Festerhalten: Wir haben Mühe, uns nicht zu berühren

Die Welt dreht sich immer schneller. Woran können wir uns noch festhalten? Der Poet Bastian Held weiß es: aneinander. Und nicht nur festhalten, sondern festerhalten.

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Uns sind die Maßnahmen ausgegangen. / Weil es in der Zeit nur Wege nach vorn gibt, wird Gestern schwierig. Wir tricksen auf Zehenspitzen im Schleichgang. Irgendwer wird schon die Richtung vergessen. / Weil wir es nicht glauben können, streiten wir es ab.

Es hat nicht so geklungen als wäre etwas zu Bruch gegangen. Vielleicht haben wir nur einen Wackelkontakt. Können nicht mehr instabil sein. Wollen uns in eine Sprache übersetzen, die wir nicht verstehen. Eine Sprache, in der wir unverständlich bleiben. Wollen es in Sicherheit bringen.

Üben das Festerhalten wortlos. Damit es nicht abhandenkommt. / Wenn das schief geht, dann küssen wir uns noch einmal. Denn der Kontakt kann nicht lügen. / Vor den Wahrheiten verstecken wir uns dort drüben. Sie sind farbenblind. / Wir packen unsere Gründe in Fehlern aus Papier ein und verbieten unseren Worten den Mund.

Müdigkeit hält uns wach und wir sagen uns, dass wir etwas in Erinnerung behalten, an das wir geglaubt haben. / Wir lächeln. Zwischen unseren Fingerspitzen ist verwilderter Kreislauf. / Wir haben Mühe, uns nicht zu berühren. / Beruhigung strandet an unseren Füßen.

Herzschlag ist relativ. / Wir sind wunderschön. / Ich lasse das nicht vergehen. Nicht gestern. Nur weil es schwierig war. Nur weil der Takt schnell ist. Nur weil rückwärts nicht möglich ist. / Die Zeit ist chancenlos gegen unseren empörten Willen. / Revolte auf drei. / Und immer die Augen geschlossen halten. / Und die anderen sagen leise: Liebe.

Anm. d. Red.: Das Foto stammt von Fleecircus (by-nc-sa 2.0).

8 Kommentare zu “Festerhalten: Wir haben Mühe, uns nicht zu berühren

  1. liebe kann man nicht mit dem verstand erklären, heißt es; poesie kann auch etwas irrationales, über den verstand hinausgehendes haben, wie hier: perfect match!

  2. “Wir packen unsere Gründe in Fehlern aus Papier ein und verbieten unseren Worten den Mund.” Unheimlich treffend – ein zeitloses Phänomen, das von Werther bis zu Facebook hier reicht. beautiful.

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