Halbmarathon, Baby

>Es gibt schwitzen und schwitzen<, sagte ich klugscheisserisch zu meiner Freundin, als wir gerade die Karl Liebknecht-Strasse entlang spazierten. Zu unserer rechten der Dom, links die grosse Kiesflaeche, wo frueher mal der Palast stand.

Zermatschte Bananenschalen zierten unseren Weg, leere Plastikbierbecher wurden von halbschwachen Juenglingen durch die Gegend geschossen. >Sportschweiss stinkt nicht. Angstschweiss schon.< Wie wir darauf kamen? Nun ja, soeben waren wir Zeugen eines Sportgrossereignisses: Dem Berliner Halbmarathon. Ein Volksfest fuer die Gesundheit. Nur komisch, dass jedem Laeufer beim Passieren der Zielgerade ein Frischgezapftes in die Hand gedrueckt wurde. Egal, verdient war es. Ich war nicht als Reporterin vor Ort, sondern um meine Mutter anzufeuern. Anfeuern ist keine leichte Sache bei 20.000 Teilnehmern. Wir standen am Ku’damm und scannten die Laeufermassen nach einer kleinen Frau mit rotem Schopf und rotgrauem Sportoberteil durch. Nach den ersten 10.000 sahen sie alle aus wie Mutti. Dann der Schrei meiner Freundin: >Da ist sie!< Tatsaechlich, da war sie. Kilometer sechzehn und sie hielt sich super. Wir feuerten an und riefen wie wild. Sie erkannte ihre Mini-Fangemeinde recht spaet, hatte dann aber gleich einen konkreten Wunsch: >Macht Fotos, na los!< rief sie uns entgegen. Wir fuehrten den Befehl aus und machten mehrere Beweisfotos. Die U-Bahn, die uns dann zum Zieleinlauf bringen sollte, war noch mal eine ganz eigene Marathonerfahrung. Eingequetscht zwischen uebel riechenden Menschen wurden wir Laufunwilligen zum Ziel gekarrt. Dort konnten wir Mutti dann in der Masse nicht wieder finden. Trotzdem waren wir muede und kaputt, als haetten wir selbst teilgenommen.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.