Irgendwo in Brandenburg: Ein Mann steht zehn Stunden am Tag auf einem Kartoffelfeld, beackert es wie zu Grossvaters Zeiten. Schaut ihm dabei jemand zu? Immerhin, es ist Theater. Der “Brandenburger Bauer” ist ein arbeitsloser Schauspieler aus New York, der sein Landwirtdasein nur spielt. Boese Zungen werden sagen: Da sind sie, die bluehenden Landschaften Brandenburgs.
Hier wird Arbeit bestenfalls simuliert. Aber die Simulation ist gerade das Erzeugnis dieses Bauerntheaters
, das >Biorama-Projekt< baut im UNESCO-Biosphaerenreservat Schorfheide-Chorin Kunst an und will so den Gegensatz zwischen Natur und Kultur aufheben.
Dass Kartoffelanbau unter gewissen Umstaenden Kunst sein koennte, liegt heute wohl im Vorstellungsrahmen eines jeden. Die Kulturstiftung des Bundes, die das Projekt foerdert, haelt allerdings fuer einleuchtend, dass Kunst durch Kartoffelanbau zum Jobmotor fuer Landstriche in Brandenburg werden kann. Dort, wo schon lange nichts mehr angebaut wird, aber bald der Oekotourismus
boomen koennte – vor der Nachfrage nach Spektakeln der Landswirtschaftssimulationen
wird man sich hier so bald nicht mehr retten koennen!? Welch Szenario: Brandenburger werden in Scharen als Kunstdienstleister
in Lohn und Brot (Brot und Spiele?) und als erstes Bundesland wieder zu Vollbeschaeftigung gelangen!
Dass die Simulation der guten alten Zeit
in Gestalt ARD-Produktionen wie >Abenteuer 1900 Leben im Gutshaus<, >Abenteuer 1927 Sommerfrische< oder (mein persoenlicher Klassiker) >Braeuteschule 1958< wirtschaftlich profitabel sein kann, ist bereits bekannt. Doch derartige Produktionen haben den Anspruch der Authentizitaet, reale
Leute von heute werden in die authentische Realitaet
von damals gesteckt und wie Versuchskaninchen zur historischen
Erbauung des Publikums beobachtet (es konnte also schlimmer kommen als Big Brother
, denn hier fehlte wenigstens noch das Heimatfilm-Pathos). Der Kunst-Anspruch ist in einem solchen Zusammenhang bisher aus gutem Grund noch nicht erhoben worden.
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