Loecher in der Kultur

Das Gemeinsame ist die Gesellschaft, nur dass sie nie ist, sondern staendig wird. Deshalb muss auch immerzu neu entschieden werden, wie es weitergehen soll mit ihr. Damit haben wir es dann mit der Minimalbedingung der Gesellschaft schlechthin zu tun, naemlich mit der Frage, ob und wie die Gesellschaft mit ihren eigenen Mitteln fortgesetzt wird.

Durch das Kommunikationsmedium Internet wurde diese Frage nach Fortsetzung radikal verkompliziert, und zwar indem durch Vernetzung die kommunikativen Anschlussmoeglichkeiten vervielfacht wurden. Durch das Internet sind die Moeglichkeiten und Notwendigkeiten der Selektion einer Fortsetzung aneinander explodieren.

Organisiert werden muss ein solcher Ueberschusssinn [Baecker] von einem gesellschaftlichen Gedaechtnis, mit dessen Hilfe zwischen Erinnern und Vergessen vermittelt werden kann, einem Gedaechtnis, um laufend zwischen Bekanntem und Neuem und zwischen Redundanz und Varietaet zu unterscheiden. Staendig will aktuell geprueft sein, wie in Vergangenheit angeschlossen wurde und inwiefern Anschluesse in dieser Form in Zukunft sinnvoll sein koennen. Dieses Gedaechtnis heisst >Kultur< – und eines ist dabei wohl klar und unumstritten: Durch das Internet wird sich diese Kultur veraendern und veraendern muessen. Aber wie? Prognosen sind problematisch, gerade in einer Situation wie sie hier beschrieben ist. In einem Netzwerk muss jederzeit mit neuen und unbekannten Anschluessen gerechtet werden, die wiederum an anderer Stelle schon als gangbare Pfade bekannt sind. Bewaehrtes und Neues ruecken naeher zusammen und leichter als zuvor kommt es zu Konflikten. In dieser Situation koennte es dann um das Suchen und Besetzten von Nischen gehen, um eine Expedition nach Loechern in der Kultur selbst. Es koennte darum gehen, Gedaechtnis zu verwenden, um es zeitweise zu umgehen und ihm letztlich etwas hinzuzufuegen. Es kann eben nur weitergehen. Offen bleibt, wie.

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