Im Feuilleton geht es um Kultur. In diesem, dem der Berliner Gazette, und in den paar anderen, unwesentlichen, auch. “Kultur” ist schon eine an Schwammigkeit kaum zu ueberbietende Begrifflichkeit. Wo faengt sie an, wo endet sie, sowohl auf der Zeit-, als auch auf der Raumachse ist das wohl kaum zu klaeren. Ganz uebel wird es, will man Leute, die in derartige Machenschaften verwickelt sind, begrifflich fassen. In Ermangelung eines handfesten Oberbegriffs fuer Kuenstler, Philosophen, Literaten, Musiker, Kulturjournalisten, Publizisten und was sie nicht alles sind, scheint man sich auf Kulturschaffender geeinigt zu haben, ein ziemlicher Pyrrhos-Sieg. “Kulturschaffender”? “Jahresendfigur mit Fluegeln”? “Strassenverkehrsordnungswidrigkeitsverfahrens- einstellungsbescheid”?
Diese Wortschoepfung ist ja wohl eine Erbaermlichkeit. Kommt gleich nach durchfuehren
, das immer dann, und das ist nicht selten, herhalten muss, wenn Muttersprachler sich beim Aus-dem-Hirn-Leihern kreativer Substantivwendungen derartig verausgaben, dass es fuer ein Verb nicht mehr reicht. Da werden z.B. menschenverachtende Beleidigungen
– durchgefuehrt
. Ach so. Klar, man kann bestimmt auch rauschende Partynaechte
oder ekstatisch-exzessive Liebesakte
>durchfuehren<, wieso nicht. Klingt eben nur noch konstruierter, buerokratischer und lebloser als Kulturschaffende
. Nur, dass diese Herrschaften ja zu einem nicht unwesentlichen Teil auch noch Leute unter sich vereinen, die gerade ueber das Vehikel Sprache
>Kultur schaffen<, sich also in ihrem ureigensten Metier eine hingerotze Hilflosigkeit als Bezeichnung fuer ihre Sprachkunst verpassen lassen.
Also weg mit dem Jargon der Uneigentlichkeit! Zu diesem Zweck setze ich hiermit ein T-Shirt aus dem Shop der Berliner Gazette, in Art, Farbe und Groesse frei waehlbar, als Belohnung (wer unbedingt will, kriegt auch einen Teddy) fuer sachdienliche Hinweise aus, die zur Ergreifung eines runden, lebendigen, strahlkraeftigen Begriffs fuehren, der in sich das vereint, wovon er spricht: von Leuten, deren Leben und Leiden Kultur
ist. Vorschlaege bitte in die Kommentarleisten, Ihr habt bis einschliesslich Sonntag, 23.09., 23.59h Zeit, ein Stueck Kultur zu schaffen
und dafuer zu sorgen, dass die Berufungsbezeichnung Kultur[an]schaffender
niemandem mehr angetan wird.
30 Kommentare zu
Kulturhuren
Kulturhasen
Kulturende (in Anlehnung an Studierende)
Keine-bessere-Bezeichnung-für-den-Job-gefunden-habende
Kulturtekten
Kultör (oder Kultöse)
Hartz V
iKapitalisten
Globalisierungskulturkritiker
Lehrer
Das ist meine Vorlage!!! Jetzt müssen die anderen Kultösen erstmal nachziehen!!!
1. Kultiere
2. Beackernde
3. Krackonauten
4. Tastomaten
5. Neurotonen
6. Trippsis
7. Xalofibrillen
Nur sonpaarideen.
Kulturateur/Kulturatrice
Kulturator/Kulturatorin
Kulturausdünster/Kulturausdünsterin
Gesellschaftszecken
Kultur-Aaser/Kultur-Aaserin
Geistespfleger
... oder einfach IT!
2. Als Fremdwort für Geistespfleger schlage ich Mensaletist/Mensaletistin vor, von mens - Geist und alere - hegen.
2. Lebenstechniker (ernst, innovativ)*
3. Heimwerker (witzig, neo-nationalistisch)
* in Anlehnung an die Bedeutung von "Techné" (http://en.wikipedia.org/wiki/Techne) und den Umstand, dass "Technik" irgendwann vor oder nach Christi zunächst einmal mit sich bringt, dass es mit ihr und durch sie nicht mehr darum geht, einfach nur das Überleben zu sichern, sondern ihm neue Bedingungen zu stellen.
- cultural gangster
oder - zurück zu den Wurzeln -:
Künstler
aber warum einfach, wenn*s auch kompliziert geht?! (schliesslich sind wir hier im Feuilleton!): Kulturmanifestationszuständiger.
Ach, Scheiss!
Ich find Künstler am besten.
Aber ich habe noch was:
1. Kulturholiks
2. Kulturratschiks
3. Kultaner
4. Kultimultis ;-)
5. Kulturologen
6. Cooltanten
7. Kultururture
Ein herzliches Grüßgott aus Berlin
Kulturraffende
Ich komm in den nächsten Stunden noch mit mehr Vorschlägen
Kulturraffende wäre sogar noch weiter gefasst, auch für die, die rezipieren, aber nicht aktiv mitmischen, schließt aber die "Künstler" irgendwie wieder aus. Da es aber die "Kulturschaffenden" irgendwie ironisch aufbricht - du weißt Bescheid, Magdalena:) - finde ich das im Verbund gar nicht schlecht:
Kulturschaffende und -raffende
Kulturende, Mensalisten und Cooltanten finde ich allerdings auch recht bemerkenswert...
