EUROPAKRISE
In Europa spitzt sich eine präzendenzlose Krise zu. Sparprogramme lassen Volkswirtschaften schrumpfen und schließen "immer größere Gruppen von der offiziellen Wirtschaft aus" (Sassen). Doch ausgerechnet dort, unter den Ausgeschlossenen, emergiert ein neues, grenzübergreifendes Gemeinschaftsprojekt. In den inoffiziellen Wirtschaftsräumen und den damit verbundenen sozialen Bewegungen zeigen sich neue Perspektiven im Hinblick auf Solidarität und Demokratie. So ist die Zeit der Krise in Europa nicht zuletzt eine Zeit sozialer Innovationen. Menschen verbünden sich, kooperieren und bündeln Ihre Kräfte in zukunftsweisenden Netzwerken. Sie suchen darin nach Antworten auf krisenbedingte Probleme und prägen damit zugleich neue Formen der Zusammenarbeit. In diesem Geiste unternimmt die Berliner Gazette im Dossier EUROPAKRISE Streifzüge durch Europa.
In den letzten Jahren haben viele EU-Länder nationale KI-Strategien entwickelt. Während langfristiges strategisches Denken zu begrüßen ist – insbesondere im Kontext der Entwicklung von komplexen digitalen Technologien –, ist es auch wichtig den Fokus dieser Strategien zu erforschen und zu hinterfragen. Die Medienwissenschaftlerin Miglė Bareikytė untersucht die Ansätze im post-sowjetischen Baltikum und unterzieht die KI-Strategien Estlands, Litauens und Lettlands einer kritischen Lektüre. weiterlesen »
Die durch Deutschlands rot-grüne Koalition forcierte NATO-Bombardierung Jugoslawiens im Jahr 1999 hat nicht zuletzt den Aufbau des Kosovo als Nationalstaat auf den Weg gebracht. Als gälte es den Interventionsbedarf immer wieder vom Neuen zu legitimieren, wird das Land in den westlichen Medien als “Pulverfass”, “rückständig” und “nationalistisch” beschrieben – quasi stellvertretend für die angeblich noch heute virulenten “Probleme des sozialistischen Staatenbunds” von damals. Die Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Marlen Schachinger, die in Prishtinë als Stadtschreiberin arbeitete, versucht diese verkrusteten Vorstellungen beiseite zu räumen und Platz zu machen für eine Annäherung auf Augenhöhe. weiterlesen »
Auf dem Papier gelten Bulgar*innen als EU-Bürger*innen. In der Realität werden sie systematisch degradiert. In einem perfiden Zusammenspiel von Behörden, Arbeitgeber*innen und Vermittlungsagenturen kommt es zu einem “bürokratischen Bordering”, das ein menschenwürdiges Leben schier unmöglich macht. Gleichzeitig sind die degradierten Migrant*innen unverzichtbar für den Arbeitsmarkt, insbesondere in Deutschland. Die Forscherin und Aktivistin Polina Manolova berichtet aus einer vermeintlich freizügigen EU, in der vor allem die Ungerechtigkeit grenzenlos ist. weiterlesen »
Die großen und kleinen Online-Plattformen, die vor allem in den westlichen Gesellschaften “systemrelevant” geworden sind, werden – wie übrigens große Teile der digitalen, scheinbar vollends durchautomatisierten Welt auch – durch weitgehend unsichtbar gemachte Crowdworker*innen in Betrieb gehalten. Es ist hinlänglich bekannt, dass sich ein Großteil dieser “Ghost Worker” in Ländern des Globalen Südens befindet, unter anderem in Indien. Weniger Beachtung findet die wachsende Zahl digitaler Arbeiter*innen in Osteuropa. Die Sozialwissenschaftlerin Mira Wallis unternimmt eine Bestandsaufnahme. weiterlesen »
