Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #30

Das Global Studies Programme der Universitaet Freiburg ist ein interdisziplinaeres sozialwissenschaftliches Studium, das Studierende aus der ganzen Welt anspricht, die Globalisierung aktiv mitgestalten wollen. Das Programm wendet sich aller- dings weniger an kuenftige Geschaeftsleute und Politiker als an Menschen, die an sozialer Gerechtigkeit interessiert sind. Ausrichtung des Studiengangs und Bewerberkreis verstaerken sich dabei immer mehr wechselseitig. Aus diesem Grund sind Ereignisse wie ein G8-Gipfel Gegenstand von Interesse, Diskussionen und Engagement seitens der Studierenden.

Im Vergleich zu anderen Studiengaengen sind die Diskussionen sehr reflektiert und vor allem wirklich global. Meinungen werden nicht im subkulturellen Umfeld von Bezirkskneipen gebildet, sondern in Debatten, an denen Gleichaltrige von allen Kontinenten teilnehmen. Auch von Seiten der Lehrenden erhal- ten die Studierenden eine Bandbreite von Perspektiven. Nicht alle sind gleichermassen globalisierungskritisch. Im Laufe ihres Studiums werden ausserdem akademische sowie aktivistische Kulturen aktiv angeeignet, die sich von unserer [nordwest- lichen, herrschenden] Kultur fundamental unterscheiden.

Ein Grundelement des Global Studies Programme ist die Sued-Sued-Vernetzung. Sie umfasst mittlerweile Suedasien, Suedostasien, Suedafrika und Lateinamerika. Interessen und Perspektiven der Lehrenden in diesen Gebieten haben eine antikoloniale und emanzipatorische Ausrichtung gemeinsam, sind aber mit voellig unterschiedlichen Kulturen, Gesellschaften und Geschichten verknuepft. Die multikulturelle Zusammen- setzung von Studierenden und Lehrenden bei einer Dominanz des globalen Suedens eroeffnet eine angemessenere Sichtweise auf die Globalisierung. Das Schwergewicht der globalen Zusammenhaenge verschiebt sich einerseits nach Asien.

Andererseits verschiebt sich das Schwergewicht zu der von Lula gegruendeten G20-Achse, auch wenn sie den USA noch nicht auf Augenhoehe begegnet. Hier spielt jedenfalls die Musik. Das ist Gegenstand der Lehre und der Forschung. Globalisierungskritik kann seit Anbeginn nur transnational vorgebracht werden; sie kann aber keinesfalls mehr ohne Einbeziehung des globalen Suedens oder ohne Dialog mit dem Sueden vorgebracht werden. Hierzu kann das Global Studies Programme einen Beitrag leisten.

[Anm.d. Red.: Der Verfasser dieses Beitrags ist Direktor des >Global Studies Programme< der Universitaet Freiburg.]

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