G20 in Hamburg: Die Strategie der demokratischen Demobilisierung und die Politik der Medien

Als wären in Hamburg ausschließlich Radikale am Protest beteiligt gewesen, fokussiert die Berichterstattung zu G20 die gewaltsamen Ausschreitungen und demobilisiert auf diese Weise eine gesamtgesellschaftliche – sprich: demokratische – Teilhabe an den Geschehnissen. Der Philosoph und Berliner Gazette-Autor Rainer Mühlhoff beleuchtet die Strategie und zeigt wie sie linke Bewegungen anti-gesellschaftlich erscheinen lässt.

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Am Samstag den 8. Juli 2017, dem letzten Tag des G20-Gipfels in Hamburg, gingen 70–80.000 Menschen im Rahmen der Großdemonstration Grenzenlose Solidarität statt G20 auf die Straße. Davor, über einen Zeitraum von fast zwei Wochen, hat eine breit angelegte Kampagne von Politik und Massenmedien (Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen) konsequent daran gearbeitet, jedem, der mit der Idee spielte, für einen friedlichen politischen Protest nach Hamburg zu reisen, diese Flausen auszutreiben.

In einem breiten Unisono der meisten bürgerlicher Blätter und Medienorgane wurde mit drohendem Zeigefinger die „Null Toleranz“-Ansage des Innenministers und die apokalyptischen Prognosen des Verfassungsschutzes wiederholt. Schon im Vorfeld der Proteste wurde ein Klima preemptiver Angst und Empörung geschaffen, anstatt den Fokus auf die Lage der Hamburger, die politische Thematisierung des Gipfels und möglicher Argumente dagegen zu legen.

Vorauseilende Diskreditierung

Suggestiv vereinfachende Nachrichten-Headlines wie Gewaltbereite Demonstranten müssen mit harten Strafen rechnen. Justizminister Maas hat angekündigt, gewalttätige Ausschreitungen strafrechtlich konsequent zu verfolgen. Tausende Gegner des G20-Gipfels werden in Hamburg erwartet. (Zeit-Online, 1.7.2017) rückten jedes Protestvorhaben gegen den Gipfel in die Nähe der Gewaltbereitschaft und bereiteten schon Tage vor dem Gipfel den Kurzschluss zwischen Opposition und Kriminalisierung vor, der sich jetzt, im Nachgang voll entfaltet.

Wer also eigentlich geplant hatte, für eine der angemeldeten Kundgebungen nach Hamburg zu reisen, sah sich einer vorauseilenden Diskreditierungen und mitunter breitem Unverständnis bei Freunden und Bekannten ausgesetzt. Das liegt daran, dass politische Stimmen, die sich mit Argumenten gegen den Gipfel positionierten, in den etablierten Medien so gut wie keine mediale Repräsentation fanden. Die Aufhebung des Demonstrationsrechts in großen Teilen des Hamburger Stadtgebiets („blaue Zone“) machte auch von offizieller Seite klar: Die Äußerung von Dissens ist hier nicht erwünscht, die Demokratie wird in Hamburg für zwei Tage auf Eis liegen.

Weitestgehend fehlte indes die mediale Berücksichtigung des Gegengipfels „Gipfel für globale Solidarität“ unter breiter Beteiligung von Stiftungen und NGOs, oder der Medien- und Informationsarbeit des Mediencenters FC/MC als etwas im demokratischen Sinn schützenswertes. Das mediale Bild, das so erzeugt wurde, ist unseriös und eindimensional: nach Hamburg fahren nur Menschen, die randalieren wollen.

Und doch kamen am 8. Juli fast 80.000 Menschen, um ihre Stimme gegen den G20-Gipfel zu äußern. Ein großer Demonstrationszug lief von den Deichtorhallen bis ins Stadtviertel St. Pauli und füllte einen kilometerlangen Straßenzug. Allein, das mediale Spiegelbild der Proteste hat sich auch an diesem Tag nicht geändert. Wer während der Demonstration oder danach die Titelseiten gängiger Online-Nachrichtenportale aufrief, fand über das Großereignis, dessen Teil er oder sie war, nur Randnotizen.

Die Blätter und Rundfunkanstalten arbeiteten sich noch an den Krawallen und Plünderungen ab, die linksextreme Splittergruppen, spontanen Gelegenheitsrandalierer und räuberischen Banden in der Nacht von Freitag auf Samstag an der Sternschanze verübt hatten. Im Mittelpunkt standen noch immer die Bilder brennender Barrikaden und zerschlagener Schaufenster, obwohl es zu diesem Zeitpunkt längst genügend Bildmaterial gegeben hätte, das gefüllte Straßen bunt gekleideter Menschen mit Transparenten und Flaggen zeigte. „Diese Demonstration findet medial keine Beachtung, aber darauf kommt es nicht an – wir tun das für uns: Demonstrieren ist heutzutage interne Kommunikation!“ rief mit dem gutgemeinten Versuch fatalistischer Ironie eine Aktivistinnenstimme aus einem Lautsprecherwagen des Protestzuges.

