Kreuzberg verliert den Kampf gegen seine Vergangenheit

>Okay, und jetzt werfen!< Ein Bild fuer die Goetter: Da steht ein ca. zweijaehriger Knirps mit einem Pflasterstein, den er gerade auf dem Boden gefunden hat, und wird von seinem Papa zum Aufstand angestachelt. Gluecklicherweise ist es mit der Wurfkraft des Sohnemanns noch nicht so weit her und der Papa, der so gar nicht alternativ aussieht, scheint sich nur einen Spass gemacht zu haben.

Jedenfalls landet der Stein nur ein paar Zentimeter weiter wieder auf dem Boden und danach gibt’s Bratwurst am Stand nebenan. Wenn es bei den Ausschreitungen auf dem MyFest ein paar Stunden spaeter auch so gewesen waere, haette das Ganze eigentlich ein netter Abend fuer alle Beteiligten werden koennen. War es aber leider nicht.

Wenn am ersten Mai nach Sonnenuntergang Steine und Glasflaschen fliegen, scheinen sich alle Klischees des linken Szene-Viertels zu bestaetigen. Dann beginnt auf Seiten der Autonomen das alljaehrliche grosse Posen und die linken Hetzrufe in Verbindung mit dem Flackern der angezuendeten Barrikaden schaffen die angestrebte revolutionaer-romantische Stimmung. Aber nichts Anderes ist zu erwartet, wenn man schon nachmittags am Kottbusser Tor aus den Lautsprechern hymnisch ein >Wann gibt’s mal wieder richtig Riot?< hoert, frei nach Rudi Carrells >Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?<. Auf dem Nachhauseweg vom MyFest führen mich Freunde ein wenig durch Kreuzberg, u.a. auch durch die >sozialen Brennpunkte<. Es ist angenehm ruhig und abgesehen von einzelnen Bausuenden auch sehr schoen. Verstaendlich, weshalb viele junge Leute, auch mit eigenen Kindern, dort wohnen wollen. Was aber schwer verstaendlich bleibt, ist, warum man dort jedes Jahr auf‘s Neue organisiert Randale machen sollte. 200 autonome >Ewiggestrige< haben geschafft kaputtzumachen, wofür 10.000e den Tag über aufgestanden sind: Ein friedliches Miteinander! [Anm. d. Red.: Der Verfasser des Textes nimmt am CRASHKURS ONLINE-MEDIEN der Berliner Gazette teil.]

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