Freier Zugang zur Bildung und ein freier Journalismus gehören zu den Grundpfeilern einer demokratischen Gesellschaft. Diese beiden Pfeiler fangen gerade erheblich an zu bröckeln. Beispiel Großbritannien: Dort wird der Bildungsbereich gerade kernsaniert – der freie Zugang ist akut gefährdet. Auch um den Journalismus steht es nicht viel besser, so die Kulturwissenschaftlerin und Berliner Gazette-Autorin Mercedes Bunz.
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Journalismus ist in erster Linie dazu verpflichtet, die Öffentlichkeit zu informieren. Er muss Geld einbringen, damit er dieser Aufgabe nachkommen kann. Für ‘unternehmerische’ Journalisten (Stichwort: Entrepreneurial Journalism) kommt allerdings der Markt an erster Stelle. Damit ordnet man alles einer Logik der Effizienz unter, anstatt sich tatsächlich mit der Gesellschaft und objektiver Berichterstattung zu befassen. Diese Logik scheint die Geißel unserer Zeit zu sein.
Die Kunstkritikerin Claire Bishop hat neulich einen Artikel über die Sparmaßnahmen im öffentlichen Haushalt Großbritanniens verfasst, der mir die Augen geöffnet hat. Hier haben Bildung und Journalismus viel gemeinsam: beide adressierten bisher die Vernunft; jetzt werden sie umdefiniert und sollen in erster Linie den Markt ansprechen.
Ist der Markt die neue Vernunft?
Für diejenigen, denen das nicht bekannt ist: ab 2014 wird die Förderung der Britischen Universitäten in den Bereichen Kunst, Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften eingestellt. Die Fachbereiche müssen dann gezwungenermaßen einer Marktlogik folgen. Dozenten erhalten keine öffentliche Förderung mehr. Ihre Stellen werden dann durch Studiengebühren finanziert, die aus diesem Grund enorm ansteigen werden.
Premierminister David Cameron preist diese Einschnitte als eine “dramatische Umverteilung der Macht weg von den Eliten in Whitehall hin zu dem Mann und der Frau auf der Straße” an. Doch seine Vision der Big Society ist im Grunde ein Laissez-faire-Modell. Der Wolf kommt im Schafspelz eines Anreizes daher. Des Anreizes zu einer “neuen Kultur des Voluntarismus, der Menschlichkeit und sozialen Bewegung“ nämlich. Hier stellt Claire Bishop richtigerweise fest: Es wird kein neues Handeln ermöglicht, es wird nur die Illusion eines neuen Handelns verkauft. Wirklich frei wählen kann dann nur noch, wer auch bezahlen kann. Schön. Doch was, wenn man nicht bezahlen kann?
Einst war es die Übereinkunft dieser Gesellschaft, dass Demokratie auf Logik und Vernunft – und nicht auf Geld – gegründet ist. Dank kritischer journalistischer Berichterstattung konnte man sich informieren und an der politischen Debatte teilhaben. Bildung war hier eine Möglichkeit, jedem in der Gesellschaft die gleichen Chancen einzuräumen. Dafür brauchte man kein Geld, sondern einen Kopf. Heute scheinen sowohl Journalismus als auch Bildung diese Funktion in der Gesellschaft verloren zu haben. Stattdessen müssen sie der Logik des Marktes folgen.
Verleger sollten endlich aufhören zu fragen, wie sie, mit Blick auf das Internet, Gewinne einstreichen können. Stattdessen sollten sie fragen, wie sie neue Jobs generieren können – derweil sich JournalistInnen darauf konzentrieren, eine bessere wahrheitsgemäßere Berichterstattung zu gewährleisten. Was Journalismus bis jetzt wertvoll gemacht hat, war jedenfalls immer mehr als nur Geld.
Übersetzung aus dem Englischen: Anne-Christin Mook
10 Kommentare zu
http://www.eurozine.com/articles/2011-01-28-munch-es.html
( http://meedia.de/nc/details-topstory/article/werbesumpf--basic-kritisiert-blog-kufer_100032937.html )
Was mir an dem Beitrag hier von Mercedes Bunz gut gefallen hat: der deutliche Hinweis (samt Kontextualisierung) auf die gefährdeten Grundlagen der Demokratie.
"Ökonomisierung der Blogs") dann ist auf der anderen Seite von der Blog-Krise die Rede, die meint, das sich nix tut da in Blogo-Land, alles stagniert und keiner auf eine gute Idee kommt, die Sache, auch ökonomisch weiterzuentwickeln.
Dazu hat Deutschlands Blogger-Pionier Don Alphonose eine interessante Anmerkung:
"Wenn man sich etwas umschaut, gibt es gerade einen enormen Blogboom mit bezahlten Autoren, guter Präsentation und mehr oder weniger neuen Ideen. Bei den viel geschmähten Holzmedien nämlich."
(http://blogbar.de/archiv/2011/01/22/bloggerkrise-oder-blogkrise/ )
Meine Frage nun: diese tollen Blogs bei den "Holzmedien" --- sind die so eine Art hausgemachter Konkurrenz? eine Art Blillig-Qualitätsjournalismus in Zeiten, in denen Zeitungsverlage schlanker werden, treue Qualitätsjournalisten flexibilisiert/entlassen werden und Blogger im Hause recht und billig sind, sie passen zum Trend, ökonomisch und medial..
"Blogger – eine neue Klasse von Journalisten"
da heisst es im teaser:
"Während deutsche Blogger noch an ihrer heimeligen Privatheit festhalten oder ein „Ich darf alles“ fürs eigene Blog reklamieren, ist man andernorts schon weiter. Die Menschenrechtsorganisation “Artikel 19″ fordert, angesichts zunehmender Repressionen, das Presserecht auf Blogger auszudehnen – wenn sich die Blogger an den Pressekodex halten."
hier der link
http://carta.info/37657/blogger-eine-neue-klasse-von-journalisten/
http://www.netzpolitik.org/2011/usa-investieren-2-mrd-in-open-education/