Gewalt der Belagerung

Doch nicht allein für oppositionelle Themen und Argumente fehlte die mediale Repräsentation im konstruierten Klima der Angst vor den „gewaltbereiten 8000“. Es fehlte auch der Blick für die Demütigungen und Ängste derer, die vor Ort leben und über Wochen die Externalitäten des Gipfels in Hamburg tragen mussten. Bereiche der Innenstadt wurden über Tage durch einen autoritären Polizeieinsatz belagert, der die allgemeine Bewegungsfreiheit, die Geschäfte und Gewerbe, Lieferdienste, Pflegedienste, Gastronomie, Abendunterhaltungen und viele weitere Zweige des Stadtlebens lahm legte. Die Sicherung der Protokollstätten und -flächen hatte Priorität, nicht nur gegenüber dem Versammlungsrecht sondern vor dem Leben schlechthin.

Anwohner berichten von einer über Tage sich anstauenden Wut gegen das grobe Auftreten der Beamten, die Lieferwege, Arztbesuche und Freizeiträume behindern. Ein offener Brief ansässiger Gewerbetreibender im Schanzenviertel stellt klar, die Eskalation der Gewalt am Freitag Abend lag vor allem auch daran, – sie war nicht allein das Werk eines „schwarzen Blocks“, sondern wurde von weitaus mehr Menschen vor Ort getragen.

Restaurants mussten schließen, weil sie seit Tagen nicht mehr beliefert werden konnten; pflegebedürftige Kranke saßen in ihren Wohnungen fest, von der Außenwelt abgeschnitten. Eine Gruppe nicht-schwarz gekleideter Frauen, die auf dem Weg nach Hause am Freitag Abend den Ausschreitungen ausweichen wollte und dazu durch einen Park lief, trifft dort überraschend auf eine Gruppe Polizisten, die ihnen mit erhobenem Schlagstock sagen: „Haut ab oder ihr kriegt was auf die Fresse.“ In kleinen und großen Begegnungen dieser Art wird den Bewohnern einer ganzen Stadt klar gemacht: Um eure Belange geht es in dieser Woche höchstens sekundär.

„Ja, wir haben direkt gesehen, wie Scheiben zerbarsten, Parkautomaten herausgerissen, Bankautomaten zerschlagen, Straßenschilder abgebrochen und das Pflaster aufgerissen wurde“, heißt es in dem offenen Brief. „Wir haben aber auch gesehen, wie viele Tage in Folge völlig unverhältnismäßig bei jeder Kleinigkeit der Wasserwerfer zum Einsatz kam. Wie Menschen von uniformierten und behelmten Beamten ohne Grund geschubst oder auch vom Fahrrad geschlagen wurden. […] Wir leben und arbeiten hier, bekommen seit vielen Wochen mit, wie das „Schaufenster moderner Polizeiarbeit“ ein Klima der Ohnmacht, Angst und daraus resultierender Wut erzeugt. […] Wir hatten als Anwohner mehr Angst vor den mit Maschinengewehren auf unsere Nachbarn zielenden bewaffneten Spezialeinheiten als vor den alkoholisierten Halbstarken, die sich gestern hier ausgetobt haben.“

Welche Möglichkeiten bleibt einem Stadtviertel, sich gegen den Missbrauch ihres Lebensraums für eine weltpolitische Machtdemonstration von Trump, Erdoğan, Merkel & Co. zu artikulieren, wenn auf der einen Seite autoritär enthemmte Polizisten und auf der anderen Seite halbstarke Randalierbolde und autonome Splittergruppen vor ihrer Haustür Barrikaden anstecken? Hat die systematische Demobilisierung ziviler, gewaltfrei artikulierter Massenproteste nicht gerade dazu beigetragen, dass die Proteste dieser Nachbarschaften durch Bilder der Gewalt vereinnahmt werden konnten?