@Krystian: vielleicht "Lebenswerker"? oder "Geisteswerker"?
Und nu? Ok, ich will kein T-Shirt gewinnen, aber den Teddy würde ich nehmen, wenn ich nur eine Ahnung hätte was besser wäre. Kulturproduzent, klar. Aktant, Signifikant, Kulturant? Vielleicht? Ist zwar auch ein Unwort, klingt blöd, aber hat wenigstens klare Kanten. Kultureur wär mir lieb, ist auch noch ziemlich frei, aber die Franzosen haben uns schon so lange nicht mehr
Ah! Ich habs. Das ist auch schön Deutsch: Kultivator. Ein Kraftwerk von einem Wort. Heisst zwar was anderes, aber wer immer das bislang benutzt, hat so wenig mit Feuilleton zu tun, dass Überschneidungen fast auszuschliessen sind.
Mit dem Kultivator werden gepflügte Ackerflächen aufgelockert, die nach der Winterruhe oder heftigen Regenfällen verdichtet sind und daher mit einer Egge nicht entsprechend bearbeitet werden können. Er ersetzt den früher in weiten Gegenden üblichen Zwiebruch, das nach dem Winter nochmalige Pflügen des abesetzten Ackers.
Egge! Zwiebruch! Winterruhe! Verdichtet! Puh. Ein Wort das solche Freunde hat muss man doch einfach nehmen. (Gibts eigentlich kein MySpace für Worte?). Ach und auch inhaltlich hat das so was sanft revolutionäres.
PS: Und sieht er nicht einfach auch gut aus?
oder:
eine Kulturelle, ein Kultureau, viele Kultureaux
http://neuezukunft.wordpress.com/2007/09/19/kultur-ist-nichts/
Kulturarbeiter/Kulturarbeiterein
also ihr kennt alle "ex nihilo"
(aus dem nichts schöpfen)
http://de.wikipedia.org/wiki/Creatio_ex_nihilo
und ihr wisst alle, was ein nihilist ist
(so ein lebensverneiner, stückweit auch kultur verneiner)
http://de.wikipedia.org/wiki/Nihilist
beides jedenfalls klingt in meinem vorschlag an: das nein sagen (nein zu kultur-kapitalismus zum beispiel, oder zum kultur-nationalismus, oder kultur-imperialimus) und das schöpfen unter diesen bedingungen:
hier also der begriff:
>EX-NIHILIST
klar fassen Kuenstler auch die Rezipienten und Reflektanden zusammen, denn viele der Feuielletonisten stellen selbst den Anspruch mit ihrem Geschribsel etwas kuenstlerisches herzustellen.. auch wenn sie nur ueber die Kunst eines anderen schreiben (ja wie paradox ist das denn!!!(Fragezeichen)).
man merkt schon.. ich bin recht konservativ in dieser Hinsicht.
Bevor das hier ausufert sollte eventuell erstmal geklaert werden, wen und was man denn gerne ueberhaupt unbenamsem moechte.
UND: was sagen ueberhaupt die Betroffenen selber dazu
ich bin dafuer, erstmal eine Forsaumfrage zu diesem Thema anzukurbeln, die sich mit illegal gekauften Telefonnummern durch Deutschlands kuenstlerisch und wieimmer angehauchte Haushalte telefoniert.
Befindet sich denn unter den hier diskutierenden einer, der den Anspruch erhebt, unter die Diskutierten zu fallen(Fragezeichen)
sind das am Ende nicht gleich alle (Fragezeichen)
Tschuldigung, aber auf dieser russischen Tastatur gibts keine (Fragezeichen)
ich plaedierte ja auch fuer eine neue Definition des Begriffs Kuenstlers. Also ueber Bord mit den althergebrachten Assoziationen des Malers, der vor seiner Leinwand steht oder des Bildhauers.. !!!
Aber gut, dann vielleicht schon irgendwas mit Geist(es) oder Kultur im Determinator und Diskurszumweiterdenkenanregender im Determinans / das rafft es vielleicht ganz gut(Fragezeichen)
Oder muss es sich ueberhaupt um ein Determinativkompositum handeln (Fragezeichen). Koennte man nicht auch zwei gleichberechtigte Begriffe zu einem Kopulativkompositum zusammenfassen (Fragezeichen)
ist nicht leicht, etwas zu finden, das sich nicht zu kompliziert anhoert (jiha! Behoerdendeutsch!) und doch genuegend Konnotationen oder Assoziationen beinhaltet oder ausloest.
Muss denken, muss ich! Nachdenken.
"Ex-Nihilsten-wanna-be" käme also hinten raus.
Da ist es vielleicht besser, wenn Sebastian noch mal nachdenkt...:)
Aber die Frist ist ja eh abgelaufen..
.. gibt's nu ein Gewinnerwort oder wird die Frist verlängert, Susann'?
oder ein Kultur- oder Geistesmotivator
oder ein Kulturevitator.
oder ein... Kulturprovokateur
Kulturmotivator?! Geistesmotivator?! Find ich gut.
ich weiß, ich bin ein Spätzünder;
hab aber ne Ausrede: bis heut früh war ich reisetechnisch unterwegs, im Bus sind mir erst die Einfälle gekommen.. *g*
Kulturdisputierende
Moped-Vieh ist trotzdem toll.
Also ich bin ja etwas spät.
Trotzdem würd ich sagen:
Lebenskünstler
oder
Kultouristen
bzw.
Erdlinge
kurz und schmerzlos. oder den klassischen Begriff des Künstlers.
liebe Grüße
anne-marie