damit sind sie fast auch schon in der Position der alten Paedagogik, die einen André Rieu lobt, weil vielleicht etwas haengen bliebe und Menschen gewonnen werden. Aber geht es denn um das Gewinnen, um den Kundenstamm, um die kuenstlerische Dienstleistung auf dem Markt? Oder verspricht Kunst nicht eigentlich viel mehr?

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