Blind für die Demütigung der Betroffenen

Nicht nur von medialer Fehlrepräsentation linker oppositioneller Debatten und Argumente ist also zu sprechen, sondern auch von unseriöser Angstmache der Medien durch Gleichsetzung von Protest und Gewalt, die die realen Ängste und Demütigungen der vor Ort Lebenden verkennt. Eine schon vorauslaufend in Empörung versetzte mediale Öffentlichkeit in den Wohnzimmern dieser Republik wurde strategisch unempfindsam gemacht für die Sorgen derer, deren Belange über Tage und Wochen untergeordnet waren. Kann man sagen, dass die psychologisch-affektive Ökonomie unserer öffentlichen Debatte diese Immunisierung gegen einen empathiefähigen Blick auf die von Staatsgewalt betroffenen Anwohner benötigte, um die Stimmung nicht völlig gegen den G20 in Hamburg kippen zu lassen?

Erfüllte die präemptive Skandalisierung der Proteste die unfreiwillig-strategische Funktion, eine eigentlich vorhandene Solidarität mit den Hamburgern gegenüber den harschen Polizeiaktionen zu unterminieren? Immerhin war nämlich schon im Vorfeld eine Mehrheit in Deutschland gegen diesen Austragungsort.

Auch ein seltsamer Voyeurismus und von Gewalterwartungen erzeugter Sensationalismus gehört zu den Folgeerscheinungen dieses medialen Spiels mit der Angst einer breiten Öffentlichkeit. Unzählige Kamerateams, Fotograph*innen und Gelegenheits-Selfie-SchießerInnen fühlten sich zu den brennenden Barrikaden hingezogen und produzierten eine Fülle an weltweit zirkulierendem Bildmaterial. Hätten nicht mit gleicher Energie die Kameras auch auf die Großdemonstration gerichtet werden können, um Bilder zu liefern, die große Menschenmengen zeigen, Plakate und politische Themen?

Dies ist eine Frage medialer Bildpolitik: Die wenigen Artikel, die die Großkundgebung erwähnten, zeigten Fotos zerstreuter Menschenhäuflein aus der Bodenperspektive und sprachen von „zehntausenden“ (erzeugt ein anderes Bild als z.B. „fast hunderttausend“, oder?) – bevor sie noch im selben Absatz wieder zu Bildern der brennenden Barrikaden aus der Vornacht übergingen. Der Fokus in Bild und Wort lag auf der Gewalt – keine Luftaufnahmen, kein Versuch den quantitativen Umfang friedlicher Proteste abzubilden, kein Versuch die Inhalte zu erwähnen. Bemerkenswerter Weise hat das mit den zeitgleich stattfindenden Massenprotesten in Istanbul viel besser geklappt: Die Startseite der „Tagesschau“ zeigte am Samstag Nachmittag: Luftaufnahmen, Transparente, Bilder voller Straßen – nur leider nicht aus Hamburg, sondern aus der Stadt am Bosporus.

Mediale Unterrepräsentation zivilen Protests und seiner Thesen war schon bei den Demonstrationen gegen TTIP 2015 und 2016 mit mehr als 100.000 Menschen in Berlin erkennbar, sowie bei den Protesten anlässlich der EZB-Eröffnung in Frankfurt am Main 2015. Immer wenden sich diese Proteste gegen bestimmte Strukturinstitutionen des transnationalen Wirtschafts- und Regierungsapparats – die europäischen Finanzinstitutionen, die transatlantischen Freihandelsverträge, die G20-Plattform für demokratisch nicht transparente Hinterzimmerpolitik der globalen Tonangeber.

Und immer werden die Stimmen, die sich dagegen erheben, als gegen das System gerichtet repräsentiert und Protestaktionen schon im Vorfeld kriminalisiert. Dabei könnten Massenmedien einen wichtigen Beitrag zum Gelingen einer Demokratie leisten, wenn sie oppositionelle Stimmen des pluralistischen Positionenspektrums auch als das abbilden: Als politische Stimmen, als politischer Meinungsartikulation. Politische Meinungsbildung ist in demokratischen Staatsformen immer medial vermittelt, und das heißt im Umkehrschluss, dass den Medien hier eine hohe Verantwortung zukommt, der sie zur Zeit nicht gerecht werden.

Demokratische Demobilisierung

Hamburg zeigt: Wir befinden uns in einer Krise der medialen Repräsentation. Die Strategie demokratischer Demobilisierung, die oft (und treffend) dem Regierungsstil Angela Merkels zugeschrieben wird, basiert darauf, dass große Medienhäuser dabei prägend mitspielen. Ich möchte hier auf einen bedeutenden strategischen Effekt, auf eine freiwillig-unfreiwillige Tendenz im symbiotischen Zusammenspiel von Medien und etablierter Politik hinaus: Wenn dieses Zusammenspiel vor und während des G20-Gipfels eine übergeordnete – und wohl noch lange wirkende – Signatur trug, dann die Verweigerung und Vermeidung eines großen zivilen linken Diskurses, der sich gegen den Gipfel artikuliert.

