Heiss wie Wuestensand

Ich bin Deutsche palaestinensischen Ursprungs und habe meine Jugend zwischen verschiedenen arabischen und europaeischen Staaten verbracht. Ich habe an der Universitaet Bonn Uebersetzen und Islamwissenschaft studiert. Spaeter absolvierte ich aus Interesse Kurse der Politikwissenschaft, der Rechtswissenschaften und der Soziologie.

Mein Interesse und mein Arbeitsschwerpunkt liegen im Bereich der Foerderung des europaeisch-arabischen Austausches in allen Gebieten. Derzeit arbeite ich in Amman am Aufbau einer dreisprachigen Website, die den Verfassungsgebungsprozess im Irak begleiten und bereichern soll. Ich habe in der jordanischen Hauptstadt ein Buero bezogen und werde noch ca. einen Monat hier arbeiten. Mein gewoehnlicher Arbeitsplatz ist in Berlin.

Das besagte Projekt heisst niqash und ist das dritte Vorhaben in einer deutsch-irakischen Medien-Projektreihe, die von der Firma Streamminister entwickelt und realisiert worden ist. Die Reihe fing mit Telephone FM [4] an, einem Sender mit grossem Interesse fuer die junge Kulturszene im Irak. Dann kam Election Monitor Iraq, eine Radiosendung und Webseite zur Begleitung der irakischen Wahlen. Traeger dieser Projekte ist die Friedrich-Ebert-Stiftung, das Auswaertige Amt stellt die Mittel dazu zur Verfuegung.

Seit dem 11. September haben solche Institutionen ein groesseres Interesse an der Foerderung der deutsch-arabischen Beziehungen gezeigt. Mit dem Irak-Krieg entwickelte sich die Wiederaufbauhilfe in saemtlichen Bereichen des irakischen Lebens, einschliesslich der Zivilgesellschaft und der unabhaengigen Medien, zu einem neuen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Der laengere Auslandsaufenthalt, wie in unserem Fall, ist leider Gottes noch nicht zum Regelfall geworden. Dennoch haben uns die foerdernden Institutionen bei der Idee unterstuetzt.

Jordanien ist als neuer Arbeitsort fuer Deutsche zunaechst unbuerokratischer als Deutschland fuer auslaendische Arbeitnehmer. Man findet ein Buero, laesst DSL-Leitungen legen und los geht”s. Da Amman sich in den letzten fuenf Jahren zu einer Business- und Konferenz-Metropole entwickelt hat, gelingt es hier mit etwas Geschick allen Zustaendigen zu begegnen, die fuer und mit dem Irak arbeiten. Irakische Delegationen aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft fliegen staendig ein.

Als Deutscher muss man hier seine steifen Vorstellungen von Arbeit ablegen. Persoenlicher und freundlicher Kontakt ist nicht nur haeufiger, sondern unabdingbar fuer die Anbahnung beruflicher Anliegen. Wenn man mit einem Repraesentant einer anderen NGO etwas besprechen will, laedt man ihn zum Mittagessen ein, notfalls auf eigene Kosten. Als Frau muss man jedoch eine Gradwanderung zwischen der freundlichen Offenheit und der notwendigen Distanz vollziehen.

Jordanier sind meistens puenktlicher und zuverlaessiger als man denkt. Gleichzeitig arbeiten sie jenseits der Beamtenkarriere motivierter und quantitativ mehr als Deutsche. So unterschiedlich ist die Arbeitskultur hier nicht. Sie hat nur andere Mechanismen, die ich in der Regel als angenehmer empfinde.

Ich bin durchaus der Meinung, dass Kulturaustausch einen anderen Charakter bekommt, sofern man in einem fremden Land als Arbeitender unterwegs ist. Der importierte Kulturaustausch [Konzerte, Festivals, Ausstellungen in Deutschland] ist ein typisches Konsumprodukt mit allen Vor- und Nachteilen. Er ist nicht zu vergleichen mit dem laengerfristigen Kontakt in der vielschichtigen Alltags-Realitaet. Nicht als Gastgeber oder sonstiger Geber aufzutreten, veraendert nicht nur das Verhalten des Gegenuebers, sondern veraendert die eigene Sichtweise positiv.

Eine Kooperation unter Gleichen fuehrt zu einer tiefer gehenden Auseinandersetzung mit dem Anderen und sich Selbst, vielleicht auch zu einer begruendeten neuen Erkenntnis. Nachteil dieses Begegnungsmodus ist die Irritation, die durch eine Konfrontation mit anderen Normsystemen entsteht, die einen gewissen Reibungsverlust produzieren koennten. Damit kann ich leben, wo auch immer.

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