Die Freiheit, frei zu sein. Sich ins Freie denken. Diese 50 Jahre alten Vokabeln von Hannah Arendt wirken heute wie aus einer anderen Welt. Steuern die hochorganisierten liberalen Staaten des Westens doch auf eine politische Welt zu, in der das Reagieren und Banalisieren, das oberflächliche Funktionieren und Zelebrieren alter Klischees dominant werden – und im Zuge dessen ein von Freiheit und Spontaneität bestimmtes politischen Handeln ad absurdum führen. Politikjournalist und Berliner Gazette-Autor Heinrich Thüer zeigt, dass es 1990 mitten in Europa die Chance gab, es anders zu machen. weiterlesen »
Angela Merkel hat sich in ihrer großen TV-Ansprache am 18. März bei all jenen bedankt, die “den Laden am Laufen halten”. Der “Laden” ist bei dieser inzwischen zum geflügelten Wort gewordenen Wendung nichts weniger als die Nation, die Wirtschaft, das System. Wie nun im größeren Maßstab deutlich geworden ist, spielt hier Care-Arbeit eine besonders große Rolle. Die Wissenschaftlerin, Aktivistin und Kuratorin Christine Braunersreuther ergründet, warum es erst jetzt zu dieser Einsicht kommt und welche politischen Folgen sie haben könnte. Ein Interview. weiterlesen »
Nachfragen, Reflektieren und Denken müssen in Zeiten der Pandemie nicht pausieren. Im Gegenteil, gerade jetzt sind kritische Modelle gefragt, die sich sowohl mit dem “Davor” und dem “Danach” beschäftigen. Nur so können wir die Krise besser verstehen und als Chance für einen Neuanfang begreifen. Der Soziologe und Berliner Gazette-Autor Jürgen Link stellt die Normalismustheorie als ein solches Modell vor und liefert – darauf basierend – 14 Thesen. weiterlesen »
Medizin ist nicht mehr von umfassenden Verwaltungsprozeduren, von ihren Apparaten und ausgefeilten Architekturen zu trennen. Hier spielen die Staatsorgane eine wichtige Rolle, insbesondere die Idee der Medizinpolizei. Was passiert, wenn der Staat seine BürgerInnen nur noch als zu Behandelnde sieht? Im zweiten Teil seines Essays untersucht der Philosoph und Berliner Gazette-Autor Ludger Schwarte wie Politik mit “gefährlichen Körpern” in Zeiten der (medizinischen) Krise umgeht. weiterlesen »
Sinophobie – das ist die krankhafte übersteigerte Angst vor China, Angst vor ‘den Chinesen’, Angst vor ‘chinesischer Kultur’ und dem ‘chinesischen Einfluss’. Diese Angst hat wieder Konjunktur – spätestens seit der Verbreitung des Corona-Virus über die Grenzen Chinas hinaus. Der Künstler und Berliner Gazette-Autor Stefan Tiron ruft dazu auf, dieser Angst zu widerstehen und bietet als Therapie dagegen eine leidenschaftliche Hommage an den “Europa Market” an – den ersten und wichtigsten chinesischen Markt in Rumänien. weiterlesen »
Krankenhäuser sind nicht nur dazu da, um Krankheiten zu behandeln, sondern Normen festzulegen. Feindliche Lebensformen wie Viren werden hier nicht nur bekämpft, sondern als solche überhaupt erst konstruiert. So wird die Klinik staatstragend. Anlässlich der ‘Corona-Krise’ untersucht der Philosoph Ludger Schwarte wie der Staat wiederum zur Klinik wird. Ein zweiteiliger Essay. weiterlesen »
Die ‚Corona-Krise‘ ist nicht nur eine gesundheitliche, sondern auch eine politische Krise, und in dieser Hinsicht eng mit der Klimakrise verzahnt. Die Sozialwissenschaftlerin und Aktivistin Lu Yen Roloff geht diesem Zusammenhang nach. Ein Interview. weiterlesen »
In Zeiten der „Corona-Krise“ treten autokratische Tendenzen auf, die diejenigen treffen, die am verwundbarsten sind. Dieser dunkle Moment ist jedoch auch die Zeit für demokratisches Engagement, politischen Aktivismus und solidarische Aktionen, die Gesundheit und Pflege als gemeinsames Gut mobilisieren. Der Kritiker und Berliner Gazette-Herausgeber Krystian Woznicki unternimmt eine Bestandsaufnahme. weiterlesen »