Die Extremisierung linken politischen Denkens, die Gleichsetzung dieses Denkens entweder mit Gewalt oder mit schmarotzenden Lebensformen ist ein Bild, an dessen Konstruktion u.a. die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Springer-Presse seit Jahrzehnten behäbig arbeiten. Die Gleichung „Linke sind Extremisten“, und „Linksextremismus ist kaum wesentlich verschieden von Rechtsextremismus“ wird in kontextbezogenen Variationen immer wieder als Argument vorgebracht.

Mediale Repräsentation ist nicht einfach eine Spiegelung der Realität. Zwischen Politik und Welt stehend, greift sie selbst gestaltend in die Verhältnisse ein. Medien kreieren und ermöglichen politische Artikulationsformen und Meinungsbildungsprozesse; durch Sichtbarkeit verleihen sie ihnen erst ihre Möglichkeit. Durch die Konstruktion eines Klimas der Angst trugen sie umgekehrt zur Demobilisierung all derer bei, die erwägten, nach Hamburg zu reisen, um ihren Unmut zu artikulieren – und verengten damit den Optionenraum politischen Widerspruchs auf die gewaltförmigen Varianten. Bei der Frage, wie ein bestimmtes Ereignis medial abgebildet wird, handelt es sich nicht einfach um einen „Kampf der Bilder“, wie es eine um Ausgewogenheit bemüht erscheinende arte-Reportage am 11. Juli ungeschickt behauptet: Als würden verschiedene Bilder von den Protesten bei prinzipiell neutralen Medienanstalten um ihre Verbreitung konkurrieren.

Das Medium ist kein neutraler Vermittler, sondern Erzeuger von Bild- und Informationsrealitäten. The medium is the message – und da die Angstbotschaft von den 8000 erwarteten GewalttäterInnen und die Ansage einer „Null Toleranz“-Politik der Polizei dem Ereignis Tage voran gingen (nicht jedoch: Inhalte, Gegenargumente, Berichte über geplante Demonstrationen zivilgesellschaftlicher Träger), war diese Angst und dieser resolute Habitus dann auch das Medium, in dem die Proteste sich entfalteten und jene Hunderttausend keine Vermittlung erfuhren, die bloß zum Demonstrieren kamen.

Linke Bewegungen sollen anti-gesellschaftlich erscheinen

Diese aktive, politisch gestaltende Rolle der Massenmedien ist in die komplexe Frage mit einzubeziehen, wie es zu den Ausschreitungen in Hamburg kam. In dem vorliegenden Fall war diese Rolle durch Komplizenschaft mit dem regierenden Apparat, nicht mit der Demokratie, gekennzeichnet. Es könnte kurz so scheinen, als wäre die einfache sozialpsychologische Einsicht hier bestätigt worden: Ein repressiver Zusammenschluss aus Politik und Medien hat fatalerweise genau das produziert, was er verbieten und verhindern wollte – nämlich Protest als Gewalt. Und vielleicht dachten die Autonomen und Gelegenheitsrandalierer des Abends auch tatsächlich, dass sie wegen der vorauslaufenden Diffamierungen durch Medien und Repressionen durch Polizei „erst recht“ dazu legitimiert seien, mit Gewalt zu agieren; andere Bilder vom Protest würden es eh nicht um die Welt schaffen.

Doch dieser Gedankengang greift eine Ecke zu kurz. Ein großer und friedlicher, dabei medial umfassend sichtbarer Protest einer ganzen Stadt gegen den Gipfel wäre politisch viel gefährlicher gewesen. Der strategische Konvergenzpunkt, auf den das unfreiwillige Zusammenspiel von Politik und Medien mit langem Atem hinwirkt, ist gar nicht die Verhinderung von Gewalt, sondern die Demobilisierung des linken politischen Diskurses als Teil der demokratischen Opposition. Die Gewalt gegen Polizei und das Eigentum kleiner Leute ist ein Kollateralschaden, den dieses Ensemble anti-demokratischer Machtpolitik sogar bereit ist, in Kauf zu nehmen – solang es damit gelingt, eine demokratische linke Bewegung als politischen Gegner auszuschalten.

Diesen Twist hatten jene Aktivisten, die Gewalt verübten, nicht auf dem Schirm und so haben sie sich dafür einspannen lassen, gemeinsam mit spontan Randalierlustigen und der Polizei genau die Bilder zu produzieren, die das strategische Ensemble braucht, um linke Bewegungen als anti-gesellschaftlich erscheinen zu lassen. In dieser Perspektive muss man fast Mitleid bekommen mit den PolizistInnen, die nämlich ebenfalls einen einkalkulierten und ausgebeuteten Sklavendienst an einem viel größeren Apparat leisten.

