Fahrende Wueste

Es ist heiss, es gibt keinen Schatten, und das Wasser ist auch fast alle. Zwei Bonbons uebrig. Keine Klimaanlage, keine Moeglichkeit, irgendetwas an der Situation zu aendern. Hilflosigkeit und ploetzlich gar keine Macht mehr; auf einmal kann man ueber nichts mehr entscheiden, nichts mehr bestimmen. K. steht im Stau. Eine schmerzhafte emotionale Wueste. Pathos. Alle Fenstern auf. Mittlere Spur. Heiss. Man koennte eigentlich aussteigen. Na gut, dann raus. >Hey Suesse, du mit dem polnischem Kennzeichen, wo faehrst du denn hin?< - bruellt jemand auf Polnisch. Dann vielleicht doch lieber rein. Polnisch ausschalten, versuchen, nicht nur so zu tun, als ob man es nicht versteht, sondern es tatsaechlich nicht verstehen.

Heute. Nur heute. Und bloss nicht zu viel drueber nachdenken. Radio. Radio ist gut – da hoert man doch Deutsch und vielleicht Englisch. Nachrichten, Wetter und Verkehr: >Thomas sagt euch, liebe Zuhoerer in welchem Stau ihr gerade steht. 10 km lang, ah ja, und aber trotzdem gute Fahrt!< Danke Thomas, dich muss K. auch ausschalten, und zwar sofort. Das Auto wird immer kleiner, drinnen gibt es jetzt weder Platz noch Luft. Alles ist so langsam und scheint gar keinen Sinn zu haben. Augen auf oder zu spielt jetzt auch keine Rolle mehr. So entsteht Wahnsinn, denkt K. >Hallo, ich bin C<, sagt C. War das Polnisch? >Faehrst du auch nach Stettin?< Ganz sicher Polnisch, und auch noch dieselbe Stimme wie vorhin. Heute. Nur heute. Verstecken geht nicht, wegfahren auch nicht. Fenster zu geht eigentlich auch nicht. Und das mit dem Nichtverstehen kann doch nicht funktionieren. Konfrontation ist unvermeidlich. C. erzaehlt. Aber wovon? Er spricht, aber K. hoert nichts. Alles dreht sich so komisch, die ganze Welt besteht aus Kreisen, alles ist rund und bedeutet nichts. Es gibt keine Geraeusche und keine Farben mehr. Die Polnische Flagge ist genauso farblos wie die Deutsche. Und die Luft schmeckt auf einmal salzig. >Fahr doch, verdammt noch mal!< Das war gerade ganz sicher Deutsch. Augen auf: C. ist weg. Gab‘s ihn ueberhaupt? Kupplung, der erste und zehn Meter nach vorne. Weiter in die Wueste.

2 Kommentare zu “Fahrende Wueste

  1. Ich fand den Artikel milde gesagt “tendenziell”. Man bekommt den Eindruck, dass dieses Benehmen typisch “polnisch” wäre. Ich galube das aber nicht.

  2. Hmmm, tendenziös sicher nicht, eher sehr persönlich, steht der guten Karolina doch frei, ob sie in der Sommerhitze schon mal bisweilen ihre Identität wechseln möchte…

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