Im verbauten Terrain

Freundschaft basiert fuer mich in erster Linie auf einer persoenlichen Verbundenheit, die staerker ist als eine thematische. Darin unterscheidet sich eine persoenliche Freundschaft von einem beruflichen Kontakt. Freundschaft ist eine Art Beziehung, die auf Zuneigung, Verbundenheit, und Respekt basiert. Fuer mich ist auch eine >gemeinsame Sprache< sehr wichtig, was nicht heisst, dass man sich in allen Dingen einig ist.

Aber ich glaube, dass es eine gemeinsame Plattform geben muss, auf der man sich austauschen kann. In meinem Fall waren die gemeinsamen Themen vorwiegend kultureller und politischer Natur. Aus diesem Interesse fuer diese Themen haben sich Freundschaften zu Kuenstlern und anderen Kulturschaffenden ergeben. Natuerlich sind auch Gemeinsamkeiten in der Biografie oft Anlaesse fuer Freundschaften.

Wie bereits gesagt finde ich eine persoenliche Verbundenheit viel wichtiger als eine thematische. Fuer mich macht es auch keinen Unterschied, ob das in Deutschland oder im Ausland ist. In meiner Zeit in der Villa Massimo in Rom habe ich sehr viele Menschen kennen gelernt, die sehr interessante Projekte machen und interessante Themen verfolgen. Mit vielen stehe ich noch in Kontakt, weil ich Ihre Arbeit sehr schaetze. Dies wuerde ich aber nicht als Freundschaft bezeichnen, sondern als Netzwerk. Hinter dieser Idee des interdisziplinaeren Austausches steht kein oekonomisches Interesse, sondern ein kulturelles. Unter diesem Aspekt ist es natuerlich spannend sich mit Menschen aus anderen Laendern, Kulturen und politischen Systemen auszutauschen, um sich ein konkretes Bild von den Dingen zu machen.

Im gegenwaertigen internationalen Architekturdiskurs spielen politische und soziale Fragen eine absolut untergeordnete Rolle. In Deutschland und Europa dreht sich der architektonische Diskurs primaer um formale Fragen. Architektur verkommt zum oberflaechlichen Spektakel mit dem dazugehoerigen Starsystem und den gefeierten Popstars. Je auffaelliger und ausgefallener desto avantgardistischer. Haeufig geht es dabei darum, Oeffentlichkeit mittels Presse herzustellen um eine bessere Vermarktungssituation [z.B. fuer eine Immobilie, Stadt] zu schaffen. Andere Werte sind dabei voellig untergeordnet. Die Oekonomisierung von Stadt hat natuerlich Auswirkung auf die taegliche Arbeit. Durch die oekonomische Situation der Staedte und Gemeinden werden oeffentliche Bauaufgaben mit sozialem Charakter [Wohnungsbau, Kitas, Schulen] immer mehr reduziert. Stattdessen konzentrieren sich die Staedte auf prestigetraechtige Icons und orientieren sich bei Ihrer Architektenauswahl am internationalen Starsystem. Architektur reduziert sich auf ein Vermarktungsinstrument, das schlussendlich der Repraesentation dient.

Eines meiner aktuellen Projekte heisst >About Making Architecture<. Das Vorhaben besteht darin, dem internationalen Architekturdiskurs unter jungen Architekten eine Plattform zu geben. Ich habe sieben Architekten aus sieben Laendern eingeladen, um ueber das Architekturmachen zu diskutieren. In regelmaessigen Abstaenden soll sich diese Gruppe nun in anderen Staedten treffen. Mir ging es dabei um einen persoenlichen Austausch und die Suche nach Gemeinsamkeiten. Mir fiel auf, dass die Vernetzung durch das Internet eine vermeintliche Naehe zu Personen und Dingen herstellt, diese Naehe aber lediglich ein gefiltertes Bild darstellt. Durch den persoenlichen Dialog und den Austausch erhoffe ich mir eine Entwicklung, die ausserhalb der taeglichen Architekturproduktion steht. >About Making Architecture< fuehrt die Idee des Architekturdiskurses wie z.B. die Treffen der Architekturgruppe TEAM 10 [1953-81] fort. Im naechsten Schritt koennen dabei auch gemeinsame Statements oder gemeinsame Projekte entwickeln, die Architektur reflektieren und die Themen behandeln, die uns wichtig sind. Dabei sehe ich soziale und politische Fragen genauso wie architektonische.

Fuer mich ist wichtig, dass Stadt nicht nur unter oekonomischen Aspekten gesehen wird, sondern dass es Freiraeume fuer kulturelle, soziale und politische Aktivitaeten gibt. Hierbei messe ich dem oeffentlichen Raum die groesste Bedeutung zu. Den Begriff >oeffentlicher Raum< will ich auf >oeffentliche Orte< erweitern. Ich sehe die Stadt als dezentrales, offenes System, das durch den oeffentlichen Raum zusammengehalten wird und von >oeffentlichen Orten< durchsetzt ist. Die >oeffentlichen Orte< sind Plattformen fuer Initiativen, die Projekte im kulturellen Bereich machen wollen. Die Initiativen sind selbst bestimmt und entwickeln eigene Profile. Das >Gemeinsame< ist ein dynamischer, selbst bestimmter Prozess, statt eines staatlich verordneten Programms. Dabei geht es vielmehr um Inhalte als um Repraesentation. Kultur soll nicht laenger nur Stadtmarketing und Stadt nicht nur Stadtgestaltung sein, sondern lebendiger Ort des Austauschs und der Entwicklung alternativer Modelle.

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