Lange schon kommt der Polizei nicht mehr – wenn überhaupt jemals – die Aufgabe zu, den demokratisch-rechtsstaatlichen Rahmen zu sichern, zu dem nämlich auch die Ermöglichung oppositioneller Kundgebungen gehören würde. Sie ist selbst zu einer antagonistischen Kraft innerhalb der politischen Kämpfe herabgesunken – auf Augenhöhe mit Randalierern –, denn unter dem Siegel der „Sicherheit“ wird sie so eingespannt, dass sie gegen die Bewohner*innen großer Teiler einer Stadt Partei für den Gipfel ergreift, anstatt für die Demokratie.

Anm. d. Red.: Dieser Text erscheint, wie alle Texte in der Berliner Gazette, unter einer Creative-Commons-Lizenz, wir bitten vor einem Crosspost um eine kurze Kontaktaufnahme mit der Redaktion unter info[at]berlinergazette.de. Lesen Sie auch den Artikel von Krystian Woznicki zu den Strategien der preemption beim G-20-Gipfel. Das Foto wurde während der Gipfelproteste von Krystian Woznicki aufgenommen und steht unter CC-Lizenz.

2 Kommentare zu “G20 in Hamburg: Die Strategie der demokratischen Demobilisierung und die Politik der Medien

  1. Sehr guter und wichtiger Artikel. Problem ist, dass es eben auch keine klare Abgrenzung zu den Auschreitungen gab, und Auschreitungen ein Stück weit von vorher Teil des Kalküls der Veranstalter waren, wenn auch nicht in diesem Ausmaß.

    Es gab vier Videos, die viral wurden: 1. Menschen im Bus, während ein gut organisierte vermummte, bewaffneter Demomob draußen Autos anzündet. 2. Die Fahrt mit dem Wagen durch eine langweilige Straße mit brennenden Autos 3. Eine gut organisierte Gruppe, die quasi militärisch in Nebenstraßen ausschert, dort Autos in Brand setzt, eine Scheibe geht zu Bruch. 4. Aus der Ikea filiale. während sich vermummte Personen von außen mit einem Straßenschild durch die Scheibe arbeiten.

    Aus diesen vieren scheint eine in dem Kontext neuartige Erzählung auf. Im Falle der Barrikaden oder Steinwürfe auf Polizisten geht es um das Narrativ “Gewalt gegen den Staat”, die Inszenierung von Konfrontation mit der Staatsmacht, oder Empathie mit Polizisten, wobei die Täter als Täter exponiert sind.

    Bei den vier Videos, welche die Debatte geprägt haben, dagegen um eine Bedrohung von Bürgern. Diese Art der Erzählung konnten die Demonstrationsteilnehmer nicht vorhersehen und daher bleiben sie im Rahmen der klassischen Erzählungen von Gewalt auf Demonstrationen.

    Vermutlich beschreiben die vier Videos eine Aktion von der gleichen Gruppe.

    Ein anderes Video zeigt noch etwas anderes neuartiges. Ein Auto brennt, normale Leute laufen einfach nur daran vorbei, man sieht viele nähernde Polzeiwannen, Es explodiert am Auto etwas, Teile fliegen durch die Luft, die Leute ducken sich nur kurz weg und laufen ganz normal weiter. Eine Person erzählt was Dummes. Also man könnte sagen, es zeigt wie der Ausnahmezustand in den Alltag ausgreift.

    Und dann gibt es noch die alte Erzählung:
    “Lange schon kommt der Polizei nicht mehr – wenn überhaupt jemals – die Aufgabe zu, den demokratisch-rechtsstaatlichen Rahmen zu sichern, zu dem nämlich auch die Ermöglichung oppositioneller Kundgebungen gehören würde. Sie ist selbst zu einer antagonistischen Kraft innerhalb der politischen Kämpfe herabgesunken – auf Augenhöhe mit Randalierern”

    Genau diese Message wird von den Veranstaltern dieser Kundgebungen gehämmert, die sich auf eine Stufe mit der Polizei stellen, die Polizei gegebnüber stellen und selbst gegen die Polizeibehörden agitieren, über Polizeigewalt schwadronieren. Dieses Mal hat sie aber nicht funktioniert, allenfalls am Donnerstag. Als Antipolizeiismus führt es in eine ideologische Sackgasse und trifft sich mit dem bürgerlichen Perfektionismus und Sicherheitsgefühl.

  2. Um auffn groben Klotz ´n groben Keil zu setzen – Besser linke Radikale als rechte Mörder …

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