“BerlinSur”: Nachrichten aus dem Off

Das Online-Magazin BerlinSur wird von LateinamerikanerInnen betrieben, die überwiegend in Berlin leben. Die Chefredakteurin Veronica Marchiaro lässt sich bei ihrer Arbeit über die Schulter blicken.

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Geboren wurde ich in Santa Fe, einer Provinz in Argentinien. Studiert habe ich an der Nationalen Universitaet von Cordoba, mit einem Abschluss in Publizistik. In der selben Stadt habe ich dann auch angefangen, als Journalistin fuer das Radio sowie fuer Printmedien zu arbeiten. 1996 zog ich schliesslich nach Berlin, mit der Idee Deutsch zu lernen und weitere Erfahrungen in meinem Berufsfeld zu sammeln. Bereits ein Jahr spaeter habe ich dann in der spanischen Redaktion der Deutschen Welle gearbeitet. Abgesehen davon, betaetige ich mich als freie Journalistin, Regisseurin von Dokumentarfilmen und als leitende Redakteurin von >BerlinSur

BerlinSur entstand aus einer Notwendigkeit heraus. Unter meinen spanischsprachigen Freunden und Kollegen kam der Wunsch auf, in unserer Muttersprache ueber Themen zu sprechen, die in den traditionellen Medien ueber Berlin und Deutschland nicht verhandelt werden. Es ging uns darum, einen offenen und kritischen Raum zu kreieren. Wir denken, dass es dahingehend eine Informationsnische gibt, eine Leerstelle gewissermassen, die aber auch mit alternativen Nachrichten ueber Lateinamerika gefuellt werden sollte. Vor diesem Hintergrund wurde unser Online-Magazin geboren, uebrigens ohne jegliche institutionelle oder kommerzielle Unterstuetzung!

Im Rahmen der Restrukturierung der internationalen Beziehungen zaehlt Lateinamerika nicht zu den vorrangigen Themen der deutschen und europaeischen Aussenpolitik. Diese Tatsache bestaetigt sich mit Blick auf die Massenmedien, in denen Lateinamerika wenig Raum gegeben wird. Die Beobachtung bestaetigt sich auch in der Entwicklungspolitik. Dagegen stellt die spanische Sprache eine starke Verbindung zwischen Deutschland und Lateinamerika dar und generiert als solche ein betraechtliches Interesse in der deutschen Gesellschaft an den Entwicklungen in Uebersee. Unser Ziel besteht darin, unbekannte Aspekte aus der Welt lateinamerikanischer ImmigrantInnen in Berlin und Deutschland zu zeigen – politische, soziale, sowie kulturelle Aspekte. Dabei jedoch auch das Klischee des >Latino< zu demystifizieren.

Unser Online-Magazin zielt darauf ab, Schoepfungen, seien sie journalistischer oder kuenstlerischer Natur, einen Raum zu geben, den sie anderswo nicht gefunden haetten. Immerhin gibt es in Deutschland eine reiche kulturelle Landschaft, deren Architekten lateinamerikanische Immigranten sind. Es gibt hier mehrere soziale Projekte, Organisationen und Vereine von lateinamerikanischen MigrantInnen, die sich mit Kultur und Politik beschaeftigen. Ausserdem gibt es in Deutschland viele Lateinamerikaner, die bei Universitaeten als Dozenten taetig sind, viele Journalisten, die neue Medien gestalten. Dazu muss man sagen, dass die MigrantInnen aus Lateinamerika besonders gut ausgebildet sind, weil – so unglaublich es klingen mag – in vieler unserer Laender die Ausbildungssysteme immer noch staatlich sind. Das bedeutet: Uns kommt auf fast immer kostenloser Basis eine solide Bildung zu.

BerlinSur soll ein Raum bieten fuer Meinungen und Reflexionen ueber die politischen und kulturellen Erscheinungsformen der deutschen Hauptstadt, aber auch ueber die Entwicklungen in Lateinamerika, wo sich derzeit revolutionaere Veraenderungen vollziehen. Im Moment erlebt Lateinamerika die Entstehung neuer linker Bewegungen, wie z.B in Argentinien, Brasilien, Uruguay, Venezuela und auch Chile. In Bolivien und Ecuador ergeben sich sehr interessante und starke soziale Bewegungen, in Folge dessen sind Praesidenten und ganze Regierungen ausgewechselt worden. Dies ist ein sehr vielversprechender und hoffungsvoller Augenblick. Sollten Staat und Nichtregierungsorganisationen die Gunst der Stunde nicht nutzen koennen, verschenken sie einen historischen Moment.

Daher arbeiten wir mit Journalisten und Intellektuellen zusammen, die ihre Arbeit aus Lateinamerika, Spanien und anderen europaeischen Laendern einreichen. Zu unseren Kooperationspartnern zaehlen aber auch unabhaengige Nachrichtenagenturen aus Lateinamerika, sowie Online-Magazine aus Suedamerika und Spanien.

Sofern es um Kulturaustausch geht, so versuchen wir einen Raum zu schaffen, in dem Diskussionen moeglich sind, in dem Ideen, Meinungen und Projekte in Umlauf gebracht werden, die sonst keine wirkliche Plattform haben. Als ein unabhaengiges Kommunikationsmedium haben wir dazu alle noetigen Moeglichkeiten. Allerdings nur auf inhaltlicher Ebene. Auf infrastruktureller Ebene kaempfen wir mit dem Problem, dass uns keine Mittel zur Verfuegung stehen, Projekte zu finanzieren oder professionelle Arbeitsraeume zu beziehen. Dennoch koennen Medien wie BerlinSur viel zum Kulturaustausch beitragen. Die offiziellen Institutionen, die auf diesem Gebiet taetig sind, sollten dagegen versuchen, ihren Horizont zu erweitern und sich auch KulturproduzentInnen gegenueber zu oeffnen, die jenseits der offiziellen Kultur angesiedelt sind.

Anm.d.Red.: Das Motiv oben stammt von adrian und steht unter einer Creative Commons Lizenz.

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